In freudiger Erwartung ging ich zur Tür. Das Versprechen. Eine besondere Überraschung nur für mich. Was könnte es wohl sein? Kino war ja eher „old school“ und die Sache mit der Magenverstimmung hatte mich tatsächlich auch etwas irritiert. Kann man doch sagen, wenn man keinen Alkohol trinken mag. Ist doch echt nichts dabei. Ich dachte an meine Vorräte, die sich auch nicht wirklich dezimierten. Wie nannte ich es? Bei mir wird Alkohol schlecht. Ich lächelte, wie über einen gelungenen Scherz.
Als ich die Tür öffnete, lächelte ich noch immer und sah in diese Augen. Nichts war mehr wichtig. Nichts war wie vorher. Nur diese Augen, in die ich eintauchen wollte. Wenn ich die Farbe hätte beschreiben sollen, fände ich keine passenden Begriffe. Diese schönen Augen. Warum war es mir vorher nicht aufgefallen? Wie durch Nebel drangen Worte an mein Ohr. Wer benötigt Ohren, wenn es diese schönen Augen gab. Dann eine weitere Stimme. Doch es interessierte mich nicht wirklich. Dieses Gespräch plätscherte ohne mein zutun, es wirkte störend. Oh, diese Augen. Könnte ich darin nur vergehen, könnten sie mich nur verschlingen. Warum verstummten diese Stimmen nicht? Nur diese Augen. Es war das Einzige, was ich wollte. Nichts anderes. Unbeschreibliche Augen. Dann war da eine rasche Bewegung und tatsächlich erstarben die überflüssigen Laute. Nur noch die Augen. Ein letzter Seufzer und danach war endlich Stille. Vollkommene Stille.
Diese Augen und ihre Tiefe. Ein wohliges Gefühl durchdrang mich. Ich ließ mich fallen. Der Abgrund so tief und doch so friedvoll. Keine Gedanken mehr. Nur Augen. Kein Wollen. Nur Fühlen. Kein Wünschen. Nur diese Augen. Farben, so unbeschreiblich. Ich wollte darin versinken. Oh, könnte ich darin ertrinken. Die Zeit stand still. Keine Bewegung mehr. Kein Raum. Nur Stille. Ruhe. Frieden. Glückseligkeit.
Falle ich noch oder schwebe ich schon? Ein Strudel aus warmen Gefühlen umfängt mich. Es ist wie nach Hause kommen. Bin ich noch ich oder ist es schon wir. Sind wir eins? Wo bin ich? Wann bin ich? Nicht wichtig. Nur Augen. Gedanken, eben noch gedacht, sind schon wieder zerflossen. Die Unendlichkeit in einem Sandkorn. Auch dieser Gedanke verloren in der Fülle.
Irgendwann war da dieses penetrante Geräusch. Unwillig schnaubte ich. Verdammt wo kam es her? Wecker? Handy? Langsam kehrten meine Gedanken, mein Bewusstsein zurück. Es war eindeutig mein Handy. Mein Fühlen setzte ein. Mühsam öffnete ich meine Augen und es überkam mich das Gefühl eines unsäglichen Mankos. Das Gefühl wurde zu Schmerz. Tränen standen in meinen Augen ob des Verlustes. Verdammt, konnte das Handy nicht endlich Ruhe geben? Wieso sprang die Mailbox nicht an? Herr je. Ich fingerte nach dem Gerät, das immer lauter wurde.
„Hallo?“ Dieses Wort schmerzte in meine Ohren, hallte viel zu laut wider.
„Wie war dein Date gestern? Doch so gut?“ Überschlug sich die Stimme.
Date? Gestern? Gut? Die Worte drangen an mein Ohr und doch konnte ich nicht wirklich ihre Bedeutung fassen. Sie füllten meinen Kopf, allerdings fühlte es sich völlig falsch an. Viel zu grell.
„Ist denn schon heute?“ Fragte ich schlaftrunken.
Langsam drang die Erinnerung in mein Bewusstsein. Die Verabredung. Die Vorfreude. Das Versprechen. Die Überraschung. Diese Augen. Das Gefühl von Frieden. Es war nicht greifbar, aber dennoch in meinem Gedächtnis präsent. Und nun war da nichts mehr. Nur noch eine unsägliche Leere. Das Gefühl von Verlust. Genauso unbeschreiblich wie vormals die Fülle. Diese Augen. Meine Erinnerung zerfloss. Wie sahen sie aus? So unbeschreiblich schön. Doch das Bild verblasste. Waren sie jemals gewesen?