Stumm sehe ich auf das vollkommen leere Blatt vor mir. Es ist unbeschrieben, man könnte fast sagen unberührt, rein. Wie gerne würde ich tauschen. Das Blatt mit meiner Geschichte füllen, und selbst in den Zustand der Leere und Unberührtheit zurück finden. Doch noch bevor ich den Füllfederhalter auf das Papier setzte, weiß ich, dass das heute nicht funktionieren wird. Ich weiß, dass ich dieses wunderschöne, rein weiße Blatt Papier verschandeln werde, ohne es mit den Worten aus meinem Innersten zu füllen. Ich werde es nicht schaffen, den Zustand des Blattes anzunehmen. Viel zu wirr sind meine Gedanken heute. Mein Kopf einfach zu schnell am Arbeiten, als dass ich mit Worten hinter her kommen würde. Ich weiß jetzt schon, dass es schrecklich werden wird, und dennoch tue ich es. Ich setzte trotzdem die Feder auf das Papier, und fülle das Blatt mit unnützen, grässlichen Worten. Satzanfänge, die nicht zu Ende gebracht werden, einzelne Wörter, Silben. Immer wieder wird etwas durchgestrichen, was noch hätte werden können, nur weil mein Kopf schneller ist, als meine Hand.
Ich sehe runter auf mein Blatt. nun ist es gefüllt, oder viel mehr, mit Tinte beschmiert. Es tut mir leid für das Blatt Papier. Ich habe es verschandelt, und es um seine wundervolle Leere gebracht. Ich zerknülle es. Es landet wie schon so viele vor ihm im Müll.
Anmerkung: Der lateinische Ausdruck tabula rasa bezeichnet ursprünglich eine wachsüberzogene Tafel, die durch Abschaben der Schrift geglättet wurde und wie ein unbeschriebenes Blatt neu beschrieben werden kann.
Im übertragenen Sinne bedeutet tabula rasa so viel wie „leer und aufnahmebereit wie ein unbeschriebenes Blatt.