Akito konnte es kaum erwarten aufzubrechen. Er hatte Tage damit verbracht, alles Nötige zusammen zu suchen und Pamil von seinem Plan zu überzeugen. Letzten Endes hatte ihn dieser nur wütend angestarrt und kein Wort mehr gesagt.
Er wusste nicht, ob er darüber froh, oder beunruhigt sein sollte. Wer wusste schon, was dieser alte Kauz plante.
Die Frauen hatten ihm extra viel zu Essen eingepackt und machten sich nun daran, ihm die nötigen Kleidungsstücke zusammen zu suchen. Skeptisch sah er ihnen dabei zu, wie sie von Haus zu Haus liefen. Er würde das meiste davon hierlassen müssen. Dennoch musste er schmunzeln. Es rührte ihn zutiefst, wie sehr er den Leuten ans Herz gewachsen war.
Jedoch würde sein Pferd die Last nicht lange tragen können und er hatte nicht vor, deswegen öfters zu rasten. Wenn seine Kalkulationen stimmten, könnte er innerhalb einer Woche den vereinbarten Treffpunkt mit Livs Truppe erreichen.
Gerade machte er sich daran, Pfeile zu binden, als sich Mia zu ihm setzte.
„Musst du wirklich gehen?“
Er konnte ihr nicht in die Augen sehen, er wusste, er würde ihrem Blick nicht standhalten können.
„Es kann ja nicht ewig so weitergehen. Irgendwann haben wir das umliegende Gebiet leer gejagt und vielleicht, nein eher wahrscheinlich werden mich die Truppen des Königs früher oder später finden. Und ich werde nicht dabei zusehen, wie der König alles vernichtet, was sich meine Leute hier mühsam aufgebaut haben.“ Er nahm ihre Hand in seine und sah zu den Frauen hinüber. „Bitte Mia, du musst es nicht verstehen, aber bitte, ich flehe dich an. Vertrau mir einfach.“
Sie drückte seine Hand kräftig und er konnte hören, wie sie versuchte die Tränen zurück zu halten.
Für sie mag es vielleicht wie ein Abschied erscheinen, aber für Akito war dies erst der Anfang.
Er würde nicht aufhören, bis sein Vater am Ende war und seine Leute wieder friedlich leben konnten. Nur mit Sorgen des Alltags, welche sie bestasten.
Nachdem er Mias Hand noch einmal gedrückt hatte, machte er sich wieder an die Arbeit.
Er würde so viele Pfeile mitnehmen, wie in den Köcher passten. Der Bogen war die einzige Waffe, mit der er momentan umgehen konnte. Ein Schwert würde ihn nur verlangsamen, geschweige denn, dass er sich damit selbst verletzen könnte.
Gegen Mittag ließen sich auch immer andere Bewohner blicken. Mit den meisten hatte er noch nicht einmal ein richtiges Gespräch geführt, aber sie alle wünschten ihm mit Tränen in den Augen Glück.
Akito wusste warum. Sie wollten eine Heimat. Ihre Heimat. Und Akito war ihre größte Hoffnung, diese wieder zu bekommen. Gegen Abend machte er sich bereit.
Die meisten saßen gerade in der Halle und aßen zu Abend. So schnell er konnte machte er sich zu den Ställen auf und sattelte sich ein Pferd.
Er war kein großer Freund von Abschiedsreden und wollte sich daher davonschleichen. Aber er hatte sicherlich nicht damit gerechnet, dass Pamil bereits auf ihn wartete.
„Überrascht? Ich habe dich praktisch mit großgezogen. Glaubst du wirklich, du kannst dich an mir vorbeischleichen?“
Akito lächelte berührt, nein, eigentlich hatte er es nicht geglaubt. Als er hinter Pamil blicke, stockte er erschrocken. Pamil lächelte allerdings nur schelmisch.
„Du dachtest doch nicht im Ernst, dass ich dich allein gehen lasse, oder?“
Bevor Akito auch nur antworten konnte, schmiss er ihm etwas hinüber. Ein Schwert. Verwundert sah er Pamil an. „Was…“
„Wenn wir schon eine Woche unterwegs sind, können wir auch gleich trainieren.“
Mit einer Unschuldsmiene führte er die beiden gesattelten Pferde nach draußen und stieg auf. Akito beeilte sich, dass Schwert an seinem Gürtel zu befestigen und seine Tasche am Sattel.
„Aber wer leitet jetzt das Dorf? Und kümmert sich um die Sicherheit?“ Besorgt blickte Akito zur Halle, Pamil hatte sich jahrelang um alles gekümmert. Würden sie ohne ihn klarkommen?
„Was glaubst du denn habe ich die letzten Jahre getan? Jeder einzelne Mann in diesem Dorf ist von mir persönlich ausgebildet worden und auch den Frauen habe ich den einen oder anderen Kniff beigebracht. Mach dir also keine Sorgen.“
Akito nickte beruhigt und trieb sein Pferd an. Pamil ritt zu seiner rechten, er sah sich immer wieder um, was Akito nicht sonderlich beruhigte.
„Ist etwas? Du machst mir Angst.“
Pamil grinste etwas verlegen. „Nicht wirklich, wir sollten nur etwas vorsichtig sein. Einige meiner Späher haben gestern einen Trupp Reiter unten an der Straße gesehen. Sie konnten sie keiner Armee zuordnen, deswegen sollten wir doppelt aufpassen.“
Akito nickte beunruhigt. Von da an sah auch er sich immer wieder beunruhigt um. Es dauerte auch nicht lange, bis sie ein Lager entdeckten. Pamil bedeutete ihm abzusteigen und leise schlichen sie sich näher heran. Es war zu dunkel, als dass sie etwas entdecken konnten, aber sie konnten sie gut verstehen.
„…fast schon wie besessen.“
„Nicht wahr? Ich meine es ist schon einfach nur leichtsinnig!“
„Hey, hört jetzt auf damit! Wenn er euch hört gibt es riesigen ärger!“
„Immer mit der Ruhe, er ist doch gerade unten am See oder nicht? Von da kann er uns unmöglich hören.“
„Und woher wollt ihr wissen, wann er wiederkommt?“
„So laut wie der durch Unterholz kracht, werden wir ihn schon hören.“
„Ja genau! Man könnte meinen er war noch nie außerhalb seines Schlosses.“
Danach lachten sie einige Zeit. Als es wieder still wurde, schienen die Männer sich zusammen gerissen zu haben.
„Aber Mal ehrlich. Warum um alles in der Welt sind wir hier?“
„Ich hab gehört wir suchen ein Lager.“
„Ja eine Magd hat mir erzählt, dass sich angeblich der Muttermörder dort versteckt halten soll!“
„Was!? Ist der nicht vor Jahren gestorben?“
„So sagt man, aber eine Leiche hat es wohl nie gegeben.“
Akito stockte der Atem. Hatte man ihn gefunden? Umso wichtiger, dass er und Pamil sich auf den Weg machten. Wenn man ihn nicht finden würde, könnte man den Bewohnern auch nichts nachweisen. Sein Vater würde sie nicht einfach hinrichten lassen können.
Vorsichtig stupste er Pamil am Arm an und deutete zu den Pferden. Sie mussten hier so schnell wie möglich verschwinden. Aber Pamil gab ihm zu verstehen, dass er noch nicht gehen wollte.
„Wenn unsere Informationen stimmen, dürften wir ihm frühestens morgen gegenüberstehen.“
„Und wenn nicht? Ich will nicht den ganzen verdammten Weg umsonst geritten sein.“
„Keine Sorge, wenn es hier in der Nähe wirklich ein Lager gibt, dann ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass auch der Muttermörder dort ist.“
Sie wussten also bereits vom Lager, aber wer hatte es ihnen verraten? Laut Pamil hatten sie schon seit Monaten keinen Kontakt mehr zu anderen Siedlungen. Ungeduldig zog er an Pamils Ärmel, er wollte hier weg.
Unzufrieden folgte er ihm. „Was sollte das denn? Wir hätten noch mehr erfahren können!“
„Und dann? Sie sind ganz eindeutig wegen mir hier! Falls sie mich mit den anderen erwischen wäre das ihr Todesurteil!“
Pamil schüttelte ungläubig den Kopf. „Du weißt doch gar nicht ob diese Männer zum König gehören.“
Akito sah Pamil fest in die Augen.
„Das Risiko gehe ich nicht ein! Wenn du willst geh zurück, aber ich werde jetzt weiter reiten.“
Damit war das Gespräch für ihn beendet und er trieb sein Pferd wieder an. Pamil fluchte noch einmal leise, folgte ihm dann aber.
Akito war egal, ob man ihn jagte, aber er würde sicherlich nicht Mia und die Anderen damit hineinziehen. Und es reichte ihm als Beweis, dass diese Männer ihn Muttermörder nannten. Niemand, dem er vertraute, würde das zulassen.
Sie ritten bis zum Morgengrauen. Ihre Pferde waren erschöpft und sie wollten rasten bevor sie den Wald verließen. Pamil übernahm die erste Wache, als sie sich beide genügend ausgeruht hatten, fing Pamil damit an, ihm die grundlegendsten Angriffe mit dem Schwert beizubringen.
Entfernt erinnerte Akito sich noch an die Bewegungen, aber noch viel es ihm zu schwer, seinen Körper dazu zu bringen, die Übungen zu meistern. Seine Haut spannte sich über seinen Rücken und seine Hände zitterten wegen dem ungewohnten Gewicht. Mehrmals fiel ihm das Schwert aus den Händen.
Pamil musterte ihn die ganze Zeit über, sparte sich aber sämtliche Kommentare.
Sobald Akito außer Atem war, machten sie sich wieder auf den Weg.
Akito wurde mit jedem Tag unruhiger. Es lag viel an dem Treffen, wenn er es denn überhaupt bis zum König schaffte. Es könnte gut sein, dass er ihm nicht einmal zuhören wollte.
Akito wusste nicht, was er dann machen würde.
Sobald er sicher auf dem Rücken seines Pferdes saß, legte er sich Argumente zurecht, versuchte sich den Verlauf des Gespräches vorzustellen. Wie er versuchte den König zu überzeugen, ihn als seinen Verbündeten zu gewinnen.
Er wusste, dass es nicht leicht werden würde. Und auch Pamil schien sich dessen bewusst zu sein, denn je weiter sie sich vom Lager entfernten, desto schweigsamer wurde auch er.
Als sie den Ort erreichten, an denen sie sich mit Liv und seiner Truppe treffen sollten, war Pamil gänzlich verstummt.
Akito konnte es ihm nicht verdenken, Pamil hatte von Anfang an nicht herkommen wollen und selbst Akito war nicht ganz wohl bei der Sache.
Um sich abzulenken versuchte er sich wieder in den Schwertübungen, währenddessen machte sich Pamil auf den Weg die Gegend auszukundschaften.
Mit jeder Stunde, die verstrich wurden beide unruhiger. Laut Liv hätten sie sich im Morgengrauen treffen sollen, mittlerweile stand die Sonne jedoch hoch am Himmel.
„Irgendetwas stimmt hier nicht, wir sollten uns zurückziehen und auf eine Nachricht warten.“
Akito nickte. Ihm gefiel das ganze gar nicht.
Sie machten sich schon auf den Weg zu ihren Pferden, als sie auf einmal Geräusche aus dem Unterholz hörten.
Schritte, jemand lief auf sie zu.
Falls Akito sich aber nicht irrte, handelte es sich nur um eine Person und nicht um 4.
Schnell stieg er auf sein Pferd und zog seinen Bogen. Pamil zog sein Schwert und stellte sich schützend vor ihn. Es dauerte nicht lange, bis jemand aus dem Unterholz stürzte.
Es war Nil.
Man konnte sein Gesicht nur noch schwer erkennen, es war blutüberströmt und voller Wunden.
Sofort stürzte Pamil zu ihm. Er konnte kaum noch stehen und als Pamil ihn erreichte, brach er zusammen. In seinen Händen hielt er einen Brief, mit einem Siegel.
Akito nahm den Brief an sich und während Pamil Nils Wunden versorgte, machte er sich daran den Brief zu lesen.
„Prinz Akito,
falls Ich Euren Namen richtig verstanden haben sollte. Wie mir durch vier kleine entzückende Vöglein zu Ohren gekommen ist, plant Ihr, Euch mit mir zu treffen?
Wie kommt Ihr nur auf eine solch merkwürdige Idee?
Wahrlich wisst Ihr doch, dass sich mein Königreich und das Eures barbarischen Vaters im Krieg befinden?
Ich habe mich Eurer Männer angenommen und falls der trottelige Bote, den ich Euch schickte noch lebt, sollten sie auch noch alle am Leben sein. Sie scheinen mir recht nutzlos, also werde ich sie Euch in wenigen Tagen zurückgeben.
Falls Ihr dennoch wünscht meine Bekanntschaft zu machen, so lade ich Euch doch herzlich zu mir in meinen derzeitigen Palast ein. Natürlich kann ich Eure Rückkehr nicht gewehrleisten.
In wenigen Minuten wird sich vor Ort eine meiner Kampfeinheiten einfinden. Sollten sie Euch dort anfinden, werte ich dies als eine Zusage.
Auf ein baldiges Sehen,
der ehrenwerte König,
Vedal Benama der Dritte“
„Was steht dort?“ Pamil sah neugierig von dem verwundeten Mann auf.
„Wenn wir nicht sofort verschwinden, bekommen wir eine Eskorte in den Palast. Leider befürchte ich, ist es eine der nicht freundlichen Sorte.“
Verärgert biss Pamil sich auf die Lippe. „Und? Was machen wir jetzt?“
Akito seufzte, egal was er wollte, ihm blieb keine Wahl. Er musste den König treffen, egal wie. Pamil schien das als Antwort zu werten und nickte. „Das habe ich mir gedacht.“
Es dauerte nicht lange, bis sie wirklich das Donnern der Hufe vernehmen konnten. Ein Trupp Reiter kam genau auf sie zu. Wie selbstverständlich luden sie Nil auf ein zusätzliches Pferd und nahmen sie in ihre Mitte.
Selbst wenn sie wollten, würden sie nun nicht mehr entkommen können. Akito konnte spüren, wie ihn die fremden Reiter skeptisch beäugten. Selbst sie hatten wahrscheinlich schon so einiges über ihn gehört und selbst wenn nicht, für einen Prinzen vermittelte er einen ziemlich jämmerlichen Eindruck.
Sie ritten einige Zeit schweigend vor sich hin, als Pamil versuchte mit Akito zu reden, wurde er grob dazu aufgefordert zu schweigen, indem Man ihn mit dem Knauf eines Schwertes in die Seite stieß.
Normalerweise hätten sie Tage damit zubringen müssen, den Palast zu erreichen. Aber anscheinend hatte sich der König in einem der alten Adelshäuser niedergelassen.
Es kostete sie nicht einmal wenige Stunden und noch vor Sonnenuntergang stand Akito vor den „Palast“.
Nun war es endlich so weit. Er konnte nur hoffen, dass er damit nicht auch Pamils Todesurteil unterschrieben hatte.
Man hatte Pamil dazu gezwungen bei den Pferden zu warten, natürlich bewacht von drei Männern. Die restlichen fünf hatten Akito eskortiert.
Es verstrichen gefühlte Stunden, ehe sich die Tore endlich öffneten.
Entgegen seiner Erwartungen schien das Haus fast schon verlassen. Lediglich einige Wachen standen an den Ausgängen postiert.
Vedal schien ihn schon zu erwarten. Man hatte am anderen Ende, gegenüber dem Haupteingang, eine Art provisorischen Thron aufgestellt, auf dem dieser Platz genommen hatte.
Dort saß er nun, breitbeinig, in ein weißes Gewand gehüllt und geschmückt mit lauter Goldketten. Auf seinem Kopf trug er eine nicht gerade schlichte Goldene Krone. Selbstgefällig grinste er Akito an, als würde er auf etwas warten. In seine Haare hatte man an den Seiten seltsame Zeichen rasiert und auch die Farbe schien Akito unnatürlich. Er hatte noch nie ein solch intensives Rot gesehen. Allen im allen schien dieser König noch recht jung zu sein, nicht viel älter als sein großer Bruder.
Als Akito sich nicht rührte, winkte er ihn ungeduldig zu sich. Unsicher machte er einen Schritt nach dem anderen. Dabei ließ er die Wachen nicht aus dem Auge. Er fuhr erschrocken zusammen, als Vedal auf einmal laut auflachte. „Ganz schön misstrauisch, was? Keine Sorge, ich werde dich sicherlich nicht töten lassen, bevor ich mit dir gesprochen habe. Dann hätte es keinen Sinn gemacht, dich herzubringen. Nicht?“ Abwehrend hob er die Hände, dabei klimperten seine Armreifen unnatürlich in der Stille. Als Akito immer noch nichts sagte, seufzte er theatralisch.
„Nun kleiner Prinz? DU wolltest zu MIR, falls ich das nicht falsch verstanden habe. Nun?“
Erwartungsvoll sah er Akito ins Auge.
„Nein, da habt ihr recht, bitte verzeiht mein Schweigen. Die Art unseres Empfanges war schlicht etwas verwunderlich, weswegen ich etwas verwirrt bin.“
Jetzt grinste der König breit.
„Du verwirrt? Wie soll es MIR ergehen? Der Sohn meines verhassten Gegners möchte sich auf einmal mit mir treffen? Urplötzlich, ohne Vorwarnung?“
Akito verneigte sich leicht. „Bitte verzeiht. Ich hätte euch vorher kontaktiert, doch mir fehlten die Mittel dazu.“
Vedal runzelte die Stirn. „Und doch verfügt euer Vater über eine Möglichkeit seine Truppen in Windeseile von seinen Plänen in Kenntnis zu setzen. Ich bin nicht überzeugt. Und doch bin ich zu neugierig, um euch zu verweisen. Sprecht, warum sucht ihr meine Gegenwart?“
Akito schluckte. Er wusste, dass alles von diesem einen Moment abhing.
„Ich bin gekommen um eure Hilfe zu erbitten.“
„Meine Hilfe?“ Vedal konnte sich ein Lachen nicht verkneifen. Als er sich wieder einigermaßen gefangen hatte, bedeutete er ihm weiterzusprechen.
Auch wenn er ihn nicht ernst nahm, Akito würde sich davon nicht beeinflussen lassen. Fest biss er die Zähne zusammen.
„Genau, ich bin hier um eure Hilfe zu erbitten. Bitte helft mir meinen Vater zu stürzen.“
Vedal wollte erst wieder lauthals loslachen. Wahrscheinlich hielt er das alles für einen riesigen Witz, aber Akitos entschlossener Blick schien in ihm die Neugier anzustacheln.
Er lehnte sich in seinem Thron nach vorne und stützte sich auf seine rechte Hand.
Ohne lange zu überlegen fing Akito an zu sprechen. Von seiner Mutter, dem Hass seines Vaters ihm gegenüber und letzten Endes auch über die letzten drei Jahre. Es viel ihm besonders schwer, doch während er seine Geschichte erzählte, erkannte er etwas wie Mitleid in dem Blick es jungen Königs. Etwas das er nicht sehen wollte, aber was ihm sicherlich gelegen kam.
Nachdem er fertig war herrschte eine grabesähnliche Stille in der Halle. Nicht einmal die Wachen gaben einen Laut von sich.
Gebrochen wurde die Stille erst, als der König in die Hände klatschte.
„Nun, kleiner Prinz. Zu deinem Glück glaube ich dir deine Geschichte. Zumindest den ersten Teil. Und das auch nur, weil mir einer meiner ältesten Freunde bereits eine ähnliche Geschichte erzählt hat. Du müsstest ihn kennen. Er war viele Jahre als ein Spion in eurem Land stationiert. Auf einem Wink hin trat eine große Gestalt aus den Schatten.
Dort stand ein stattlicher Man, mit langen blonden Haaren und grünlichen Augen, welche bereits mit Tränen gefüllt waren.
„Eure Hoheit.“
Diese zwei Worte reichten und Akito schossen ebenfalls Tränen in die Augen. Niemals hätte er gedacht ihn hier zu finden. Teo.
Wie überwältigt stand er da und starrte ihn nur wortlos an. Moment, was hatte der König gesagt.
„Spion?“ Das war das einzige, was er herausbrachte und dass auch so leise, dass man ihn in einem normalen Raum nicht verstanden hätte.
Diese Halle allerdings warf seine Stimme in einer Lautstärke zurück, dass man ihn selbst am anderen Ende gehört hätte.
Teo sah ihn verletzt an und ging langsam auf ihn zu. Akito wich zurück. Wie gerne wäre er ihm in die Arme gefallen und hätte seinen Kopf in seinen Armen vergraben. Aber er hielt sich zurück. Er wollte, nein, er konnte es nicht glauben. War das der Grund gewesen? Der Grund, weshalb er ihn großgezogen hatte? Weshalb er all die Jahre bei ihm gewesen war? Um ihn zu benutzen?
Teo wollte zu einer Erklärung ansetzen, doch bevor er anfangen konnte, klatschte der König in die Hände. Er hatte sie die ganze Zeit aufmerksam beobachtet.
„Genug von diesem Drama. Meine Zeit ist kostbar und ihr habt später noch genügend Zeit zu plaudern. Also mein heimatloser Prinz. Wie kann ich euch helfen? Und vor allem, was habe ich davon?“
Akito riss seinen Blick von Teo los und versuchte sich zusammen zu reißen.
„Ihr habt den Nagel auf den Kopf getroffen. Ich bin heimatlos und mit mir meine Leute. Zumindest die, die die letzten Jahre überlebt haben. Was ich also von euch möchte? Ich möchte meine Stadt zurück, mein Land. Was ihr davon habt, bliebe euch überlassen. Wenn ihr wollt könntet ihr die Stadt als Posten nutzen, eure Truppen sammeln und stärken. Nicht wie jetzt, verteilt in einem Ödland, in dem nichts mehr wächst. Ihr könntet euch in meinem Land frei bewegen und könntet euch meiner Unterstützung sicher sein. Mit etwas Zeit könnte ich meinen Bruder sicherlich zu Ähnlichem bewegen. Dann wäre es euch möglich von zwei Seiten anzugreifen und der König wäre damit sicherlich überfordert. Noch nie hat sich ein Kampf in unserer Geschichte solange hingezogen wie dieser. Sein Land ist geschwächt, die Leute leiden.
Doch was ihn am schwersten Treffen dürfte, wäre die Tatsache, dass ich am Leben und außer seiner Reichweite wäre. Wahrscheinlich denkt er, ich würde mich verstecken und er könnte sich Zeit lassen bis der Kampf vorbei ist. Danach würde er wieder jagt auf mich machen. Doch ich denke nicht daran in ein Loch zu kriechen und meine Leute sterben zu sehen.
Sagt mir eure Hoheit, was ist ein König ohne Bürger?“
Vedal schien regelrecht in den Bann seiner Worte gezogen zu sein und auch Teo musterte ihn ungläubig.
„Nun, ich denke ein König ohne Bürger ist ein ziemlich armer und machtloser König nicht?“
Akito nickte. „Sicherlich. Er hätte keine Armee und auch keine Arbeitskräfte. Doch meiner Ansicht nach wäre dieser König, ein König ohne Königreich.
Denn ein Königreich stützt sich auf die Schultern derer Leute, die es tragen. Die Bauern, die einfachen Leute.
Und ein Mann allein, kann diese Last nicht tragen. Also sagt mir, werdet ihr mir helfen meinen Vater seines Königreiches zu berauben?“
Vergnügt klatschte Vedal in seine Hände. Er schien regelrecht begeistert von Akitos Idee zu sein.
„Sehr gut, diese Rede hätte selbst meinen alten Herrn noch überzeugt. Mein Land hat alles was es braucht. Nur eines nicht. Einen beständigen Partner. Nun sagt mir Prinz, wärt ihr bereit auch über den Krieg hinaus mit mir zusammen zu arbeiten? Nur unter dieser Bedingung werde ich zustimmen.“
Akito sah ihm fest in die Augen. „Ich werde euch zur Seite stehen, wann immer es mir richtig erscheint.“
Vedal schien mit der Antwort nicht ganz zufrieden zu sein, winkte aber plötzlich ab.
„Zunächst sollten wir diesen Krieg gewinnen nicht? Es dürfte nicht leicht werden eure Stadt wiederaufzubauen.“
„Falls ihr erlaubt, würde ich gerne einige Änderungen an den Grundrissen der Stadt vornehmen.“
„Natürlich. Ich werde meine Baumeister und so viele Arbeiter herbeirufen, wie es auf die Schnelle nur möglich ist. Doch verratet mir eins, kleiner Prinz. Verlangt es euch nicht danach König zu werden?“
„Nein.“ Akito überlegte nicht lange. Wenn er eines niemals werden wollte, dann war es König.
Vedal grinste noch einmal und machte sich dann auf den Weg.
Teo bekam keine Gelegenheit mit ihm zu sprechen, denn wie aus dem Nichts tauchten Diener auf, welche Akito umschwirrten. Zunächst zwangen sie ihn ein ausgiebiges Bad zu nehmen. Danach wurden ihm erneut die Haare geschnitten und er bekam frische Kleidung, wie sie der König getragen hatte. Ihm wurde sogar eine richtige Augenklappe gebracht, aus Leder und mit seinen Initialen eingebrannt.
Akito kam nicht umhin zu denken, dass der König von vorn herein gewusst hatte, was er hier wollte.
Er hatte ihn schon länger erwartet.
Gegen Abend wurde er zum Abendessen begleitet. Der König hatte ihm zwei Wachen bereitgestellt, welche ihm nun nicht mehr von der Seite wichen. Zu seiner Überraschung traf er dort auch Pamil an. Dieser trug ebenfalls frische Kleider. Fröhlich plauderte er mit Teo und sprang erleichtert auf, als er Akito sah.
„Du hast es wirklich geschafft! Teo hat mir gerade erzählt, was für eine großartige Rede du gehalten hast. Du hast uns alle gerettet!“
Pamil schien überglücklich und umarmte Akito sogar.
Doch Akito konnte sich nicht so recht freuen. Sein Blick ruhte das gesamte Essen über auf Teo, welcher seinem Blick beschämt auswich.