Irgendwo in einer anderen Welt, in der kein Licht zu existieren mag und Emotionen längst ausgestorben. Existierte eine violette, warbende Masse. Ein Strudel voll dunkler Energie, der sich immer mehr zu verfestigen versuchte, doch noch nicht sein volles Potenzial erreichte. Der Strudel schien zu atmen, wahrhaftig zu Leben. Funken rotem, blauen und violetten Lichts erschienen und verbrannten zu schwarzen Krümeln unter lauten Schreien. Wann würde das Monster erwachen?
*
"Mach sie auf.", forderte Serlo.
Luan klappte die Uhr auf, die Zeiger glitten, wie bei jeder anderen Uhr, über das Ziffernblatt. An sich schien die Uhr nichts Besonderes zu sein. Doch drehte man an der Datumsanzeige, konnte man in die Vergangenheit gelangen. Hiermit ließ sich nicht das Tages- oder Monatsdatum ändern, sondern nur das Jahr. Sodass man in der Vergangenheit immer nur denselben Tag und dieselbe Zeit erreichen konnte. Aber so oft man eben wollte. In die Zukunft konnte man aber nur ein einziges Mal, danach zerbrach die Uhr in tausend Teile und ihre Magie war fort. Da es sich bei der Zeituhr um ein Objekt handelte, konnte es mit einem Zeitgeist aber auch in die Zukunft entsandt werden. Würde der Zeitgeist dies mit einem Lebewesen versuchen, würde dieser oder das Lebewesen sicher sterben. Man musste also genau planen, wie man dieses Artefakt nutzen wollte. Auch die Zeitschleifen-Funktion, welche mit einer Kurbel an der linken Seite betätigt wurde, war eine einmalige Funktion. Da bei Luans Zeituhr die Zeitschleife bereits verwendet wurde, konnte sie nicht noch einmal genutzt werden.
*
Es brodelte und kochte in dem Strudel, die Lebensgeister schienen zu erwachen. Rote Funken, so groß wie ein kleiner Mond, glühten auf und verdampften qualvoll in Sekunden. Wellen schwarzer, violetter und blauer Energie schleuderten sich salvenartige von dem rotierenden Körper im Zentrum ab. Sie rasten in atemberaubender Geschwindigkeit davon, kollidierten sie, überlebte nur die stärkste. Die Stärksten und damit auch schnellsten Energiewellen heizten an die Grenzen ihrer Welt und als sie diese erreichten, gelangten sie in andere Welten. Dort prallten sie mit brachialer Gewalt gegen Objekte und Lebewesen. Zerstörten und Verletzten. Pulverisierten und töteten.
*
Soeben war eine Welle wild knisternder Energie in der Welt von Belletristica eingegangen. Hatte Wolken verdrängt und war in dem frühen Dominion eingeschlagen. Eine Gestalt in langer weißer Robe hatte nur bewaffnet mit einem hölzernen Stab den größten Teil der Energie in sich absorbiert. Der elfenbeinfarbene Kristall im Stab, glühte noch einige Minuten in schaurigen Farben nach und gab so Hinweise über die zerstörerischen Kraft dieser Welle. Es würde nicht mehr lange dauern, bis die Quelle dieser Energie ihre Welt verlassen würde.
*
Die Spannung in der Luft war förmlich zu spüren als Vin den Plan enthüllte. Sie würden versuchen mit verschiedenen Magieabfolgen und gewieften Logiktricks den cerebralen Kern von Klakojn solange zu beschäftigen, dass das dunkle Wesen in einen magischen Kristall gesperrt werden konnte. Einem Gefäß geschaffen von dem Zwerg Gumbier, der in einer Zeit lebte, in der es noch keine Städte gab. Dieser hatte auch den Kristall geschaffen, mit dem einst, doch hatte dieser einen Markel, der er erst beim zweiten Kristall beheben konnte. Dieser Markel führte zum Ausbruch von Klakojn und zu der Krise aller Welten. Es musste einfach gelingen, die böse Macht damit zu fangen und unschädlich zu machen. In den zahllosen und wiederkehrenden Zeitschleifen und damit den zahllosen Duellen gegen Klakojn hatten Vin und Serlo das Kampfmuster der Bestie analysiert um so Angriffe der Bestie vorherzusehen. Um so die Zerstörung der letzten Federohrnester zu verhindern, wie auch die Ausrottung zahlloser weiterer Kreaturen. "Aus diesem Grund, ist der uns verbündete Zeitgeist, unentwegt auf den Dächern der Stadt unterwegs um die gefährlichen Energien zu neutralisieren. Da sie aus einer anderen Zeitebene stammen, kann er das meiste ihrer Energie aufsaugen, allerdings bleiben 3 Prozent der Energie erhalten."
In diesem Moment färbte sich der Himmel vor den Fenstern in ein dunkles schwarzlila und eine gigantische, sichelförmige Welle, krachte in die Stadt und hinterließ eine gewaltige Narbe.
"Drei Prozent, unfassbar wie viel er mit seinem Elfenstein neutralisieren kann.", stellte Vin fest.
"Es ist Zeit.", Serlo ergriff seinen Hut und eilte mit Vin und Luan auf die Straße. In diesem Moment tat sich am Himmel ein Loch auf und eine gigantische Gestalt erschien. Lila, finster: Ein mächtiger Strudel. Funken voll pulsierender Energie schleuderte sie aus ihrem Inneren, die her nieder fielen wie ein Kometenhagel.
"SPÜRT MEINE RACHE!", die dunkle Gestalt pfiff und kreischte voll Zorn. Sofort machte sich das Team kampfbereit und eilte dem mächtigen Gegner entgegen. Serlo, Vin und Lu nutzen ihr gesamtes Repertoire ihrer Magie- und Kampfkünste, doch es half nichts. Auch der ihnen zu Hilfe eilende Zeitgeist konnte nichts gegen die Übermacht tun. In einem verzweifelten Akt zückte Vin den Kristall, mit dem sie Klakojin zu bannen erhofften.
"Ihr wagt es mir eine Fälschung zu zeigen!", brüllte die wild wabernde Masse. Was hatte das zu bedeuten? Die Aussage war doch seltsam! Schoss es Lu durch den Kopf, ehe das Schülerwesen einem gewaltigen Strudel wildgewordener Energie entkommen musste. Endlich gelang es dem Zeitgeist die Energiegewalt für einen Moment in der Zeit selbst zu fangen.
"Was sollen wir jetzt tun?", fragte Lu zu Vin und Serlo zustoßend.
"Wir müssen in Gunbiers Zeit und einen neuen Kristall anfertigen lassen.", erwiderte Serlo.
"Aber dieses mal einen der hält.", stieß Vin heraus und legte Luan ein paar Splitter in die Hand, welche die Reste des Kristalls darstellten.
"Und was machen wir mit dem Jetzt?"
"Um diesen Kampf zu gewinnen, müssen einige von uns verlieren. Felix vertraut dir, dann werde ich es auch tun. Mach was draus!", mit diesen Worten verließ Vin Serlo und Lu um dem Zeitgeist zu helfen.
"Bitte was? Ich solle euch zurücklassen?", Lu verstand noch nicht. Doch Serlo hatte bereits die Zeituhr auf das betreffende Jahr gestellt. "Du musst es tun, wir sind schon zu oft gereist, unser Kampf, der ist hier, doch die Hoffnung nimmst du mit. Wie Vin gesagt hat, wir vertrauen dir das Schicksal dieser Welt an. Lass uns nicht hängen." Serlo drückte bereits den Auslöser und so verschwand das Schülerwesen in einem mystischen Schein.