Das hieß dann wahrscheinlich, dass er das Notebook mit nach Hause nehmen würde und den Abend damit verbrachte, sich solche Sachen einzuprägen.
Aber immerhin konnte seinem Chef sein Omega-Status noch nicht aufgefallen sein. Er hatte heute Morgen das Spray, dass seinen Omega-Geruch unterdrückte wie Bodyspray benutzt und dazu unglaublich viel. In der Retrospektive musste er sich dazu wirklich gratulieren. Zwar hatte er nicht gedacht, dass er in der Firma einem Alpha begegnen würde, allerdings waren ihm auch Blicke in der U-Bahn und anderen öffentlichen Verkehrsmitteln unangenehm. Dort gab es immer eine Handvoll Alphas und Omegas. Außerdem hatte er erst einmal einen eigenen Eindruck der Firma gewinnen wollen. Und für diesen noch nicht so starken Geruch seines Körpers funktionierte es noch. Zudem hatte er keine Zigaretten mehr in der Wohnung gehabt. Und er hatte wirklich alles durchsucht.
Immerhin achtete er wenigstens darauf, dass er immer etwas von dem Spray hatte.
Wieder klingelte das Telefon. "Empfang hier. Ein Kurier hat gerade etwas abgegeben. Kommen Sie doch vorbei, wenn Sie Zeit haben, Herr Chaitin." Er nickte unwillkürlich und fasste sich dann an die Stirn. Heute war er echt neben sich.
"Ja, Frau ...?"
"Müller."
"Ich habe das Gefühl, dass Sie hier eine übersehene, aber wichtige Person sind." Er versuchte, seinen Charme spielen zu lassen. Oder eher Anti-Charme, der sich eher daraus speiste, dass er das genaue Gegenteil eines Chads war. Und wie immer war er ein bisschen verwundert, dass es funktionierte.
Aber diese Position war wichtig in einem Büro wie diesem. Erstens konnte sie vor dem Chef warnen. Zweitens bekam sie wirklich viel mit und, drittens hatten diese Menschen meistens auch eine gute Beziehung mit Kurieren, der Post und anderen Berufen, die etwas lieferten. Man sollte es mit ihnen nicht verscherzen.
Er legte wieder auf. Dann schaute er auf die Uhr in seiner Taskleiste. 12 Uhr.
Musste er Herrn Centauri noch zum Mittagessen verabschieden in dem Fall, dass er ihm noch etwas auftragen wollte?
Andererseits, wenn der Kurier nun etwas Wichtiges gebracht hatte?
Puck knabberte auf seiner Unterlippe.
Dann aktivierte er die Rufnummerneiterleitung auf sein Firmenhandy und nahm das iPad vom Tisch.
Er musste einfach schnell sein und im Fall der Fälle musste der CEO ohnehin an ihm vorbeilaufen.
Das würde schon gut gehen.
Er erreichte die Rezeption. Und das Gesicht von Frau Müller erhellte sich. "Da sind Sie ja wieder."
Als er vor ihr stehenblieb, nur den Tresen zwischen sich, raunte sie. "Und der Chef hat sie noch nicht aufgefressen." Errrr, ja. Was nicht ist, konnte noch werden. Er lächelte etwas gezwungen.
"Ich hab gehört, Sie gehen heute mit uns Mittagessen." Und da war er, der Flurfunk. Puck nickte nur. Sie sah kurz auf die Uhr. "Das ist ja nicht mehr lange. Aber Sie müssen ja noch warten, bis Herr Centauri auch in die Mittagspause verschwunden ist. Nehmen Sie die Gelegenheit wahr, die anderen Assistenten mussten teilweise auch arbeiten, wenn es ein Geschäftsessen war." Ja, das war ihm schon klar. Irgendwann müsste er sie nach den anderen Assistenten vor ihm fragen, wenn er überhaupt so lange durchhielt.
"Apropos. Wofür Sie ja gekommen sind." Sie legte das Paket ab. "Hier, das kam mit Kurier für den CEO. Man hat sich der arme Kerl abgehetzt. Meinte nur, er bekommt eine Prämie, wenn er schnell genug ist."
Sein Handy klingelte mit dem wunderbaren Klingelton, den es ab Werk hatte. Bevor er abhob, erkannte er die Nummer schon auf dem Bildschirm. Der CEO.
"Wie kann ich Ihnen helfen?" Puck bemühte sich um einen möglichst freundlichen Ton.
"Lassen Sie den Chauffeur vorfahren." Dann brach der Anruf wieder ab.
Frau Müller sah ihn erwartungsvoll an. "Sie wissen nicht zufällig, welche Nummer der Chauffeur hat?" Wahrscheinlich würde er sie auch in einem Handy finden. Aber dann hatte er wahrscheinlich wieder das Vergnügen, sich vorstellen zu dürfen.
Sie lächelte. "Besser, ich habe sogar ein Telefon. Jetzt Vorfahren?"
Er nickte. Dann gestikulierte er ihr, dass er wieder an seinen Arbeitsplatz gehen wurde und klemmte das Paket unter seinen Arm.
Puck beeilte sich und klopfte, um sich anzukündigen, an die massive Türe.
"Herein."
Er öffnete und sah seinen Chef gerade seinen Mantel von der Gardarobe nehmen.
"Es kam ein Kurierpaket für Sie." Er bot es ihm mit ausgestreckten Armen dar und bemühte sich außerordentlich nicht den Kopf zu senken und ihm ins Gesicht zu sehen. Keine besondere Regung.
"Ah. Legen Sie es auf meinen Schreibtisch."
Dann ging er an Puck vorbei.
Enttäuschung blitzte in ihm auf und der Teil von ihm, der auch die Hitze produzierte, hätte gerne den Kopf getätschelt bekommen.
Entsetzen packte ihn.
Peinlich, einfach peinlich.