Sonja hatte den Spieß einfach umgedreht. So wie er es zuvor versucht hatte, aber sie beherrschte das im Gegensatz zu ihm perfekt.
"Also gut, hör zu! Ich bin Bau-Sachverständiger, gerichtlich beeideter Gutachter. Und hier bei uns gibt es vermehrt Probleme mit gewerbsmäßigem Betrug durch Verwendung von minderwertigem Baumaterial, welches im Angebot vorher aber als das Teuerste ausgewiesen ist.
Hans Mayerhofer wurde von mir vor Gericht schon mehrmals des gewerbsmäßigen Betruges überführt und arbeitet zur Zeit auch auf der größten Schwarz-Baustelle in der Gegend. Einem Hotelbau des deutschen Industriellen Jansen. Dieser Jansen hätte erstens nie eine Baugenehmigung erhalten dürfen, direkt am See und hält sich zweitens, nicht einmal ansatzweise an diese, sondern gestaltet den Bau, sowie es ihm gefällt. Er steht auf dem Standpunkt: Was ich samt Bestechung nicht genehmigt kriege, bau ich einfach so! Wenn ich Strafe zahle, kostet mich das weniger, als eine Zusage eines bestochenen Organes. Soll heißen, er tut, was immer er will, und niemand hält ihn auf. Kleine Bauern oder Arbeiter aber, werden wegen Kleinigkeiten schikaniert, wenn sie eine Genehmigung brauchen und können sich drei teure Pläne zeichnen lassen, bevor sie in den Genuss einer Baugenehmigung kommen. Kannst du mir folgen?"
Sonja nickte. "Weiter!"
"Jetzt verhält es sich aber so, dass fast alle in der Nähe ansässigen Firmen, Elektriker, Spengler, Dachdecker, Baufirmen, Zimmerer, Fliesenleger, Installateure und was auch immer einen Neubau ausstatten kann, hier Aufträge ergattert hat. Um diese auch ausführen zu können, werden Leute aufgenommen, Leihgeräte angeschafft und vor allen Dingen wird in großen Mengen Material eingekauft, das natürlich erst nach Fertigstellung des Großbaus bezahlt wird. Der Unternehmer, der das Zeug einbaut, muss es aber schon vorher bezahlen. Würde nun durch eine Expertise festgestellt, dass es auf dem Bau grobe Verfehlungen gibt, was meine Aufgabe als Bau-Sachverständiger ist, käme es zu einem Baustopp, der zwangsläufig zur Folge hätte, dass der eine oder andere Betrieb in die Insolvenz getrieben würde. Firmen gingen pleite, Arbeitsplätze gingen verloren.
Du kannst dir vorstellen, dass mich einige Leute gern für ein paar Monate außer Landes wüssten, damit der Schwarzbau in Ruhe fertiggestellt werden kann. Und um genau das zu erreichen, versuchen hier ein paar Schlaumeier, mich mit Gerüchten über ein Mordkomplott zur Flucht zu bewegen. Du siehst, es besteht keine Gefahr. Das alles ist nur ein verzweifelter Versuch, mir Angst einzujagen, um mich los zu werden!"
"Ist es nicht, Sepp! Wie sehen die Warnungen aus?"
"Na gut, du gibst dich ja sonst doch nicht zufrieden!"
Er gab ihr das Handy mit der eMail. Noch während sie es las, kam ein Anruf. Sie reichte es ihm.
"Brantner? Servus Karl! Ja, wann denn? Worum gehts denn? Heute kann ich nicht mehr. Wer sollte mein Leben bedroh´n, Karl. Das ist doch Unsinn! Ein Auftragskiller? Das ist doch Blödsinn, Karl! Na gut! Sagen wir um halb elf in der Krone. Ich weiß, du meinst es gut, Karl, aber das ist alles ein Bluff, glaub mir! Aber trotzdem danke für die Warnung! Gut Nacht!"
"Sepp, war das schon wieder eine Drohung?"
"Nein, eine Warnung vor einem angeblichen Auftragskiller. Aber jetzt, meine Süße, bist du dran, Farbe zu bekennen. Ich hab dich nämlich schon viel zu gern! Zumindest dafür, dass du mir nicht anvertrauen willst, was du wirklich tust oder bist. Ich wäre gern mit dir zusammen Sonja, wahrscheinlich genauso gern, wie du mit mir, denn ich bin verrückt nach dir, aber du schuldest mir noch immer eine Antwort, Sonja. Ich hab dir heute eine Frage gestellt, weißt du noch? Und jetzt sag mir, bitte: Bist du diese Frau?"