Es war ein strahlend sonniger Tag im April. Die Bellologenstreet 21B leuchtete förmlich wie eine kleine Sonne und das blendende Sonnenlicht auf der Backsteinwand des gegenüberliegenden Hauses tat dem Auge weg. Es war kaum zu glauben, dass dies dieselben Mauern waren, welcher zur Zeit der Dichternebel so unfassbar finster herüberblickten. Die Vorhänge des Zimmers waren halb geschlossen und das Schülerwesen lag ausgestreckt auf dem Sofa. Bella und Felix waren für ein paar Tage verreist, um eine mysteriöse Begebenheit zu klären. Lu rümpfte die Nase bei dem Gedanken, denn das Schülerwesen hätte gerne Teil an dieser Geschichte gehabt, doch es war elementar, dass Lu das Haus hüten würde. Denn Bella erwartete tägliche Telegramme, welche ihr umgehend nach gesandt werden sollten. So waren die Tage ins Land gezogen, Tag für Tag kamen Telegramme für die junge Geisterdame in der Bellologenstreet 21B und Luan sandte, wie dem Schülerwesen geheißen, die Telegramme weiter in die Adresse des Darkmoors. Doch an diesem Tag war etwas anders, nicht nur Telegramme und Hilfegesuche waren in der Morgenpost gewesen, auch ein mysteriöses Päckchen hatte der Postboote geliefert. Auf ihm stand in schnörkeliger Handschrift geschrieben:
An: Schülerwesen Felix
Bellologenstreet 21B
Dominion
Der Absender, ein Vin Irlando, war Lu völlig unbekannt, doch das stimmte hinten und vorne nicht. Der Meister war ganz sicher kein Schülerwesen mehr und das Schülerwesen hörte doch auf den Namen Lu... Gerade eben dieses neugierige Schülerwesen besah sich das Paket genauer, es war in einem matten braungrünen Packetpapier eingepackt und schien eine Büchse oder ähnliches zu verbergen. Sollte Lu das Päckchen auspacken? Es war schließlich an das Schülerwesen adressiert, vielleicht hatte man ja das Komma vergessen und nach Schüler, wie Meister verlangt. Eine Überprüfung des Inhalts wäre sicher notwendig um es gegebenenfalls als wichtig genug zu erachten, um es dem Bellologen nachzusenden. Aber auch nur vielleicht, suchte Luan einen Grund das mysteriöse Paket zu öffnen. Die Neugier wuchs im Schülerwesen und siegte schlussendlich. Behutsam packte es das Päckchen aus, darin eine Holzschatulle kaum länger als ein kleines Taschenbuch, doch so dick, als hätte es tausend Seiten. Luan begutachtete das schöne Objekt aus fein gemasertem Holz genau, auf ihm waren in schnörkeligen Runen verschiedenste Geschöpfe Belletristicas eingeritzt. Zumindest erkannte Lu neben dem Fagerleuer, auch den Schlaufuchs und einige weitere. Doch es waren auch unbekannte Kreaturen abgebildet. Sie alle waren vom Boden der Schatulle aus über Wurzeln eines Baumes über dessen Zweige miteinander verbunden. Vorsichtig bestricht das Schülerwesen die Einkerbungen, welche den Stamm symbolisierten und folgte ihnen. Als der Stamm endete, berührte Luans Finger den Maul eines kleinen Krokodils mit fedrigen Ohren. War das ein Federohr, von dem Felix schon mal gesprochen hatte? Exakt als Lu sich diese Frage stellte, begannen das vermeintliche Federohr zu leuchten, von ihm aus wanderte das Leuchten wie eine Flüssigkeit durch die Kerben und füllte sie aus. Als alle Kerben in dem blauen Licht erstrahlten, öffnete sich die Schatulle. Darin befanden sich ein beschriebenes Pergament und eine goldene Taschenuhr. Auch wenn die blitzende Taschenuhr verlockend schien, war der beigelegte Brief für das Schülerwesen interessanter, vielleicht konnte dieser mehr Aufschluss über die ganze Sache bringen?
"Mein lieber Felix,
Ich hoffe du bist wohl auf mein liebes Schülerwesen. Ich dagegen befinde mich in einer misslichen Lage. Das von uns geliebte Belletristica ist in einen Zustand des Chaos verfallen, zu allem Überfluss finden die Ereignisse von denen ich spreche nicht in deiner Zeit statt. Es ist wahrscheinlich schwer zu begreifen, doch ich schreibe dir zwanzig Jahre aus der Vergangenheit. Dies ist möglicherweise alles etwas zu viel auf einmal, doch ich bedarf deiner Hilfe und möchte es dir erklären. Die Uhr wird dich zu mir führen, sei unbesorgt.
Auf ein baldiges Wiedersehen,
Dein Meister,
Vin Irlando
Sollte das ein Streich sein? Doch wer würde so eine kostbare Uhr nur wegen eines Streiches hergeben? Der Brief hatte mehr Fragen zutage gefördert, als beantwortet. Ärgerlich! Oder nicht?
Luan betrachtete das beigelegte und kostbar wirkende Kleinod. Es schien aus glänzendem Gold, doch der Glanz stand nicht still, er folgte in fließenden Schimmern über das Gehäuse. Ungewöhnlich, wie das Schülerwesen befand, vielleicht war es kein gewöhnliches Gold?
Ein Schauer eilte just in diesem Moment über den Nacken des Schülerwesens. Da war es wieder. Das Gefühl von Abenteuer! Die Sinne schärften sich!
Plötzlich fingen die Zeiger der Uhr an lebendig zu werden, wild kreisten sie gegen den Uhrzeigersinn umher.
In diesem Moment hüpfte Marv die siebzehn Stufen der Bellologenstreet hinauf und platzte in die Szenearie. Anstatt seinem Bro einen schönen Geburtstag wünschen zu können, sah Marv nur Lu verschwinden. Panik machte sich im Grauwolf breit, was sollte er tun?
Luan registrierte noch Marvs Schrei, doch es war zu spät, alles um das Schülerwesen schien sich aufzulösen, im Inneren tobte zeitgleich ein Beben, so mächtig, dass es alles in zwei teilen würde.