Mit Lilly war das Einfacher, sie war dabei gewesen, aber sie war schon wieder ins Motel gegangen, daher schrieb ich sie auch nicht an und betrat das Gebäude, das momentan mein Zuhause war. “Lilly?”, sagte sich und meinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen, hatte sie begriffen.
“Er ist wieder da?”, fragte sie.
Ich nickte leicht und lächelte. “Ja, zumindest muss ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen.”, sagte ich und lächelte leicht.
Auch wenn ich Jake kurz vielleicht in seinen Allerwertesten treten könnte. Immerhin hatte er mich mehr als einen Monat warten, und im ungewissen gelassen. Dabei hätte mir eine einfache Nachricht gereicht, um die Füße still zu halten.
So, da ja noch der Abend anstand, der als bald kommen würde, verfrachtete ich meinen Traumkörper erst einmal ins Zimmer nach oben. Ich sah in meinem Schrank. Ich hatte die Tasche mitgenommen, die ich eigentlich für den Notfall gepackt hatte. Sollte man in diesem Programm immer wieder tun. Ich hatte die Tasche nicht gänzlich ausgeleert. Ich kramte nach dem bisschen was noch darin war und zog erst einmal das Ladekabel heraus.
Mir blieb ja nichts anderes übrig. Wenn ich sicher sein wollte, dann musste ich die DEA kontaktieren. Falls ich wirklich richtig lag, dann würde wieder eine heikle Zeit auf mich zu kommen. Es schmerzte mich, meine Freunde im Ungewissen zu lassen. Kurz hatte ich den Gedanken, das ich vielleicht bei Jake unter kommen könnte. Was aber schwierig war, da wir uns noch nie gesehen hatten, obwohl ich ihm vertraute.
Wobei mir auffiel, das er nicht nach meinen letzten Nachrichten gefragt hatte. Forschte er nach? Hatte er vielleicht schon meinen wirklichen Namen. Nun er wusste noch nicht, das Alan mein Vater war und ich, wenn die Sache vorbei war, eben jenen annehmen würde, also den Nachnamen, wobei ich ihn schon trug, nur war es nicht offiziell.
Wobei ich nur einen Teil des Namens benutzte, es war mehr ein Kürzel von meinem ersten Namen und meinem Nachnamen, den ich nach der ganzen Sache tragen würde. Meinen Zweitnamen kannte nur meine Familie. Nur meine Mutter würde darauf kommen, aber um ehrlich zu sein, hatte sie mich damals auch mehrmals im Stich gelassen. Einzig mein Bruder kümmerte sich um mich, oder hatte es getan, wenn Aufführungen und alles stattfanden, wo ich dabei war.
Von meinem damaligen Profil war nichts mehr zu sehen. Ich postete dort ja auch seit sechs Jahren nicht mehr. Ich hatte meine Freunde entfernt und gelöscht, hatte es deaktiviert und so würde es auch nach der ganzen Sache bleiben. Meine Spuren ließen zu wünschen übrig. Eigentlich war ich von jetzt auf gleich weg gewesen, wie in einer Nacht und Nebel Aktion. Nur Kleinigkeiten die wichtig waren gepackt und zum Treffpunkt gegangen und verschwunden. Meine letzte Spur war in der Stadt an einer Tankstelle gewesen.
Aus Spaß hatte ich mal ins Vermisstenregister geguckt. Und ja, ich war da auf zu finden. Ein weiterer Akt, wie mich mein Stiefvater finden wollte. Geliebte Tochter abgehauen, entführt, was auch immer er sich ausgedacht hatte, es wirkte seit sechs Jahren nicht. Zum Zeitpunkt meines Verschwindens war ich schon 20 Jahre alt und kurz darauf hatte ich Geburtstag gehabt. Nun war ich 28 und lief immer noch davon. In der Hoffnung, dass bald genug beweise gefunden worden waren.
Sollte ich erst Jake fragen? Vielleicht könnte ich ihm das erklären, aber auch die DEA musste Bescheid kriegen, was ich befürchtete. Ich schluckte. Jetzt wo alles irgendwie gefühlstechnisch aus dem Ruder lief? Ich steckte meinen Laptop an und fuhr ihn hoch, es blieb mir ja nichts übrig. Also wählte ich eine Internetverbindung im Inkognitomodus, und sicherte die Verbindung doppelt. Das wurde mir beigebracht, damit ich Kontakt im Notfall auf nehmen konnte, wenn etwas wäre.
Das Gespräch dauerte eine Stunde und mehrere Minuten. Ich fragte nach Auffälligkeiten in meiner Akte. Wann und wie oft ich in den letzten Monaten den Ort gewechselt habe, die Identität und alles was damit zu tun hatte. Ich sagte meinem Kontakt dort, der die Akte bearbeitete, meine Befürchtungen. Und ja, ihm fiel eine Auffälligkeit bei dem Agenten auf. Er konnte schließlich ein paar der Anrufe verfolgen.
In den nächsten Tagen würde ich weitere Informationen bekommen, ich sollte mich also noch einmal melden. Er müsse nachfragen, wie man damit umgehen würde. Außerdem fragte ich, ob ich hier, wo ich jetzt war sicher war. Zumindest für den Augenblick war ich es. Hastig packte ich das Ding wieder weg als ich auch das Protokoll löschte, das tat es zwar automatisch, aber ich sah dabei zu.
Ich musste mir auch Gedanken machen. Vor allem wie ich es den anderen beibrachte, das es Claire Kiesling bald nicht mehr geben würde. Das ich von der Bildfläche verschwinden müsste. Ich rief das Profiel auf, klickte auf die Einstellungen und löschte es. Ich bereitete mich einfach vor.
Jake: Claire?
Sofort bekam ich eine Nachricht, die ich schon erwartet hatte.
Claire:...
Ich wusste jetzt wohl, das er auf diesem Profil gewesen war, denn die schnelle der Nachricht war überraschend. Aber erst einmal antwortete ich nicht. Es war schon schwer genug, das alles jetzt zu tun. Selbst meinen Vater ließ ich zurück, falls Morgen oder in den nächsten Tagen das Okay kam. Aber Jake verlangte wohl eine Antwort.
Jake: Hast du gerade dein Profil gelöscht?
Claire: JA!
Claire: Falls ich dich Morgen treffen sollte, erkläre ich es dir persönlich, vielleicht komme ich auch mit einer Bitte auf dich zu. Ich weiß noch nichts genaues. Warte einfach, bis ich mehr weiß. Falls ich das fragen muss, sei dir im klaren, das es nicht anders geht.
Meine Nachricht klang sehr dringlich, aber nichts wurde darin erklärt. Wie auch, ich wusste noch nicht, ob ich wirklich wieder neu untertauchen musste. Natürlich hatte ich die Adresse vom Motel angegeben. Wir hatten sogar ein Codewort ausgemacht, das er nennen musste und gegenfalls Lilly wiederholen musste. Wenn das passierte, wusste, ich das dort in dem Umschlag neue Papiere waren.
Jake: Ist alles in Ordnung?
Claire: Ich weiß es nicht. Noch nicht.
Jake: Kannst du sofort nach Cloville kommen?
Claire: Wie jetzt? Sofort?
Jake: Ja.
Claire: Nein.
Claire: Ich kann jetzt nicht einfach verschwinden.
Dieses mal ließ sich Jake mit der Antwort Zeit. Er schien zu überlegen, ob es sicher für ihn war, was es wahrscheinlich nicht war. Es dauerte mehrere Minuten.
Jake: Dann fahr morgen früh los.
Claire: Eigentlich kann ich erst um 14 Uhr los fahren.... hab da noch etwas... zu klären.
Jake: Mit wem?
Claire: Wollte ich dir eigentlich persönlich sagen.
Jake: Persönlich? Soll ich dich anrufen?
Claire: Sicher das du das willst?
Jake: Nein, mit dir bin ich mir absolut unsicher....
Da war seine Unsicherheit wieder. Die, die ich so mochte. Einmal klang er so überzeugend, doch dann wirkte er wieder wie ein scheues Reh, das aufgeschreckt wurde.
Claire: Dann solltest du das auch nicht tun. Ich treffe mich Morgen Mittag mit meinem Vater...
Jake: Deinem Vater...
Jake: Warte kurz...
Er schien überrascht zu sein. Falls er spuren im Netz entdeckt hatte, dann würde er wissen wonach er suchen musste. Wer war nach dem letzten Namen alles auf getaucht, mit einem etwa gleichen alter. Nur ein Profil war in den letzten drei Monaten hinzu gekommen und das war von C. Lisa. B., die einzige die mein genaues Geburtsdatum trug und ein paar Bilder im Profil gelistet hatte.
Jake schickte mir einen Link.
Natürlich öffnete ich es und landete auf einem Profil. Meinem Profil, das ich sorgfältig versteckt hatte. Es hatte ein starkes Passwort und Privatsphäre-Einstellungen. Man sah also auf der öffentlichen Seite nciht, nur wenn man mit eben mir befreundet war.
Claire: Und das ist?
Jake: Es ist die einzige Person die ähnlich alt wie du ist und vor drei Monaten aufgetaucht ist. Nur kann ich nichts sehen.
Claire: Ist auch nur möglich, wenn du mit ihr befreundet bist. Das Profil ist privat, das weißt du schon?
Jake: Falsch, ich sehe alles in dem Profil, sie hat vor kurzem ihr Passwort geändert. War leicht zu erraten ;)
Claire: Erwischt. Aber warum fragst du mich?
Jake: Du steckst in Schwierigkeiten, nicht?
Claire: Erraten, aber das ist schon 6 Jahre her?
Claire: können wir das nicht persönlich klären, Morgen, geb mir einfach eine Adresse und die dazugehörige Information, okay? Es ist etwas schwer zu erklären. Zu viel, um es im Chat oder telefonisch zu machen.
Jake: Gut, ich warte Morgen gegen 18 Uhr auf dich.
Er schickte mir noch eine Adresse, und die speicherte ich mir nicht am Handy ab, sondern schrieb sie in eine Notiz auf einen Zettel und packte sie in meinen Geldbeutel. Auch das Codewort merkte ich mir.
Jake: Hast du es bekommen?
Claire: Ja. Lösch es bitte, sicher ist sicher, das kann ich mir merken.
Ich wollte kein Risiko eingehen, daher war es besser so. Falls man das Handy knacken würde, was wahrscheinlich dank Ny-mos schwer werden würde, aber möglich, wollte ich nichts auf diesem haben, das zu Jake führen könnte.
Das hieß Morgen, redete ich kurz mit Alan und verschwand. Ich war sogar am überlegen, das Treffen heute Abend in der Aurora aus fallen zu lassen. So wenig wie möglich Spuren hinterlassen. Und die Aurora war eine Spur, die ich nicht legen wollte. Also öffnete ich den Gruppenchat und schrieb.
Claire: Leute, ich kann nicht kommen, ich habe keine Zeit für Erklärungen. Ich brauche meine Ruhe, obwohl ich mich gefreut habe euch mal zu sehen. Persönlich :( Wir holen das nach, versprochen. Bald.
Claire: Es tut mir Leid.
Damit war ich erst einmal offline. Es war jetzt besser so.