15:36 Uhr, Winterswijk
Am neunzehnten Dezember, einem verschneiten Sonntag und zeitgleich der vierte Advent, standen Darius und Martin vor ihrem zukünftigen Urlaubsdomizil in den Niederlanden, einem Wohnwagen auf einem Campingplatz.
»Das soll die Karre sein?« Darius betrachtete den elfenbeinfarbigen Caravan vor sich und schüttelte den Kopf. »Das ist unmöglich! Und guck dir mal dieses Zelt an. Kackbraun und orange … da fühlt man sich doch gleich wie zu Hause … nicht.«
Martin verglich die Platznummer, die an einem verwitterten Holzpfahl das Grundstück kennzeichnete, mit der auf dem Lageplan, die ihm die Dame an der Rezeption zuvor ausgehändigt hatte. »Ja, hier sind wir richtig.«
»Echt jetzt? Die Bilder auf dem Laptop sahen aber ganz anders aus.«
»Du hast wieder nicht zugehört, Schatz. Die Frau hat doch gesagt, dass ein paar Fehler im Buchungssystem aufgetreten sind und dass sie uns einen anderen Platz geben musste. Komm, lass uns erst mal die Sachen aus dem Auto holen und dann schauen wir uns drinnen alles an.«
Martin öffnete den Kofferraum, nahm eine der beiden Reisetaschen heraus und begab sich zum Vorzelt, das er am Reißverschluss öffnete. Ein muffiger Geruch trat ihm in die Nase, der sich mit dem von Reinigungsmittel vermischte, als er die Tür des Wohnwagens öffnete.
»Alter, hier stinkts! Ich hab jetzt schon keinen Bock mehr auf den Scheiß! Wer hatte die dämliche Idee, zu campen?«
Martin schmunzelte, bevor er sich an seinen Freund wandte. »Schatz, es war deine Idee, wenn ich dich daran erinnern darf.«
»Ganz bestimmt nicht!«, gab Darius retour. »Seh ich aus wie ein Hippie? Nein! Will ich wie ein Hippie wohnen? Nein!«
»Jetzt komm mal wieder runter. Der Wagen hat Charme, und irgendwie gefällt mir die Vorstellung, auf jeglichen Schnickschnack zu verzichten. Nur du und ich.«
»Charme? Das ist jetzt nicht dein Ernst, oder? War ja klar, dass die Käsefresser nichts anderes hinbekommen als … ähm … Käse.«
»Darius!«, zischte Martin.
»Was denn? Ist doch wahr!«
»Es reicht! Ich möchte mich nicht jetzt schon mit dir streiten.«
»Dann lass uns zu Frau Antje gehen, damit wir ’ne geilere Karre bekommen. Ich wollte Luxuscamping!«
»Seit wann ist Camping Luxus?«
»Du hast doch auch die Bilder im Netz gesehen, oder?« Darius ließ die Reisetasche, die er zuvor aus dem Wagen geholt hatte, auf den Boden fallen und verschränkte die Arme vor der Brust wie ein bockiges Kind. »Hier will ich keine Woche wohnen müssen. Never ever!«
»Gut, dann fahren wir wieder nach Hause und können die nächsten Tage viel Zeit mit unseren Familien verbringen. Die werden sich freuen«, sagte Martin. Sodann verschloss er die Tür des Caravans, machte kehrt und trat aus dem Zelt, ohne seinen Freund eines Blickes zu würdigen.
»Sehr witzig, du Witzbold. Das macht dir Spaß, oder?«
»Was genau?«
»Na, mich wieder aufzuziehen«, erwiderte Darius und verließ ebenfalls das Zelt, bis er vor Martin stehenblieb. »Hör mal, wir wollten etwas Neues ausprobieren und haben einen Wohnwagen gemietet, der – wie du weißt – ganz anders ausgesehen hat auf den Bildern. Und jetzt stehen wir hier vor einer Bruchbude aus dem letzten Jahrhundert und sollen darin hausen. Nein, das will ich nicht.«
»Du bist noch nicht mal drinnen gewesen, aber wetterst sofort wieder herum. Gib dem hier doch erst mal eine Chance.«
»Hm«, überlegte Darius laut. Er sah abwechselnd zwischen Wohnwagen und Martin hin und her. »Eine Nacht, danach gehen wir zu der sprechenden Gorgonzolakugel und klären das.«
»Sie heißt Marijke, Schatz.«
»Mir doch egal. Also was ist jetzt? Ja oder ja?«
»Bei der Auswahlmöglichkeit kann ich nur zustimmen.«
»Schön, dann hätten wir das geklärt.«