Er hatte seine schwarze Umhängetasche dabei, darin verstaut waren fein säuberlich das iPad und das Notebook. Das Diensthandy hatte er in das Jackett seines Anzuges gesteckt, damit er auch ja keinen Anruf verpasste und auch so schnell wie möglich daran gehen konnte.
Gestern Abend bei der Lektüre von dem Telefonbuch und der Datenbank in dem Terminprogramm hatte er auch ein Café gefunden, mit der Notiz "keine Milch, kein Zucker, Cafè lungo in der Früh". Er nahm stark an, dass das der Kaffee war, den man als Assistenz dem Chef mitzubringen hatte. Und wenn er das ungefragt richtig tat, konnte er sich vielleicht ein wenig aus dem Negativbereich heraus kämpfen.
Endlich war er am Anfang der Schlange angekommen. Der Kalender hatte ihm gesagt, dass der CEO heute um 9 Uhr in das Büro kommen würde. Jetzt war es 8:40 und bis zum Büro waren es nur noch ein paar Minuten zu Fuß.
"Kann ich ihnen behilflich sein?" Eine hübsche junge Frau mit blauen Augen sprach ihn an. Er räusperte sich kurz.
"Einen Cafè lungo bitte. Keine Milch, keinen Zucker, zum Mitnehmen. Haben sie auch Becher, die den Kaffee länger warm halten?"
"Oh, ja klar, wir haben auch Styroporbecher. Sie können aber auch einen unserer wiederverwendbaren Kaffeebecher kaufen."
"Nein, danke. Ich nehme den Styroporbecher." Das war vielleicht eher eine Idee für die Zukunft. Aber Puck glaubte nicht so daran, dass seinem Chef das derart wichtig war.
"Wie ist denn Ihr Name?" Er war derartig perplex, dass hier auch nach dem Namen gefragt wurde, dass er ihn reflexartig sagte.
"Puck." Oh, verdammt, jetzt schrieb sie ihn wie bei Starbucks auf den Becher. Auf den Becher von Herrn Centauri.
Mit dem peinlich beschrifteten Becher ging er aus der Tür und machte sich auf den Weg zu der Firma. Für sich hatte er keinen gekauft, er und Kaffee war eine unglaublich schlechte Kombination.
Als er die Firma betrat, war Frau Müller bereits da und hatte die Rezeption besetzt.
"Oh, wie ich sehe, haben Sie das mit dem Kaffee schon herausgefunden."
Peinlich berührt verdeckte er den Kaffeebecher. "Wieso haben Sie es mir denn nicht gesagt?"
"Es stand doch sicherlich in ihrem Telefonverzeichnis als Notiz? Und ich bin mir sicher, dass unser Big Boss Sie auch darauf aufmerksam gemacht hätte, wenn er nicht da gewesen wäre. Wo wäre sonst der Spaß und die Schwierigkeit." So wie sie ihn jetzt ansah, konnte er fast den Heiligenschein über ihrem Kopf über den welligen blonden Haaren sehen. Er seufzte. "Wehe, Sie verschweigen mir noch etwas anderes."
Sie klimperte unschuldig mit den Wimpern. "Sonst was?" Das war eine gute Frage.
Sie interpretierte sein Zögern richtig. "Wie mein Mann. Dem fällt auch immer nichts dazu ein." Dann grinste Frau Müller. "Na, okay, weil Sie es sind. Und immer wie ein hilfloser Welpe dreinblicken." Autsch. Das konnte doch nicht ihr Ernst sein. Sah er wirklich immer so drein? Er musste einen entgeisterten Gesichtsausdruck gehabt haben nach diesem Satz, denn gleich danach ruderte sie schon zurück.
"Nur ein bisschen. Ab und an." Sie machte die dazu passende Fingergeste.
"Aber da kann ich dann schon einmal eine Ausnahme machen. Vielleicht gebe ich Ihnen einfach ein paar Tipps, wenn ich daran denke."
Gott sei Dank. Vielleicht trat er dann ab jetzt in weniger unsichtbare Fettnäpfchen.
Er sah auf seine Uhr.
"Ich werde mich dann jetzt verabschieden. Wahrscheinlich sollte ich nicht hier herumstehen, wenn … "
"Ich gebe ihnen eine kleine Vorwarnung, wenn Herr Centauri kommt."
"Das schätze ich sehr." Er schenkte ihr ein Lächeln und ging zu seinem Schreibtisch.
Puck holte das iPad aus seiner Tasche und öffnete den Tagesüberblick, den er seinem Chef präsentieren würde. Der Kaffee stand in seinem Styroporbecher auf seinem Schreibtisch. Er hoffte wirklich inständig, dass er jetzt alles richtig getroffen hatte. Zumindest das, was er wissen konnte.
In dem spiegelnden Bildschirm seines Monitors richtete er sich die Krawatte noch einmal. Seine Haare waren eh wieder so heillos durcheinander, dass er sich gar nicht die Mühe machen brauchte, sie zu ordnen.
Jetzt musste er nur noch warten.