Ich bekam in den nächsten Tagen einen immer besseren Überblick über diese Welt. Aus meinem neugierigen Kurzurlaub wurden Wochen. Dann Monate. Es war wie ein Bann, der mich befiel, denn hinter jeder Ecke mochte eine neue Überraschung auf mich warten. Eine neue Lösung für die Probleme meiner alten Welt.
Ich wusste ja, dass ich jederzeit zurückkehren könnte. Aber ob ich aus meiner Heimat jemals wieder an diesen Ort gelangen könnte ...?
Ich hatte es nicht eilig mit der Heimkehr, und wollte unbedingt noch mehr erfahren. Eines dieser Dinge war der Maibaum.
Dass es die Tradition gab, seiner Geliebten einen Baum zu schenken, hatte ich bereits hin und wieder mitbekommen. Am Rande, natürlich. Als der Mai näherrückte brachte mich mein guter Freund jedoch darauf, dass wir unsere Geschenke zusammensuchen sollten.
Geschenke? Im Mai? Noch dazu in dieser Welt, in der selbst Geburtstage und Weihnachten eher spärlich gefeiert wurden? (Beispielsweise ohne Tannenbäume oder Lametta!)
Wie ich erfuhr, war es in dieser Welt Brauch, Maibäume zu verschenken. Das konnten alle möglichen Bäume sein, wobei darauf geachtet wurde, dass sie lokal wuchsen. Denn Maibäume wurden mit Wurzeln verschenkt. Es gab riesige Wiesen und große Parkflächen in der Innenstadt, wo die Bäumchen eingepflanzt werden konnten.
"Ich nehme immer die Sachen, die sich bei mir im Garten selbst einsäen", verriet mir mein guter Freund. "Man kann die Bäume auch selbst bei sich pflanzen und dann vielleicht in ein paar Jahren als Feuerholz fällen. Oder sie tragen Früchte oder haben insektenfreundliche Blüten ..."
Also ging ich los, Setzlinge für alle mein Freunde zu finden. Das klang nach einer schönen, aber auch arbeitsreichen Tradition.