Leise knarzte der Stuhl, als er sich vorbeugte. Mit dem Ellbogen stützte er sich auf der Tischplatte ab, die Hand lag bebend vor ihm, umschloss etwas. Faltige Haut zog sich um die alten verformten Knochen, braune Flecken und alte Narben überzogen den Handrücken und der Ringfinger war, bis auf das dritte Glied, nicht mehr vorhanden. Alte Verletzungen, an denen schmerzliche Erinnerungen hingen, aus einem Leben von welchem er überzeugt gewesen war, dass es nie enden würde. Eine Zeit in welcher er noch geglaubt hatte unbesiegbar zu sein.
Tief saß die dicke Brille auf seiner Nase. Trotz der Sehhilfe
verschwamm zusehends die Sicht vor ihm. Die Linsen zitterten, bei dem Versuch, das was vor ihnen lag zu fokussieren. Die Augen waren eben auch nicht mehr, dass was sie mal gewesen waren. Hatten sie damals jedes noch so kleine Detail bemerkt, fiel es dem alten Mann nun schon schwer einfache Konturen zu erkennen.
Ein tiefes, beinahe schon wehmütiges, Seufzen entwich dem
Körper, bevor er die Schultern etwas straffte und mit der freien Hand neben
sich griff. Mit einem leisen Klicken sprang die Tischlampe an, ein leises,
beständiges surren ging von ihr aus. Sie warf ihr helles Licht, einem
Scheinwerfer gleich auf das kleine Modellhäuschen, das vor ihm auf den Tisch stand. Unzählige dieser Häuschen hatte er im Laufe seines Lebens gefertigt, aber keines war wie dieses hier. Es würde sein letztes Werk sein.
Einst hatte er das Haus, welches nun als kleines Abbild vom Original vor ihm stand, für seine Familie und sich erbaut. Erinnerte sich nur zu gut an den Tag, als er seine Frau in ihrem alten Käfer, zu dem damals leeren Grundstück gebracht hatte. Bei dem Gedanken an ihren entgeisterten Gesichtsausdruck und seiner jugendlichen Naivität, lächelte der alte Mann. Die schmalen Lippen, mit den tiefen Furchen in den Winkeln, zeugten von den unendlichen Malen in welchen er diese zu einem Lächeln oder gar einem Lachen verzogen hatte.
Erinnerungen schwappten über ihn hinweg. Vor den trüben Augen konnte er alles noch ganz genau vor sich sehen. Wie er den ersten Spatenstich selber gesetzt hatte, das Fundament seines Hauses -nein- seines Lebens, mit jedem weiteren Ziegel gelegt hatte.
Mehr nach Gefühl als sehend, setzte er den Kamin, welchen er in der von Arthrose geplagten Hand gehalten hatte, auf das Häuschen. Das Herz raste in seiner Brust, in diesem Moment. Die Zunge schob sich bei der Konzentration die er dafür aufbringen musste, etwas zwischen den Lippen durch. Er streckte den krummen Zeigefinger und schob ihn mit großer Sorgfalt etwas zurecht.
"Mein Liebes..." hauchte er ehrfürchtig mit bebender Stimme gen Himmel. "...ich bin fertig!"