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Nach dem Prompt „Vorgebirgs-Gelbbeinfroschs [Tierische Wächter-Geschichten]“ der Gruppe „Crikey!“
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Grillen zirpten im hohen Gras und in dem dichten Bewuchs, der sich bis dicht ans Ufer des Flusses drängte. Die tiefhängenden Äste von Eschen verbargen das Ruderboot, das halb auf das Ufer gezogen worden war, vor feindlichen Blicken, die sie auf dieser einsamen Insel ohnehin nicht erwarteten.
Ob dieses Land überhaupt einen Namen trug, wusste Narius nicht. Es war eine größere Insel, deutlich kälter als seine melerische Heimat, fernab von jedem Festland. Das war wohl der Plan seines Mentors gewesen: Den jungen Elfen so weit wie möglich vom Festland zu trennen, um seine angeblich so beeindruckenden Fähigkeiten hervorzukitzeln.
Narius fühlte sich momentan jedoch nicht besonders hervorgekitzelt. Statt etwas über Magie zu lernen, stand er sich die Beine in den Bauch und langweilte sich, während sein Mentor Spyridon den Kapitän, den er bezahlt hatte, auf dieser merkwürdigen Quest begleitete.
Sorav Windleser, wie sich der Castianer nannte - dass es sein echter Name war, bezweifelte Narius inzwischen - kam ihm komisch vor. Warum sollte ein Castianer in Meleris im Exil leben, wenn nicht, weil er ein Verbrecher war? Die zerknitterte Karte mit dem roten X darauf, die sie zum Versteck der magischen Artefakte geführt hatte, hatte er ebenfalls wohl nicht einfach nur gefunden. Vermutlich war er für viele der Blutflecken darauf verantwortlich!
Narius hatte seine Zweifel wohl etwas zu laut verkündet, weshalb er nun zum Spähdienst abgeschoben war. Missmutig blies er die Wangen auf und stieß die Luft aus. Als ob mitten in der Wildnis andere Erdwesen auftauchen würden! Sie waren wochenlang über den Ozean gesegelt, ohne überhaupt Land zu sehen. Geschweige denn, dass ihnen ein Schiff begegnet wäre.
Inzwischen hatte Narius große Zweifel an der ganzen Geschichte. Schlimm genug, dass Spyridon darauf bestand, dass in Narius irgendein besonderes Talent schlummerte. Narius war ein Wassermagier, mehr nicht. Wie sein Mentor darauf kam, dass da mehr sein könnte, war ihm schleierhaft. Doch dann kam auch noch der castianische Kapitän ins Spiel, der garantiert früher Pirat gewesen war. Narius' Mentor hatte ihn sofort angeheuert und ließ sich in seiner Meinung nicht beirren.
Ein anderes Geräusch ließ den jungen Elfen aufhorchen. Er richtete seine Sinne wieder auf die Umgebung. Am Fluss hatte sich nichts verändert - das nahm er am deutlichsten wahr, er spürte sogar die Reste von Salzwasser im Flusslauf -, doch an Land hatte er etwas gehört.
Angespannt lauschte er und atmete gleich darauf auf. Es war nur ein quakender Frosch, keine Navi oder sonst jemand, der ihnen auf den Fersen sein könnte.
Narius sah sich um, bis er den Frosch schließlich entdeckter. Dieser saß auf einem niedrigen Ast und quakte, als wolle er den Eindringling vertreiben. Von dieser - für ihn - hohen Position aus hatte er einen guten Überblick über den Hang.
Narius hockte sich neben ihn. Der Frosch hatte eine grüne Färbung, jedenfalls auf dem Rücken. Der Bauch und die Unterseite der Beine schienen gelblich gefärbt zu sein. Mit dem breiten Gesicht wirkte sein Blick irgendwie selbstgefällig und furchtlos.
"Na? Auch zum Aufpassen verdonnert?"
Der Frosch blähte die Kehle leicht, ohne jedoch einen Ton von sich zu geben.
Narius ließ sich gänzlich auf die Erde sinken, legte die Unterarme auf den aufgestellten Knien ab und blickte über den Fluss. "Tut mir leid, dass wir stören. Wir wollen nur eine Kiste oder so was ausgraben. Die vermutlich eh nicht hierher gehört."
"Quack."
Es klang fast wie eine Erlaubnis, hier sein zu dürfen. Narius schmunzelte. Über dem bewaldeten Hügel und den Wiesen auf der anderen Flussseite ging die Sonne allmählich unter, und wenn er ehrlich zu sich war, dann genoss er diese Reise ja doch. Die Begleitung mochte ihn stören, doch er liebte die See und all diese Anblicke, die sich ihm sonst niemals geboten hätten.