Would you tell us about your current project?
Mein neustes Projekt heißt "Der Liebesclan" und ist eine echte Zitterpartie. Normalerweise schreibe ich meine Bücher bin zum Ende und übarbeite sie mehrfach, bevor ich sie veröffentliche.
Da ich über nicht-monogame Beziehungen schreibe, tummeln sich in den Köpfen der Menschen viele Vorurteile über böse Betrüger oder leichtlebige Schlampen. Diese Vorurteile versuche ich, mit Gefühl und Humor aufzulösen in Toleranz und Offenheit für alternative Lebensentwürfe. Da muss jedes Wort auf die Goldwaage!
Jetzt einfach mal "live" eine Rohfassung zu schreiben, ist für mich ein spannendes Experiment, bei dem viel schiefgehen kann. Ich hoffe aber, dass ich Leser finde, die meine Reise in das neue Buch ebenso mit Humor nehmen wie meine Figuren. :-)
Do you like to have a plan or are you a discovery writer?
Die Sache mit der Planung habe ich aufgegeben, ich kriege es einfach nicht hin! :D Ich schreibe drauflos, ändere, verwerfe, schreibe neu - je länger ich an einem Text arbeite, umso klarer werden die Figuren und umso logischer wird die Story.
Ich schaffe das aber immer erst durchs Schreiben selbst. Wenn ich vorher ein Storyboard entwerfe und die einzelnen Kapitel plane, machen die Romanfiguren sowieso nur, was sie wollen.
What genres do you enjoy to read and write the most?
Das Genre, in dem ich schreibe, gibt es gar nicht, deswegen muss ich es selbst schreiben, um die Geschichten erleben zu können. Ich schreibe Romane über Beziehungsvielfalt und Polyamorie, also über die Liebe zu mehreren Partnern gleichzeitig. Und über "selbstgebaute" Beziehungsmodelle.
Viele von uns gehen Beziehungen ein und übernehmen dabei unbewusst, "was sich gehört", ohne es zu hinterfragen. Wenn sie dann scheitern, sind sie traurig und verletzt und verstehen nicht, woran es lag, wieso ihre Gefühle eingegangen sind wie eine Topfplanze in der Besenkammer.
Ich will Romanfiguren entwickeln, die Lesern das Gefühl geben, nicht allein zu sein mit ihrem Beziehungschaos. Und die Fragen stellen wie: "Stimmt wirklich was nicht mit mir oder stimmt vielleicht was nicht mt dem System, in dem ich lebe? Kann ich das vielleicht auch ganz anders machen, um mich lebendig zu fühlen und so zu lieben, wie ich es will?"
Im klassischen Liebesroman geht es doch immer um die Frage: Für welchen ihrer zwei Bewerber wird die Heldin sich entscheiden? Welcher macht sie zu einer "anständigen" Frau? Wird er sie auch erwählen? Da könnte ich kotzen, ganz ehrlich.
Meine Frauenfiguren pfeifen drauf, ob sie erwählt werden, die wählen selbst. Meine Frauen gestalten ihr Leben - lustvoll, liebevoll, aktiv und mit Grips. Und ohne moralisch einwandfreie Rollenmodelle, die vorgeben, wie eine gute Frau zu sein hat.
Dabei geht viel schief und sie machen Fehler, wie immer, wenn Pionier*innen vorangehen und ohne Vorbilder handeln müssen, um Dinge auszuprobieren.
Und ich hoffe, dass meine Leser*innen dadurch auch einen liebevolleren Blick auf ihre eigenen Fehler entwickeln können, die ja gar keine Fehler sind, sondern wichtige Lernschritte.
What is your greatest dream?
Eine schöne Frage. Mein Traum ist, dass wir alle in einer Welt leben, die von Vielfalt, Toleranz und liebevoller Offenheit für andere Ideen und Lebensstile geprägt ist. Und ich denke, dass wir da noch viel Arbeit vor uns haben, besonders, was selbstbestimmtes L(i)eben betrifft.
Nur ein Beispiel: Es ist noch gar nicht lange her, da war Homosexualität strafbar und wurde mit Elektroschocks und ähnlichen sinnlosen aber bestialischen Methoden "behandelt". Heute ist die "Ehe für alle" im Gesetz verankert. Trotzdem erleben gleichgeschlechtliche Paare im Alltag immer noch ständig Diskriminierung und sogar offene Gewalt.
Oder betrachten wir das Thema Vergewaltigung in der Ehe. Erst 1997 wurde das Wort "außerehelich" als Merkmal einer Vergewaltigung aus dem Gesetz gestrichen. Vorher konnte ein Ehemann mit seiner Frau tun, was er wollte, weil das Recht auf seiner Seite war. Die Frau hatte ihren "ehelichen Pflichten" nachzukommen und durfte sich gegen aufgezwungenen Sex nicht wehren. Wie sollen Frauen unter solchen Bedingungen eine selbstbestimmte Lust entdecken und leben?
Die Fortschritte in Richtung Toleranz und Offenheit sind mir persönlich viel zu klein und viel zu langsam. Erst, wenn jeder Mensch völlig frei von Angst entscheiden kann, wen, wie und wie viele er lieben will, haben wir eine gleichberechtigte Welt.