*Kapitel 4*
„Lauf gegen die Tür“, wiederholte Potters Stimme zum dritten Mal, während sich Draco in seiner vernebelten Verfassung immer noch nicht sicher war, warum er das tun sollte. Das wäre doch ziemlich dämlich, da war er sich fast sicher. Er fühlte sich leicht und gut. Die Sorgen waren von ihm gewichen und er begrüßte den Zustand irgendwie. Er lenkte ihn für kurze Zeit von dem ab, was ihm Kummer bereitete. Aber was war es eigentlich noch gleich? Es wollte ihm einfach nicht mehr einfallen.
Er hörte, wie Potter ein „Sofort“ hinzufügte und damit Draco nun vollständig davon überzeugte, dass es das Richtige war. Folgsam nahm er also Anlauf und wollte gegen die Tür rennen, als das seltsame Glücksgefühl plötzlich verschwand und ihn in die unangenehme Realität zurückholte. Draco konnte sich gerade noch abfangen, bevor er ungebremst mit dem Kopf gegen die Tür donnerte. Stattdessen schmerzte nun seine rechte Schulter, die bei der Kollision wohl das Meiste abbekommen hatte. Potter hatte den Fluch aufgehoben.
„Du musst dich mehr konzentrieren, Malfoy“, tadelte ihn Potter, während er sich in seinen hässlichen roten Gryffindorsessel fallen ließ. Draco seufzte frustriert. Seit gut einer Woche trafen sie sich jeden Abend, um miteinander zu üben. Er rechnete es Potter hoch an, dass dieser seine Freizeit damit verbrachte, Draco zu verfluchen, anstatt sich zu verabreden und auszugehen. Sicherlich konnte er sich vor Verabredungen kaum retten. Wirklich erfolgreich waren sie mit dem Training jedoch nicht. Draco konnte dem Fluch zwar eine Zeit lang wiederstehen, doch um gegen den neuen Dunklen Lord anzukommen, reichte es bei weitem noch nicht. Zumal sich dieser höchstwahrscheinlich mehr Mühe gab als Potter, der sich mit der ganzen Situation ohnehin schon unwohl fühlte.
Wenngleich ihr Unterricht noch wenig Früchte trug, hatte Draco erfreut feststellen müssen, dass Potters Gesellschaft doch angenehmer war als er zunächst angenommen hatte. Meistens aßen sie nach dem Unterricht zusammen zu Abend und redeten dann noch eine Weile bei Tee und Gebäck in Potters gemütlichem Wohnzimmer. Meistens über Quidditch und ihre Berufe, ab und an redeten sie jedoch auch über Hogwarts.
Draco würde es natürlich nie zugeben, doch er fand die Geschichten, die Potter ihm über seine Erlebnisse in Hogwarts erzählte, ungeheuer spannend. Wie sie den verrückten Hippogreif im dritten Schuljahr gerettet hatten, beeindruckte Draco besonders, wenngleich er die Geschichte mit Wurmschwanz, der als Ratte in Potters Schlafsaal gelebt hatte, mehr als abartig fand. Potter erzählte ihm auch von den geheimen DA-Treffen aus seinem fünften Schuljahr und Draco war ein wenig neidisch auf die anderen Schüler, die Potter unterrichtet hatte. Potter war vielleicht sonst nicht das hellste Licht am Kronleuchter, doch Verteidigungs-und Angriffszauber schien er wirklich zu beherrschen. Als Auror eine nicht ganz unnütze Fähigkeit.
Potter räusperte sich und riss ihn aus seinen Gedanken. „Malfoy? Kann ich dich was fragen?“
„Du fragst mich doch gerade schon“, entgegnete Draco spöttisch grinsend und verschränkte die Arme vor der Brust. Die kleinen Sticheleien untereinander taten ihm gut. Sie schenkten ihm ein wenig Normalität und es war ja auch nicht so, dass nur Draco Spitzen gegen Potter losließ. Den einen oder anderen Volltreffer hatte auch der brave Held schon gelandet. Es war angenehm, etwas so belangloses zu tun. Auch das Essen, welches überraschend gut war, lenkte Draco von seinen Problemen ab. Ja, er würde sogar so weit gehen, zu sagen, dass er gerne in diesem, ehemals muffigen, alten Black-Haus war. Potter würde er das allerdings nicht unter die Nase reiben.
„Wieso hast du mich damals im Malfoy Manor nicht verraten?“
Draco überlegte einen Moment lang, was er sagen sollte. Was sollte er auf diese Frage antworten, ohne dass er vor Potter das Gesicht verlor? Konnte der Held sich nicht denken, weswegen Draco getan hatte was er getan hatte? Doch offenbar erwartete Potter eine Antwort von ihm, denn er sah Draco erwartungsfroh an und verschränkte nun seinerseits die Arme vor der Brust. Draco ließ sich ihm gegenüber in den zweiten hässlichen Sessel fallen, auch wenn es ihm widerstrebte.
„Nun ja, du warst der Einzige, der den Dunklen Lord besiegen hätte können. Hätte er dich getötet, wäre ich ein Todesser geblieben.“ Er lachte bitter, als er an das Mal auf seinem Arm dachte. Ein ewiges Symbol für seine Fehler. Gebrandmarkt wie ein Tier. Es erinnerte ihn stets an seine eigene Feigheit. „Nun bin ich dennoch einer… wie dem auch sei: ich hatte Angst vor ihm und ich wollte nicht, dass du stirbst, bevor du uns allen den Arsch gerettet hast.“
Potter schmunzelte. „Klingt plausibel.“ Dann schien er einen Moment zu überlegen und er sah Draco dabei so prüfend an, dass er sich wie bei einem Verhör fühlte. Ganz der Auror. „Ich glaube aber, dass du das nicht nur gemacht hast, um dich zu schützen, Malfoy.“
Draco leckte sich über die Lippen. Worauf wollte der junge Auror hinaus?
„Ich glaube…“, fuhr Potter unbeirrt fort, ohne auf Dracos Gesichtsausdruck zu achten. „Ich glaube, dass du mich schützen wolltest, weil du es nicht übers Herz gebracht hättest, Schuld an meinem Tod zu sein.“
„Was macht dich da so sicher, kleiner Auror? Vielleicht bin ich ja ganz böse und gefährlich“, sagte Draco und in seiner Stimme schwang etwas Warnendes mit.
Doch Potter grinste nur. „Ach komm, du hast drei Mal dabei versagt, Dumbledore zu töten. Du bist kein Mörder, Malfoy. Das habe ich schon damals bei deiner Gerichtsverhandlung gesagt.“
Herausfordernd reckte Draco nun den Hals. „Was bin ich denn dann, Potter? Was lässt dich glauben, mich so gut zu kennen?“
„Also, wenn ich die vergangene Woche überblicke, bist du ein arroganter, gutaussehender Arsch, der leider auch sehr intelligent ist und mit dem man sich tatsächlich ganz nett unterhalten kann, der aber gewiss kein Mörder oder sonstiger Verbrecher ist.“
Draco war überrascht. Nicht, dass er die gemeinsamen Gespräche nicht auch als angenehm empfunden hätte, doch er hätte nicht gedacht, dass Potter ihn so reflektiert und genau betrachtete. Nun, eigentlich war es aber nur logisch. Er hatte seine Vorurteile gegenüber Draco sehr schnell abgelegt. Potter war eben immer noch der Goldjunge, der jedem eine zweite Chance gab. Vielleicht lag es aber auch an Dracos Geständnis vor einer Woche, als Potter auf die ganze Wahrheit bestanden hatte.
Draco hatte ihm schweren Herzens erzählt, dass er nicht nur an Sachbeschädigungen und Informationsbeschaffungen beteiligt gewesen war, sondern auch jemanden hatte foltern müssen. Natürlich hatte er sich zunächst geweigert, doch nachdem der zweite Cruciatus ihn schließlich zu Boden gezwungen hatte, hatte er sich gefügt und die junge Frau gefoltert. Sie saß derzeit in einer der Zellen und Draco wollte nicht wissen, was dieser Mann mit ihr vorhatte. Ihre herzzerreißenden Schreie klangen ihm immer noch in den Ohren und hin und wieder erschien sie ihm im Traum. Draco verscheuchte die dunklen Gedanken und sah Potter an. Was hatte er gesagt? Draco hatte nicht zugehört. Um sich nicht die Blöße zu geben und zu fragen, ob Potter seinen Satz wiederholen könne, setzte er einfach bei dem an, was Potter ihm davor gesagt hatte.
„Du findest mich also gutaussehend, ja?“, fragte Draco also und lächelte charmant. Zufrieden sah er zu, wie der Held leicht rosa um die Nase wurde.
„Das war ja klar, dass nur das dich interessiert. Aber wundert dich das echt? Dass jemand objektiv zugeben kann, dass du gut aussiehst?“ Potter stand wieder auf und trat vor den Kamin. Eine Übersprungshandlung, wie Draco in der letzten Woche festgestellt hatte. Potter schien ein ziemlich unruhiger Geist zu sein.
Draco erhob sich leichtfüßig. Er wollte sehen, wie weit er es mit dem Helden treiben konnte. Es interessierte ihn brennend, was in den Gedanken des Schwarzhaarigen vor sich ging. Er hatte sich tatsächlich einmal zu oft verquatscht und somit die Vermutung in Draco geweckt, dass Potter ihn offenbar attraktiver fand als es für einen ehemaligen Feind angemessen wäre. Der Gedanke belustigte ihn irgendwie. Der große Held der Zauberwelt fand ihn, den Todesser, attraktiv. Nun gut, Draco musste zugeben, dass er Potter auch nicht gerade hässlich fand. Hatte er noch nie, doch nun, als jungen Mann, fand er ihn nicht nur nicht hässlich, sondern sogar ziemlich gutaussehend.
Dass Potter immer noch Quidditch spielte, machte sich scheinbar bezahlt. Die athletische Figur und die breiteren Schultern standen ihm besser als die schmalen Schultern und der zierliche Körperbau zu seiner Schulzeit. Draco vermutete stark, dass die Mutter des Wiesels nicht ganz unschuldig daran war, dass Potter in den letzten Jahren an gesunder Masse zugelegt hatte.
Draco machte sich gedanklich eine Notiz, dass er Potter bei Gelegenheit mal fragen würde, warum er, vor allem in den ersten Jahren in Hogwarts, so furchtbar dünn ausgesehen hatte. Und das sagte er, Draco, der schon immer ziemlich schlank gewesen war.
Doch nun sah er wirklich gut aus. Die wirren schwarzen Haare sahen aus als wäre Potter gerade nach einem kleinen Stelldichein aus dem Bett gestiegen und glücklicherweise hatte er diese grässliche Brille weggeschmissen und sich offenbar endlich zu einem Heiler begeben. Nun verdeckte nichts mehr die schönen grünen Augen.
Langsam ging er auf Potter zu. Fast hatte er vergessen, was sein ursprünglicher Plan gewesen war. Verdammt, wieso lenkte der Held ihn nur so ab? Er schüttelte leicht den Kopf.
„Wirklich? Bist du objektiv, Potter?“ Zufrieden registrierte, dass Potter leicht zurück wich, doch er setzte ihm nach. „Sag doch einfach, dass du mich heiß findest. Wärst nicht der Erste.“
„Rede keinen Unsinn, Malfoy. Glaubst du, ich muss mich mit einem ehemaligen Todesser begnügen? Das hab ich nicht nötig.“
Das war zwar verletzend, doch Draco wusste, dass Potter log, also grinste er süffisant und kam näher. „Oh, plötzlich so selbstbewusst, ja?“
Potter richtete sich ein wenig mehr auf und versuchte, sich größer zu machen. Draco wusste, dass er aufpassen musste, was er sagte. Wenn er übertrieb, würde Potter ihn vielleicht doch noch verhaften. Ihm mindestens einen Fluch aufhalsen. Doch er hatte seinen Zauberstab, den er pöbelhafterweise in der Hosentasche trug, nicht gezogen und machte auch sonst keine Anstalten, dies in den nächsten Augenblicken nachzuholen. Draco deutete das als ein gutes Zeichen.
„Malfoy, ich hab keine Lust auf deine Scherze. Der Tag war anstrengend genug, auch ohne, dass du mich nervst“, gab Potter zurück und lehnte sich lässig an die Wand hinter sich. Die grünen Augen spiegelten eine merkwürdige Mischung aus Neugier, Scheu und Wut wider. Faszinierend. Die Emotionen natürlich, nicht die Augen.
Draco legte den Kopf schief und rückte noch näher an den ehemaligen Gryffindor heran, sodass er dessen heißen, schnellen Atem auf seiner Haut spüren konnte. Potter war eindeutig nervös. „Ach komm schon, Potter, vielleicht kann ich dir ja helfen, dich zu entspannen.“
Gut, das war nun sehr direkt gewesen. Nun riss Potter doch die Augen auf und starrte ihn fassungslos an. Draco fing an zu lachen und machte einen Schritt von ihm weg. „Man, Potter, du bist so leicht reinzulegen. Guck doch nicht so wie ein verschrecktes Schulmädchen. Ich werde dir schon nicht zu nahe kommen.“ Er zuckte die Schultern. „Du bist eh nicht mein Typ.“
Das war glatt gelogen. Draco hatte dunkelhaarige Männer schon immer bevorzugt, aber das wusste Potter ja nicht. Potters Gesicht war nicht zu deuten, doch Draco hätte schwören können, dass kurz ein Funke der Enttäuschung in den grünen Augen aufgeblitzt war. Doch der Moment war wieder vorbei und Potter stieß sich lässig von der Wand ab.
„Manchmal bist du ein ziemliches Arschloch, Malfoy.“
„Manchmal? Jetzt bin ich aber enttäuscht. Ich muss doch schließlich eine Quote erfüllen“, erwiderte Draco und schob gespielt beleidigt die Unterlippe vor. Potter lachte kurz auf und boxte ihm sachte gegen den Arm. Eine Geste, die für gewöhnlich nur Freunde untereinander teilten. Doch sie waren keine Freunde. Sie waren immer noch Potter und Malfoy, die sich eigentlich spinnefeind waren. Eigentlich. Draco blieb an dem Wort hängen. Hatten sie in der vergangenen Woche nicht angenehme Stunden miteinander gehabt?
Potter schien bemerkt zu haben, dass seine Aktion unangebracht gewesen war, denn erzog seine Hand schnell zurück und sah betreten auf den Boden.
„Bleib cool, Potter“, sagte Draco und verdrehte die Augen. Der Held machte sich eindeutig zu viele Gedanken. „Deswegen sind wir jetzt keine besten Freunde. Ich weiß, der Platz gehört dem Wiesel und den kann er gerne behalten.“
Potter runzelte die Stirn und sah ihn schief an. „Eigentlich schade, oder nicht?“
„Was?“
„Dass wir es nie geschafft haben, Freunde zu werden.“
Wenig später saßen sie schweigend an Potters Esstisch und Draco stocherte lustlos in dem Nudelauflauf, den der alte Hauself zubereitet hatte. Den jüngeren, hyperaktiven Hauselfen hatte er dazu verdonnert, den Garten zu pflegen, damit er ihm beim Kochen nicht im Weg herum stand. Selbst mit Hauselfenmagie war das keine leichte und dankbare Aufgabe, wie Potter ihm erklärt hatte. Der Garten war immer noch mit diversem Ungeziefer befallen, doch der junge Hauself war mit Begeisterung an die Arbeit gegangen.
Es war nicht so, dass Draco das Essen nicht schmeckte, oder dass er nach dem anstrengenden Unterricht keinen Hunger hatte, doch Potters Satz aus der Bibliothek ließ ihm keine Ruhe. Er bedauerte, dass er und Draco nie Freunde geworden waren? War er es nicht gewesen, der Dracos Hand damals ausgeschlagen hatte? War er es nicht gewesen, der Draco im Badezimmer in Hogwarts fast getötet hatte? Wenn Draco ehrlich war, hatte er sich oft gefragt, was wohl passiert wäre, hätte Potter im ersten Schuljahr seine Hand angenommen.
Potter räusperte sich leise, doch Draco sah nicht auf. Er hatte keine Lust, zu reden, er musste nachdenken. Eine Freundschaft, oder sogar mehr, würde alles verkomplizieren. Sie würden sich öfter sehen und das würde sie verdächtig machen. Potter würde noch verbissener nach einer Lösung für Dracos Problem suchen, im schlimmsten Fall vielleicht sogar unvorsichtig werden und sich damit vielleicht selbst in Gefahr bringen. Nein, das durfte er nicht zulassen. Er hatte dem Goldjungen nicht den Arsch gerettet, damit dieser während des Versuchs, Draco aus einer aussichtslosen Situation zu retten, starb. Nein, er durfte das nicht zulassen. Sich Potter zu nähern, in welcher Art auch immer, war einfach zu gefährlich. Vor allem für Potter.
Er tupfte sich mit der Serviette den Mund ab, erhob sich, möglichst nicht all zu hastig, und sah dann zu Potter, der irritiert zu ihm aufblickte.
„Entschuldige, Potter. Ich habe vergessen, dass ich noch eine Verabredung habe. Das Essen war gut. Wir sehen uns morgen.“ Das war wohl die lahmste Ausrede gewesen, die er je zustande gebracht hatte, doch sei es drum. Er wandte sich ab und eilte, so schnell, wie es sich für einen Malfoy eben geziemte, in den Flur zur Garderobe. Hinter sich hörte er natürlich Potter, der ihm hinterher stolperte.
„Hey, Malfoy! Was ist los? Was habe ich angestellt? Ist es wegen vorhin in der Bibliothek?“
Genervt drehte Draco sich zu Potter um, der ihm doch ziemlich nahe auf die Pelle gerückt war. Nun war es an ihm, ein Stück zurück zu weichen.
„Stell doch nicht immer so viele Fragen, Potter. Es ist alles okay. Ich habe nur einen Termin und den muss ich wahrnehmen. Stell dir vor, manche Leute arbeiten auch noch nach 17 Uhr“, fauchte er und schnappte sich seinen Mantel. „Ich komme morgen wieder.“
Er wollte die Haustür aufmachen, doch Potter legte ihm eine Hand auf die Schulter. „Warte, Malfoy. Du hast versprochen, dass du mich nicht mehr anlügst, doch gerade tust du es. Warum?“
„Man, Potter! Ich bin dir keinerlei Rechenschaft schuldig! Aber wenn du es genau wissen willst, ich habe kein Interesse an dir! Weder im Sinne einer Freundschaft noch sonst wie. Und ja, ich habe deine Blicke und Kommentare durchaus registriert, also leugne es nicht!“, fügte er hinzu, als er sah, wie Potter protestieren wollte. „Ich bin hier, weil du mir helfen kannst! Es ist… eine Geschäftsbeziehung. Mehr nicht. Bis morgen!“ Wütend riss er die Tür auf, doch der Türknauf wurde förmlich aus seiner Hand gerissen und die Tür knallte wieder zu.
„Ich lasse dich erst gehen, wenn du mir sagst, was los ist, Malfoy“, sagte Potter erstaunlich ruhig und als Draco sich wieder zu ihm umdrehte, konnte er sehen, dass Potter mit dem Zauberstab leicht auf seine Handfläche tippte.
Er schluckte hart. „Sonst was, Potter? Belegst du mich sonst mit dem Imperius? Oder lässt du dir von den Wieseln einen Liebestrank geben?“ Er versuchte so viel Hohn und Spott in seine Stimme zu legen, wie es ihm möglich war, doch Potter hatte ihn die ganze letzte Woche anders kennen gelernt. Das rächte sich jetzt. Er ließ sich von Draco nicht mehr in der Art provozieren.
„Nein, sonst schleppe ich dich ins Ministerium und verhöre dich mit allen Mitteln, die mir zur Verfügung stehen und glaube mir, wenn ich dir sage, dass dort noch einige Auroren sind, die mir nur zu gerne helfen würden.“ Potters Stimme klang erschreckend eisig und eine unangenehme Gänsehaut breitete sich auf Dracos Haut aus. Er durfte es sich mit Potter nicht verscherzen. Es würde ihn alles kosten, was er sich aufgebaut hatte. Ein eigenes Leben, unabhängig von seinen Eltern und dem elterlichen Vermögen, das sicher und die meiste Zeit des Jahres unangerührt, in seinem Verließ in Gringotts lag.
„Ich will nicht mit dir befreundet sein, Potter. Das hast du dir selbst zuzuschreiben. Hättest du damals meine Hand angenommen, hätten wir Freunde werden können. Du wolltest sie nicht und ich werde garantiert nicht wieder fragen. Du hast deine Chance damals verspielt und nun lass mich gefälligst gehen!“
Potter zog eine Augenbraue nach oben. „Ach? Darum geht es dir? Um den verletzten Stolz?“ Er lächelte herausfordernd. „Na wenn es weiter nichts ist.“ Und dann tat er etwas, was Draco nicht erwartet hatte. Er streckte den Arm aus und hielt Draco seine ausgestreckte Hand hin. „Ich bin Potter, Harry Potter, und du wirst sehen, Malfoy, einige Zauberer sind besser als andere und ich kann dir helfen, wenn du mich lässt.“ Damit spielte er natürlich auf Dracos überhebliches Gehabe damals im Hogwartsexpress an.
Ein wenig schämte er sich für seine damalige Einstellung, doch wer konnte es ihm verübeln? Er war von Kindesbeinen an darauf gedrillt worden, jegliche Nicht-Reinblüter zu verabscheuen. Er zögerte. Was sollte er tun? Er wollte Potter nicht in Gefahr bringen. Aber sagen konnte er es ihm auch nicht, denn niemals würde sich ein Harry Potter von so etwas Lapidarem, wie einem drohenden Tod, aufhalten lassen. Der war nur für die Normalsterblichen. Im Gegenteil. Er würde es als Ansporn sehen, noch mehr Ehrgeiz an den Tag zu legen, um seinen neuen Freund retten zu können. So war Harry Potter nun mal.
Draco wusste nicht, was er tun sollte. Wenn er ehrlich war, würde er nichts lieber tun, als die dargebotene Hand zu ergreifen.
Zögerlich streckte er die Hand aus.