Kapitel 8 – Barnaby Lee
„Beginne deine Suche in der Bibliothek mit deinen Freunden. Du musst das Verwunschene Verlies finden!“ Das war es, was Tulip ihm gesagt hatte, und daher führte sein Weg ihn nun in die Bibliothek.
Nur Madam Pince war davon nicht begeistert, dass Rowan, Ben und Penny bereits auf ihn warteten: „Ihre Freunde sehen aus, als würden sie etwas aushecken. Hier heckt niemand etwas aus!“
Aber vielleicht ließ Madam Pince sie ja in Ruhe, wenn sie einen Vertrauensschüler dabei hatten. Zum Glück hatte auch Bill Zeit. „Wie ist es so als Vertrauensschüler?“, fragte ihn Rowan. „Hast du schon viele Hauspunkte vergeben?“
„Wir entziehen hauptsächlich Punkte als Strafe, wenn sich Kinder zu sehr aufspielen“, erklärte der Rothaarige.
„Ich möchte Vertrauensschüler werden. Dann kann ich Klassenbester werden! Und dann kann ich der jüngste Lehrer in der Geschichte von Hogwarts werden!“, meinte Rowan aufgeregt.
„Ich auch“, ergänzte Ben niedergeschlagen, „aber warum sollte mich jemand als Vertrauensschüler bestimmen?“
„Cody! Da bist du ja!“ Bill schien erleichtert, als der Fluchbrecher aufschlug. „Wir haben schon auf dich gewartet.“
„Danke, dass ihr da seid“, begann der Angesprochene das Treffen. „Schön, so viele nette Leute zu sehen.“
„Wie können wir dir helfen?“, fragte Rowan.
Cody erklärte: „Mein Bruder war der Ansicht, dass sich das nächste Verlies irgendwo in der Bibliothek befindet.“
„Wirklich?“, erwiderte Penny überrascht. „Wie können wir es finden?“
Cody schlug die Zauber Revelio und Reparifarge vor. Aber Madam Pince durfte sie nicht erwischen, wie sie in der Bibliothek zauberten. Daher wollten sie erstmal so nach Hinweisen suchen. „Diesen Fluch zu brechen hat mir letztes Jahr einen krassen Adrenalinstoß gebracht. Ich will das unbedingt nochmal machen!“, sagte Bill und begann Bücherregale zu durchsuchen. Vielleicht war irgendein Buch ein versteckter Mechanismus zu einem Geheimgang.
Schließlich fand Cody eine Notiz. Rowan erkannte direkt, dass sie im selben Code geschrieben war, den auch Jacob benutzt hatte. Schnell entzifferte er ihn: „Ich habe die ganze Bibliothek durchsucht. Jetzt fehlt nur noch die Verbotene Abteilung.“
„Natürlich! Das perfekte Versteck!“, rief Bill.
„Dort werden all die Bücher über Schwarze Magie aufbewahrt“, erklärte Rowan. „Ich habe Träume und Alpträume davon, diese Bücher zu lesen.“
Ben hatte Angst: „Angeblich können manche dieser Bücher aus dem Regal springen und dich ins Gesicht beißen.“
Außerdem brauchte man eine spezielle Genehmigung eines Lehrers, um die verbotenen Bücher zu lesen, wusste Penny. Andernfalls bekäme man schweren Ärger. Aber kein Lehrer würde es erlauben, in der Verbotenen Abteilung nach einem Verwunschenen Verlies zu suchen.
Cody machte sich auf dem Weg zu Tulip. Als Streichespielern wusste sie mit Sicherheit Rat. Doch auf dem Flur wurde er von Merula angesprochen: „Hast du in letzter Zeit irgendein gutes Buch gelesen, Bailey?“
„Wie bitte?“
Bedrohlich kam Merula auf Cody zu. „Ich hab dich in der Bibliothek gesehen. Sieht aus, als hättest du dir deine eigene Bande zugelegt. Mir scheint, als würdest du dort das nächste Verwunschene Verlies vermuten…“
„Wir haben nur gelernt. Warum schleichst du mir nach und belauschst mich? Bist du etwa eifersüchtig, weil ich jetzt mit Tulip befreundet bin?“
„Du bist mir völlig egal und deine dämlichen Freunde ebenfalls!“, rief Merula aufgebracht.
„Mach was immer du willst, Merula. Ich werde mit meiner neuen Freundin Tulip reden.“
„Ich sagte doch, dass sie dir nichts verraten wird, Bailey… Bei unserer nächsten Begegnung werde ich dir etwas viel Schlimmeres antun…“
Dem konnte Cody nichts mehr entgegensetzen und ging einfach in Jacobs Zimmer, das von Tulip bereits ein wenig aufgeräumt wurde. Sie war es auch, die Cody nun warnte, dass Merula den Korridor ausspionierte. Doch das wusste er bereits.
Zwar hatte Cody Merula nichts von den Plänen verraten, aber sie hatte gesehen, wie sie in der Bibliothek nach einem Verlies gesucht haben. Er teilte Tulip auch mit, dass sie das nächste Verlies in der Verbotenen Abteilung vermuteten.
Bei der Verbotenen Abteilung musste Tulip in Erinnerungen schwelgen: „Ich habe mal ein Buch mit Streichen rausgeschmuggelt und dabei – beinahe die Eulerei in die Luft gejagt. Einer meiner glorreichsten Momente sozusagen.“
Doch das interessierte Cody nicht. Was hatte Tulip in Jacobs Aufzeichnungen gefunden? Doch so weit war Tulip noch nicht gekommen. Noch immer waren die Seiten im ganzen Raum verstreut. Tulip hatte schon sehr vieles sortiert. Allgemein war diese Arbeit ihr allerdings viel zu wissenschaftlich.
Auf einer Seite fanden sie Zeichnungen von Seegras. Ob das was mit dem nächsten Verlies zu tun hatte? Auf einer weiteren Skizze waren lauter Schneeflocken. Schließlich fand Cody eine Notiz, die besagte: „Das Buch öffnet den Weg.“
Da fiel es ihm wie Schuppen von den Augen – letztes Jahr hatten sie im Verwunschenen Verlies den zerbrochenen Zauberstab von Jacob und ein Buch gefunden! Daran hatte keiner mehr gedacht, weil es nutzlos schien – aber irgendwie muss es wohl das nächste Verlies öffnen!
Gleichzeitig fiel Tulip eine Lösung für das Merula-Problem ein: „Erinnerst du dich an den Jungen, der zusammen mit Merula nach den Verliesen gesucht hat? Barnaby Lee?“
Cody erinnerte sich: „Er ist sicherlich nicht der hellste Zauberer, den ich kenne, aber er scheint nett zu sein. Zu nett, um sich mit Merula abzugeben.“
„Er ist auch stark“, ergänzte Tulip, „wahrscheinlich der abgehärteste Zauberer in unserem Jahrgang. Und er kennt Merula besser als irgendjemand sonst.“
„Worauf willst du hinaus?“
„Du solltest ihn überreden, sich uns anzuschließen. Mit seiner Hilfe haben wir es leichter, Merula einen Schritt voraus zu sein.“
„Wie mache ich das?“
„Ich weiß aus eigener Erfahrung, wie ermüdend es sein kann, den ganzen Tag von Merula herumkommandiert zu werden. Barnaby hat bestimmt auch die Nase voll davon.“
Schnell ging Cody in die Große Halle, wo er Barnaby ansprach: „Barnaby Lee?“
„Ich rieche wie eine Stinkbombe“, erwiderte dieser.
„Danke… für die Vorwarnung…?“ Mit solch einer Begrüßung hatte Cody nicht gerechnet.
„Ich weiß nicht, wie oft ich mich seit dieser riesigen Stinkbombe schon gewaschen habe, aber ich werde den Gestank nicht los!“, regte der Slytherin sich auf.
Zähneknirschend entschuldigte sich Cody für den Vorfall. Aber Barnaby wollte nun mit ihm reden, weil Tulip ihm eine Packung Pfefferminzkröten versprochen hatte, wenn er mit ihm sprach.
Also konnte Cody direkt zum Punkt kommen: „Arbeitest du gerne für Merula?“
„Ich arbeite nicht für sie. Wir sind Partner.“
Das bezweifelte Cody: „Durftest du jemals eine Entscheidung treffen? Teilt sie ihre Pläne mit dir? Hat sie dir jemals für irgendetwas gedankt?“
„Nein…“, überlegte Barnaby, „nein… ich habe vergessen, was das letzte Wort bedeutet…“
„Ich will, dass du mit uns arbeitest statt mit Merula, Barnaby.“
„Warum glaubst du, dass ich euch helfen könnte?“
„Ich weiß, wie schwierig es ist, ein Verwunschenes Verlies zu finden und zu betreten. Ich habe gehört, du bist der mächtigste Zauberer unseres Jahrgangs.“
Darauf erwiderte Barnaby nichts. „Geht’s dir gut?“, fragte Cody.
„Ich denke darüber nach, was du gesagt hast…“
„Ich werde dich nicht herumkommandieren. Ich werde dich nicht beschimpfen. Ich bin nicht Merula. Ich brauche nur deine Hilfe. Ich muss meinen Bruder finden.“
Daraufhin erwiderte Barnaby: „Ich mag dich, Cody.“ Das fand Cody toll, aber Barnaby sprach noch weiter: „Wir sollten kämpfen.“
Das kam überraschend, doch der Slytherin erläuterte es sogleich: „Ich muss beweisen, dass ich robust genug bin, dir zu helfen, und du musst mir beweisen, dass du robust genug bist, mein neuer Partner zu sein. Besiege mich in einem Duell und ich gebe Merula den Laufpass und helfe dir bei der Suche nach dem nächsten Verlies.“
Kurz darauf trafen sie sich auf dem Trainingsgelände. Nur wenige Wolken waren am Himmel. „Ich mag dich, Cody“, sagte Barnaby erneut. „Du bist nett. Wenn du mich im Duell schlagen kannst, weiß ich, dass du auch noch robust bist.“
Cody wollte sichergehen und fragte, ob Barnaby Merula danach wirklich verrät und Codys Team bei der Suche nach den Verliesen hilft. „Darüber muss ich erst nachdenken“, erwiderte dieser. „Es war deine Idee!“, erinnerte ihn Cody.
„Oh. Richtig. Okay, dann also meine Idee…“
Sie stellten sich voreinander auf und zückten die Zauberstäbe. „Depulso!“ Cody stieß Barnaby zurück. Im Rückwärtsstolpern zog Barnaby eine Phiole aus der Tasche und warf sie Cody an den Kopf. Mit einem weiteren Depulso ließ Cody Barnaby endgültig zu Boden gehen. Im Aufstehen schoss dieser Stupor auf Cody.
Doch die Betäubung hielt nicht lange an und Cody besiegte Barnaby mit dem Feuerzauber.
„Ich dachte immer, man muss gemein sein, um jemanden so schwer verletzen zu können“, seufzte er im Anschluss, als er seinen Pullover löschte.
„Geht’s dir gut?“, fragte Cody besorgt.
„Mir geht’s gut. Einige von uns Slytherins starten in dem Tag, indem sie einander weh tun“, erklärte Barnaby. „Man sagt, damit hat man die richtige Einstellung für den Rest des Tages.“
„Nun, du bist zumindest kräftig, Barnaby. Hilfst du mir bei der Suche nach dem nächsten Verwunschenen Verlies?“
„Solange wir unsere Partnerschaft mit einem Butterbier feiern können… Nach einem guten Duell genehmige ich mir gerne ein Butterbier. Man sagt, dass es sogar blaue Flecken und gebrochene Knochen heilt.“
„Wer hat das gesagt?“, fragte Cody. Sie hatten sich inzwischen in den Drei Besen niedergelassen.
„Ich kann mich nicht erinnern. Jemand hat es bestimmt gesagt.“
Cody wendete das Gespräch wieder auf das Wesentliche zurück: „Wie hast du dich mit Merula angefreundet?“
„Wir haben einiges gemeinsam. Ihre Eltern waren auch Todesser.“
„Wirklich?“
„Warum überrascht dich das? Jeder weiß, dass Slytherins die interessanteste Kindheit haben.“
„Vielleicht hätte ich ein Slytherin werden sollen…“
„Harry Potter wird definitiv ein Slytherin“, war sich Barnaby sehr sicher.
Erneut musste Cody aufpassen, dass das Gespräch nicht ins Triviale abschwenkte. „Möchtest du darüber sprechen, was mit deinen Eltern geschehen ist?“
Betrübt senkte Barnaby den Kopf. „Du denkst bestimmt, dass meine ganze Familie verrückt ist…“
„Du kannst es mir erzählen, Barnaby. Wenn dich jemand versteht, dann ich.“
„Du willst gar nichts über meine Vergangenheit hören, Cody. Du wirst denken, dass meine ganze Familie verrückt ist…“
Barnaby war nämlich Ihm, dessen Name nicht genannt werden darf, begegnet. „Du bist ihm wirklich begegnet?!“, Cody verschluckte sich fast an seinem Butterbier.
„Ich habe ihn nur gesehen. Mein Vater hat sich bei uns zu Hause mit ihm getroffen. Am Anfang hatte ich Angst, aber mein Vater bewunderte ihn. Er sagte mir, dass wenn ich so mächtig würde wie Du-weißt-schon-wer ich alles bewerkstelligen könnte. Ich habe mein ganzes Leben lang versucht, so stark wie möglich zu werden. Sogar, nachdem mein Vater uns verlassen hat.“
Barnaby seufzte. „Muss ich noch irgendwas wissen? Also wegen den Verliesen. Je früher ich weiß, was ich wissen muss, desto besser meine Chancen es zu wissen.“
Doch Cody musste erst mit Tulip das weitere Vorgehen besprechen. Er wollte Barnaby eine Eule schicken, wenn er mehr wusste.
***
Zaubertränke: Doxyzid
„Heute werden Sie lernen, Doxyzid zu brauen, ein Lähmungsmittel gegen widerwärtige Doxys. Muss ich Sie darauf hinweisen, diese Substanz nicht zu essen? Fangen wir an.“ So begann eine weitere Stunde Zaubertränke.
„Die Liste der Zutaten ist länger als Hagrids Arm“, meinte Rowan. „Dann wollen wir mal auf die Suche gehen.“ Die wichtigste Zutat für das Doxyzid war Drachenleber. Dazu musste Wasserschierling-Essenz hinzugegeben werden.
Doch dafür gab es kein Lob von Snape. Er blaffte die Schüler an, dass nun Wüterich-Essenz hinzuzugeben sei. Diese musste aus einer bestimmten Höhe in den Kessel geschüttet werden und Rowan hatte großen Spaß daran. Doch der Trank in seinem Kessel verwandelte sich nun in teerartigen Schlamm – da hatte er wohl was falsch gemacht.
Bills Geheimnis
Bill wollte etwas Wichtiges mit Cody besprechen. Klingt, als bräuchte er ein Butterbier. Als Cody ihn in den Drei Besen traf und darauf ansprach, antwortete dieser mit einer Gegenfrage.
„Wie romantisch bist du, Cody?“
„Wie bitte?“
„Dieses Mädchen namens Emily Tyler geht mir einfach nicht aus dem Kopf. Sie ist nicht nur wunderschön, sondern hat in Verteidigung gegen die Dunklen Künste auch noch einen ganzen Schwarm Vampirfledermäuse mit Stupor vertrieben!“
„Dann sprich sie doch mal an“, riet ihm Cody.
„Bei dir klingt das so einfach… Vielleicht könnten wir uns bei einem Butterbier über Emily unterhalten… oder… vielleicht wäre es auch besser, wenn du für mich mit Emily sprichst…“
„Ich habe dich noch nie so schüchtern erlebt, Bill.“
„Ich war noch nie verliebt“, gab der Rothaarige bedrückt zu.
„Du bist verliebt?!“
„Ist das so?“ Bill erschrak. „Ich weiß es selbst nicht mehr. Was passiert mit mir?“
„Keine Sorge, Bill. Ich werde für dich mit Emily reden.“
„Danke. Emily ist oft im Innenhof. Dort wirst du ihr früher oder später bestimmt begegnen.“
Also ging Cody auf den Innenhof. An diesem Ort fand ihn zunächst Chester: „Wie viele Hauspunkte hast du dieses Jahr für Ravenclaw geholt?“ Ein Gespräch, auf das Cody eher verzichten konnte. Hagrid hingegen lud ihn ein, öfter auf einen Tee mit Fang in seine Hütte zu kommen. Ben machte sich Sorgen: „Du wirkst so nervös, Cody. Hoffentlich färbt meine Nervosität nicht auf dich ab…“
Emily saß auf dem Brunnen der vier Tierwesen. „Entschuldige bitte“, näherte sich ihr Cody, „bist du Emily Tyler?“
„Die bin ich“, erwiderte das brünette Mädchen mit dem Pferdeschwanz, „und du bist der mit den Verwunschenen Verliesen, Cody Bailey. Was kann ich für dich tun?“
„Nun ja, ich bin ein Freund von Bill Weasley…“
„Okay…“ Das war keine Info, die Emily zu verstehen gab, warum Cody ihn ansprach.
„Er steht auf dich“, stammelte der Drittklässler, „und würde gerne wissen, was du von ihm hältst.“
„Bill Weasley steht auf mich? Das glaube ich kaum.“
„Es ist aber wahr! Seit der Sache mit dem Verwunschenen Eis habe ich ihn nicht mehr so erschöpft gesehen!“
„Wenn das eine Art Spaß ist, sehe ich wie eine Vollidiotin aus. Sag mir jede Kleinigkeit, die Bill angeblich an mir mag.“
Cody seufzte. „Romantik ist noch komplizierter als Fortgeschrittene Arithmantik.“ Er setzte sich neben Emily auf den Rand des Springbrunnens. Aber ein richtiges Gespräch kam nicht zustande. Das Thema war ihm einfach zu unangenehm. Immer wieder driftete er ab zu Artikeln im Tagespropheten, seinen Erfahrungen mit den Verwunschenen Verliesen oder den verschiedenen Unterrichtsfächern.
„Du musst einfach glauben, dass Bill Weasley auf dich steht. Normalerweise ist er total hart und cool, aber wegen dir ist er jetzt total durcheinander.“
Plötzlich lachte Emily. „Was für ein Trottel.“
„Wie bitte?“ Der Ravenclaw war verdutzt.
„Also. Er ist ja einigermaßen gut anzusehen, aber warum um alles in der Welt sollte man mit einem Weasley gehen?“
„Hey!“, erboste sich Cody, „du redest über meinen Freund!“
„Dein Freund ist arm, hat schlechte Manieren und wahrhafte Störungen, wenn er je geglaubt hat, er hätte auch nur den Hauch einer Chance bei mir. Sag Bill danke dafür, dass er mir seine Gefühle mitgeteilt hat. Immerhin war es ein guter Lacher.“
Cody regte sich auf und redete sich schnell in Rage: „Bill muss dein Äußeres gefallen, weil deine Persönlichkeit widerwärtig ist!“
„Du hast nicht den Hauch einer Ahnung von mir.“
„Du weißt nichts über Bill! Ansonsten wäre dir klar, dass er nett und rücksichtsvoll ist und andere immer für wichtiger als sich selbst hält! In anderen Worten: Er ist all das, was du nicht bist! Ich bin nur froh, dass ich ihm das jetzt sagen kann, bevor er seine Zeit an eine aufgeblasene Knalltüte verschwendet.“
***
Voller Vorfreude und liebestrunken erwartete Bill Cody in den Drei Besen, um zu erfahren, wie es mit Emily gelaufen war.
„Vielleicht solltest du deinen Zauberstab beiseite legen“, meinte Cody betrübt. „Weißt du… Emily…“ Cody stockte. Welches waren nun die richtigen Worte?
Doch Bill übernahm das Sprechen für ihn: „Ist sie nicht großartig? Und wunderschön. Und nett. Und…“
„Bill, ich muss dir etwas erzählen…“ Cody suchte nach einer Formulierung, welche Bill nicht die unbequeme Wahrheit direkt ins Gesicht schleuderte. „Emily wurde von einem Drachen gefressen.“
„Wirklich?!“ Das war so hanebüchen, dass es nicht erfunden sein konnte.
„Nein“, meinte Cody trocken. „Leider nicht.“
„Ich verstehe das nicht…“
„Sie interessiert sich nicht für dich und glaube mir, es ist besser so. Sie verdient dich nicht wirklich, Bill.“
„Was meinst du? Sie ist perfekt.“
„Nein. Das ist sie nicht. Sie ist gemein. Und arrogant. Und einfach insgesamt schrecklich.“
Bill schaute seinen Freund ungläubig an: „Bist du sicher, dass sie mich nicht mag?“
„Sie hat sich klipp und klar ausgedrückt.“
„Was habe ich falsch gemacht?“
„Du hast keinen Fehler gemacht, Bill.“
„Ich glaube, ich habe alles falsch gemacht…!“
Cody musste mehr als ein Butterbier bestellen, um Bill wieder aufzubauen. Doch er konnte ihn davon überzeugen, dass es nicht an ihm lag, sondern dass Emily eine falsche Schlange war. Tatsächlich fühlte sich Bill nach dem Gespräch besser – auch wenn keiner der beiden einen Überblick hatte, wie viele Butterbier Madam Rosmerta ihnen berechnen würde.
Bill würde schon noch jemanden finden, der ihn so mochte, wie er war. Außerdem war er Cody gegenüber sehr dankbar, dass er mit Emily gesprochen hatte, um ihn vor dem Schlimmsten zu bewahren.