»HALTET SIE!«, brüllte Phobos durch den Gang und polterte gegen eine der Türen, weil er die Kurve nicht gut bekommen hatte. Irgendwo in der Küche schepperten blechern einige Töpfe und sowohl die Vampire als auch ihre Diener purzelten umher, alle eifrig bei dem Versuch, den entflohenen Vogel wieder einzufangen, der laut quakend und spuckend durch die Flure des Schlosses rannte und dabei jede Menge Federn ließ.
Doch es schien, als ginge es nicht mit rechten Dingen zu, denn wann immer einer von den Häschern nahe daran war, den Körper der schneeweißen und fetten Gans zu packen, stolperte er, rempelte irgendwo gegen, blieb an einer Teppichfalte hängen oder das Tier glitt einfach zwischen seinen Fingern hindurch. Es schien wie verhext zu sein.
»Das gibt’s doch nicht!«, fuhrwerkte Riley, als er sich mit verzerrtem Gesicht das Knie rieb. Er war gegen eine Kommode gerammelt und hatte die komplette Dekoration, die darauf gestanden hatte, heruntergerissen. Mit Glitter und Tannennadeln bestäubt hockte er am Boden und bedachte das spöttisch quakende Tier mit messerscharfen Blicken.
Einige Lakaien wuschten an dem jungen Vampir vorbei, doch die Gans rannte schnell wie der Blitz weiter. Es schepperte wieder irgendwo, Fluchen war zu hören, Fauchen des Vogels.
»Fuck, haltet sie fest, verdammt!« Phobos’ polternde Stimme hallte durch das Foyer und die große Weihnachtstanne begann, bedenklich zu wackeln.
»HEY, mein BAUM!«, brüllte Riley, der sich mit wundem Knie wieder aufgerichtet hatte und über die Galerie blickte.
Mehr Schreie wurden laut, als das schneeweiße Tier seine Chance ergriff und durch das Schlossportal entwischte.
Sammy, mit Arian auf dem Arm, kehrte gerade von einem kleinen Spaziergang mit dem Kleinkind zurück und hatte folglich von dem Tumult um das entlaufende Weihnachtsessen nichts mitbekommen. Erschrocken duckte sich der junge Mann, als der gewaltige weiße Vogel mit einem bösartigen Fauchen über seinen Kopf hinwegflatterte und in die Freiheit des stahlblauen Winterhimmels davonflog.
Phobos und Riley kamen schlitternd an der Pforte zum Stehen und blickten dem Viech hinterher, bevor sie seufzten und einander ansahen.
»So viel zu einem Gänsebraten an Heiligabend.«
»Wer es schafft, uns allen eins auszuwischen, uns zu übertölpeln und zu entkommen, der hat es auch verdient, frei zu sein«, murrte Riley und grinste schließlich.
»Ein Weihnachtswunder, huh?«