Plätzchenduft lag in der Luft, im Fernseher lief eine Sendung, in der Weihnachtslieder gespielt wurden und das Wohnzimmer war weihnachtlich dekoriert. Es war Dezember und somit hatte die Weihnachtszeit begonnen. Es würde das erste, gemeinsame Fest eines jungen, ungewöhnlichen Pärchens sein. Nicht etwa, weil sie beide weiblich waren, sondern weil eine von ihnen ein Geist war, der sich in dieser Welt materialisiert hatte. Zunächst hatten sie einander nicht ausstehen können, doch dann hatte sich Kurumi in Mana verliebt...
»Vorsicht, die Plätzchen sind h…!«
»Aua!« Eine schwarzhaarige, junge Frau hielt sich Daumen und Zeigefinger an ihr Ohrläppchen zum Abkühlen. Ihre Partnerin seufzte.
»Ich sagte doch, sie sind noch heiß. Du musst schon noch warten, bis sie abgekühlt sind«, schimpfte sie, doch lächelte dann.
»Lass mich mal pusten.« Ohne abzuwarten, nahm sie die verbrannten Finger und hauchte sanft kühle Luft darauf.
»Ist schon wieder gut. Nur um mich von dem Schreck zu kurieren, musst du etwas anderes tun.« Kurumi lächelte zuckersüß.
Natürlich wusste Mana, worauf sie anspielte …
»Hmm ...Nö. Erst wenn ich fertig bin!«, gab sie grinsend zurück und streckte ihr frech die Zunge heraus.
»Also wirklich…!«, entrüstete sich Kurumi und seufzte leise. Doch dann wurde sie von ihrer Freundin mit den Worten, »los raus jetzt, sonst gibt’s nachher keine Plätzchen!« aus der Küche gescheucht. Kurumi wusste, dass sie in diesem Fall nachgeben musste. Doch die Stunde ihrer Rache würde schon an diesem Abend schlagen…!
Es war später Abend, als sich die beiden Mädchen gemeinsam in Manas Bett kuschelten. Mana schaltete das Nachtlicht aus und wünschte ihrer Freundin eine gute Nacht.
Sie sah Kurumis stilles Grinsen nicht.
Im nächsten Moment fühlte sie eisige Füße an ihren Beinen.
»…! Wa-wa-was sind denn das für Eisklumpen?!«, rief sie und rutschte zur Bettkante, um Abstand zwischen sich und Kurumis Eisfüße zu bringen. Mana schaltete das Nachtlicht wieder ein.
»Hihihi…! Du solltest dein Gesicht sehen …!« Kurumi schüttelte sich förmlich vor lachen.
»Sehr witzig. Wofür war das, bitte?!«, murrte die junge Frau mit den dunkelblauen Haaren.
»Weißt du das denn nicht? Natürlich dafür, dass du mich hast keine Plätzchen naschen lassen«, gab die Schwarzhaarige betont unschuldig zurück, »nicht mal den Teig durfte ich kosten …«, fügte sie hinzu und seufzte theatralisch.
»Hmpf … Tut mir leid, okay? Aber … Hast du immer so kalte Füße?«
»Erst seitdem es so kalt geworden ist.«
»Hmm …«
»An was denkst du? Etwa an etwas Unanständiges, das wir tun könnten?«, fragte Kurumi hoffnungsvoll.
»N-nein! Ich hatte eine andere Idee«, murmelte Mana und errötete prompt.
»Und was ist es?«
»Kann ich dir noch nicht verraten. Gute Nacht.« Mit diesen Worten kuschelte sie sich an ihre Partnerin, die sich erneut geschlagen geben musste.
In den nächsten Tagen grübelte Mana darüber nach, wie sie ihren Plan in die Tat umsetzen könnte. Tatsache war, dass sie keinerlei Übung in dieser bestimmten Tätigkeit hatte. Zudem bestand ihr Familien- und Freundeskreis aus ihrem Bruder und den anderen Geistermädchen. Diese würde sie nicht um Rat fragen können.
Bei einer Routineuntersuchung auf dem Luftschiff sollte Mana endlich Hilfe bekommen. Reine, die Chefanalystin der Fraxinus, untersuchte gerade ihre Blutwerte. Die Fünfzehnjährige war ungewöhnlich still, sodass die Ältere der beiden sie darauf ansprach.
»...Beschäftigt dich etwas? ...Du bist heute so ruhig«, sagte sie mit wie immer schläfriger Stimme und blickte prüfend auf.
»Ja, also … Ich möchte Kurumi etwas schenken.«
»...Denkst du an etwas Bestimmtes?« Reine lächelte.
»Schon. Aber ich habe keine Ahnung, wie ich es anstellen soll. Kannst du mir vielleicht weiterhelfen? Schließlich bist du so gut in vielen verschiedenen Dingen.« Mana sah sie hoffnungsvoll an. Reine war ihre letzte Rettung …
»...Was ist es denn?«
»Also, ich möchte…« Mana erklärte ihr Problem und was sie ihrer Freundin gerne schenken wollte. Reine nickte gedankenverloren.
»...Ja, das kann ich recht gut. ...Ich werde dir dabei helfen, was hältst du davon?«
Mana sprang vor Freude auf.
»Das wäre echt klasse!«
»...Dann sollten wir demnächst zusammen einkaufen gehen. ...Ich zeige dir, was du brauchst und wie viel.«
Gesagt, getan.
Mana staunte nicht schlecht über all die bunten Farben, als sie und Reine kurze Zeit später das passende Fachgeschäft besuchten. Mit ihren Tipps kaufte Mana schließlich alles, was sie für ihr Geschenk benötigte. Dann begann der schwierige Teil. Sie mussten einen Platz finden, an dem Kurumi sie nicht finden und das Geheimnis schon vorher entdecken würde. Und Mana musste lernen, ihr gewünschtes Geschenk herzustellen. Die Zwei zogen sich in einen Aufenthaltsraum der Fraxinus zurück, zu dem nur ranghohe Besatzungsmitglieder Zutritt hatten.
Die Jüngere leerte den Beutel mit ihren neuen Habseligkeiten auf dem Tisch aus. Klimpernd fielen Nadeln und verschiedene, bunte Wollknäuel heraus.
»Warum sollte ich eigentlich Schafwolle nehmen? Nur aus Neugierde.« Mana blickte erwartungsvoll zu der Älteren auf.
»...Diese Sorten, die wir gekauft haben sind gut für selbstgestrickte Socken. ...Sie sind wärmeregulierend und werden nicht so schnell schmutzig, wie andere Wollarten.«
Mana nickte und war Feuer und Flamme für ihr Projekt.
»Dann lass uns jetzt anfangen!« Sie nahm eine Nadel und einen Wollfaden und wartete, begierig darauf, mehr zu erfahren.
»...Zunächst sollten wir wissen, welche Fußgröße Kurumi in etwa hat.«
»Ähm… So ungefähr wie meine?« Mana blickte nachdenklich auf ihre Schuhe. Reine nickte und forderte sie auf, diese auszuziehen. Anschließend vermaß sie die Füße der Fünfzehnjährigen.
Reine tippte die Maße in ihr Handy und berechnete geübt die nötige Wollmenge, die sie benötigen würden.
»Ich möchte zunächst für mich Kuschelsocken stricken! Dann …hab ich etwas Übung und die für Kurumi werden perfekt!«
Reine nickte langsam.
»…Dann mal los. ...Zum Stricken von Socken wird ein sogenanntes Nadelspiel verwendet, das aus fünf Nadeln besteht.«
»Gleich fünf?!«
»...Zunächst benötigst du zwei. ….Schau, ich mache es dir vor. ...Und so wickelst du die Anzahl der Maschen darum.«
Mana nickte und versuchte alles genau nachzumachen, wie die Ältere es ihr zeigte.
»...Jetzt verteilst du die Maschen auf vier Nadeln. ...So. ...Damit die Socken nicht rutschen, ist es sinnvoll, Bündchen zu stricken. ...Das geht so…«
»Verstehe…«
In den folgenden Stunden konnte Mana dank Reines Hilfe die erste Socke in zwei verschiedenen Blautönen fertigstellen. Die Jüngere atmete tief durch.
»Das dauert länger, als ich dachte«, verkündete sie, »aber ich bleibe dran.«
»...Sehr gut. Machst du weiter?«
»Na klar!«
Am späten Abend war auch eine zweite Socke fertig.
»Sie sind zwar etwas unförmig, aber es sind die Übungssocken. Das nächste Paar muss perfekt werden!« Sie nickte entschlossen.
»...Jetzt solltest du erst einmal nach Hause gehen. …Ich bin sicher, dass Kurumi schon sehnsüchtig auf dich wartet.« Mit einem Blick auf ihr Handy schluckte Mana und nickte.
Wieder zuhause, fiel es ihr schwer, sich das Grinsen zu verkneifen. Sie freute sich schon jetzt auf das persönliche Geschenk, dass sie ihrer Freundin geben würde. Dass sie an den Socken strickte, war ein Geheimnis zwischen ihr und Reine. Nichtmal ihrem Bruder verriet sie etwas davon.
Der fünfte Dezember kam und mit einem Jubelschrei beendete Mana die Arbeit an der letzten Socke. Sie waren rot und schwarz gestreift und würden, ihrer Meinung nach, sehr gut zu Kurumi passen.
»Vielen Dank, Reine!« Mana verbeugte sich, dankbar für all die Hilfe.
Sie verpackte die Socken vor Ort noch in Geschenkpapier und Schleife ein und kehrte euphorisch nach Hause zurück.
Am Abend stellte sie erneut Eisfüße bei ihrer Freundin fest.
»…« Mana schwieg nachdenklich. Sollte sie oder sollte sie nicht…?
»An was denkst du?«, fragte Kurumi neugierig, »du bist in letzter Zeit sehr geheimnisvoll. Liegt das an diesem Weihnachten?«
»Ja … und nein.«
»Was denn nun?« Kurumi kicherte belustigt.
»Es ist nur… Ach, ich kann einfach nicht abwarten!«, klagte Mana.
Kurumi betrachtete sie fragend.
»Weißt du… Du hast doch immer so kalte Füße. Und deshalb wollte ich dir etwas Passendes schenken.«
»Zeigst du es mir?«
»Ja! Wenn du es schon haben willst …? Ich meine, wir haben gerade mal Anfang Dezember ...«
»Nun ja, mir ist jetzt kalt. Es wäre ein guter Zeitpunkt, findest du nicht?«
»Okay. Na gut.« Mana schluckte hart. Würden ihrer Freundin ihre selbstgestrickten Socken gefallen? Sie erhob sich vom Bett, öffnete den Kleiderschrank und holte das Päckchen hervor, um es Kurumi zu überreichen.
Das Geistermädchen löste sorgfältig die Schleife und öffnete es, um die rot-schwarzen Kuschelsocken zu bestaunen.
»Die sind für...mich?«
»Ja. Gefallen sie dir? Sie sind selbstgestrickt.«
»Das bin ich dir wert? Da steckt sicher viel Arbeit drin«, bemerkte Kurumi nachdenklich.
»Was soll das heißen? Natürlich bist du mir das wert!«
»...Dankeschön. Da klopft mein Herz ganz aufgeregt.« Kurumi umarmte ihre Freundin und versiegelte ihre Lippen miteinander. Sie schien ehrlich gerührt zu sein. Als die Beiden ihren unschuldigen Kuss lösten, holte Mana grinsend auch ihr Paar Socken aus dem Nachtschrank hervor.
»Und die hab ich für mich gemacht«, verkündete sie stolz. »Zum Üben«, fügte sie hinzu.
»Dann werden wir beide jetzt immer schön warme Füße haben. Dabei fällt mir auch noch etwas Anderes ein, was wir tun können, damit es… heiß wird.« Mit diesen Worten zog Kurumi die Decke über sie beide und verwickelte Mana in einen leidenschaftlichen Kuss.
~ Ende ~