Romy hatte sich vor ungefähr einer Woche ein Kleid aus dem Internet bestellt. Heute kam es endlich an. Sie probierte es an, mit den Schuhe, die sie dazu anziehen wollte. Stolz präsentierte sie sich im Outfit vor ihrem Liebsten. Chris fiel förmlich die Kinnlade runter, als er seine Freundin im blutroten, knielangen Glitzerkleid sah. Die Ärmel saßen auf den Oberarmen, statt typischerweise den Schultern. Die roten Absatzschuhe, ließen ihre Beine lang und schmal wirken. Perfekt geformt. „Wow!" Chris verschlug es die Sprache und setzte sich erst einmal auf die Couch. Romy war froh, wohl das richtige Outfit gewählt zu haben. „Das wollte ich morgen zum Weihnachtsfest bei Mama anziehen. Denkst du, das geht?" „Machst du Witze? Du siehst einfach hammer aus!" Chris Augen glänzten sie an.
Am Nächsten Tag, schmiss sich Romy nochmals in das Outfit und schminkte sich bzw stylte sich die Haare. Chris war mehr als sprachlos, als er sie sah. Er trug eine Jeans und ein Hemd mit Anzugjacke. Seine Schuhe waren normale schwarze Schuhe. Gemeinsam stiegen sie in das Auto. Chris ans Steuer und Romy war Beifahrerin. Sie hielt sich einmal kurz den Magen. „Ist alles Ok?" fragte Chris besorgt auf der Hinfahrt. „Ja, ist entweder Aufregung oder Hunger. Ich hab heute wenig gegessen, damit ich später das angekündigte 3-Gänge-Menu überhaupt reinkrieg. Und ich war halt schon lange nicht mehr auf ein Familienfest des Partners. Nadja schickte mir heute übrigens Bilder von ihrer Reise. Ich zeig sie dir später." „Dann ist ja gut, aber wenn was ist, dann würdest du es sagen oder?" Das Statement über die Bilder ignorierte er. Er war etwas besorgt über seine große Liebe. „Ja natürlich." Nickte Romy freundlich.
Als sie ankamen nahm Chris' Mutter direkt beide in den Arm. „Schön, dass ihr da seid! Ihr seht umwerfend aus! Andreas und seine Familie sitzen schon im Wohnzimmer." Freute sie sich. Während sie sich auf die Couch setzen zur Familie, schrieb Romy ab und an noch mit Nadja Nachrichten. Als plötzlich ein besonderes Foto kam stockte ihr der Atem. Es war ein Ultraschallbild, aber nicht irgendeins. Nadja war schwanger. Auf dem Ultraschallbild konnte sie erkennen, dass es schon die 15. Schwangerschaftswoche war. Romy teilte Nadja ihre Freude über eine lange Nachricht mit vielen Smileys mit. Chris erkannte es aus dem Augenwinkel und musste an das Gespräch mit Andreas denken. Freudig zeigte Romy Chris die Fotos. Als sie an dem Foto angelangt waren, sagte Chris nichts, außer „Das freut mich für die beiden." Hedi, die Mutter der Ehrlichs, lief gen Küche, um alles vorzubereiten zum Decken. „Warte, ich helfe dir." Lief Romy hinterher. Sie legte einen Zwischenstopp im Flur ein und zog ihre zusätzlich eingepackten Sneakers. Als sie in die Küche kam, lächelte Hedi sie an:" Nur für das Outfit solche Schuhe also angezogen." „Ähm ja, es sollte irgendwie perfekt aussehen." Verlegen presste Romy die Lippen zusammen. „Wie kann ich dir helfen?" Hedi gab Anweisungen. Sie unterhielten sich, als würden sie sich schon seit Jahrhunderten kennen. Hedi und Romy kommen sehr gut miteinander zurecht. Während die beiden Frauen in der Küche alles vorbereiteten, saßen Chris, seine Schwägerin und sein Bruder im Wohnzimmer, quatschten und beschäftigten sich mit den Kindern. Romy bekam ab und an mit, wenn Chris mit den Kids spielte. Es war für sie ein schöner Anblick. Das blieb natürlich nicht unbemerkt. Sowohl Mütter, als auch Schwiegermütter (in Spe) merken das. Hedi betrachtete Chris kurz und schaute dann lächelnd Romy an. „Wann ist es denn bei euch so weit?" witzelte sie. Romy lächelte und wurde unsicher, was sie antworten sollte. „Ich denke nie." Hedi verlor den Kochlöffel wortwörtlich aus der Hand. „Nie?" Erschrocken blickte sie Romy mit großen Augen an. Auch Romy schaute etwas verstört. „Naja, ich bin 36 und Chris ist auch schon 38. Noch dazu sind wir nicht lange zusammen und müssen halt auch arbeiten. Nicht nur, dass wir zu alt sind, aber ich wäre auch eine Risikoschwangerschaft, da ich die 35 schon überschritten habe. Schlicht und einfach zu spät! Leider." Hedi legte ihren Kopf schief. „Andreas, deckt den Tisch bitte schon mal ein!" Rief sie. Während im Hintergrund das gute Geschirr aus dem Buffetschrank auf den Tisch transportiert wurde mit Besteck fuhr Hedi geschockt fort. „Zu alt? Schätzchen ihr seid im Besten Alter! Ihr steht mitten im Leben, mit beiden Beinen. Wie lange man zusammen ist, hat damit nichts zu tun! Man kann auch 10 Jahre verheiratet sein und es kann genauso schnell zu Ende gehen, wie wenn man erst 2 Monate zusammen ist. Was ist denn, wenn ich gerne nochmal Oma werden möchte? Und ich sehe es euch doch an, ihr fändet es beide toll, Eltern zu werden. Ich glaube einfach, du hast Angst!" Romy wusste, dass sie Recht hatte. Was ist, wenn es doch nicht ewig hält und sie dann alleinerziehend und im schlimmsten Fall mit Jobverlust wird? „Redet doch einfach mal darüber und lass es mal etwas wirken." Grinst Hedi. Gemeinsam mit Romy stellte sie das Essen auf den Tisch. Als sie gemeinsam aßen, bekam Romy kaum was runter. „Geht es dir wirklich gut?" Flüsterte Chris. „Schmeckt dir das Essen nicht Süße?" Fragte Hedi. Romy bemerkte wie sie alle anstarrten. „Doch, ich bin nur schon satt. Entschuldigt mich bitte kurz." Romy stand auf und lief ins Bad. Weinend setze sie sich auf die Toilette.
Andreas schaute Chris an und deutete durch ein Nicken Richtung Bad an, dass er vielleicht mal nachschauen sollte. Chris stand auf und klopfte an die Badezimmertür. „Schatz, ist alles ok?" „Ja, ich komm gleich wieder." Romy riss sich zusammen, sich nicht verweint anzuhören und nicht so laut zu schluchzen. Mit der Klopapierrolle in der Hand, wischte sie die Tränen ab und auch die Schminke war schon verlaufen. Während Chris erneut versuchte ins Bad zu kommen unterhielten Andreas und Hedi sich am Tisch über die Situation. „Was hast du ihr denn Böses vorhin in der Küche erzählte?" Lachte Andreas' Frau. „Nichts Schlimmes. Jedenfalls nicht, dass ich wüsste, dass es schlimm wäre." Hedi zog ratlos die Augenbrauen hoch. Chris kam nach 10 Minuten zurück, „Sie sagt ihr geht's gut, lässt mich aber nicht rein und sie kommt nicht raus." „Dann warten wir halt, bis sie rauskommt." Schlug Andreas vor.
Es vergingen 20 Minuten, bis Romy sich gefasst hatte und zurück zum Tisch kam. Inzwischen stand der Nachtisch auf dem Tisch serviert. „Alles ok?" Fragte Hedi mit schlechtem Gewissen nach. Romy lächelte und nickte. „Und warum hast du dann geweint?" fragte Hedi nochmal nach. „Und jetzt sag nicht, hast du nicht, du warst nämlich vorhin noch geschminkt, jetzt bist du es nicht mehr." Hedi war verwirrt von Romy's Verhalten. Chris sah, wie Romy den Kopf wieder senkte, wie eben, bevor sie ins Bad lief. Er nahm ihre Hand und schaute seine Mutter an, „Ist gut Mama, sie ist wieder hier, alles Weitere kläre ich mit ihr später alleine!" Sein Ton wurde bestimmend und etwas genervt. „Du hast Recht, entschuldige Schatz." Entschuldigte Sich Hedi bei ihrem Sohn und seiner Freundin.
Hedi und ihre Schwiegertochter räumten den Tisch ab. Nach einiger Zeit, nachdem sie noch gesellig beisammen saßen, machten sich Chris und Romy wieder auf den Heimweg. Sie verabschiedeten sich von der Familie und fuhren nach Hause. Zuhause angekommen zog Romy sich aus und ging direkt ins Bett. Beide lagen die halbe Nacht nebeneinander wach. „Ich kann nicht schlafen." Sagte Chris leise. Romy drehte sich auf den Rücken. „Ich auch nicht." Und starrte die Decke an. Chris lag ebenfalls auf den Rücken, drehte seinen Kopf aber in Romy's Richtung. „Ich mach mir Sorgen!" Seine Stimme klang tatsächlich besorgt, jedoch waren die Worte stark. Romy liefen wieder die Tränen. „Ich weiß nicht mal warum ich weine. Einfach was überhaupt mit mir los ist. Manchmal flau im Magen, dann ab und an diese Schwindelanfälle und dann diese unheimlichen Unterleibskrämpfe." „Vielleicht solltest du nach den Feiertagen mal zum Arzt gehen und das mal abklären lassen." Teilte Chris seinen Gedankengang mit und nahm sie im Arm.