Meister Gumbier hielt es, wie er sagte und fing gleich in den frühen Stunden des jungen Morgens an, alles für die Herstellung eines neuen Körpers vorzubereiten. Luan erwachte nur wenig später und leistete dem Zwerg Gesellschaft. Dieser war sehr erfreut darüber, dass ihm auf dem langen und beschwerlichen Pfad in die tiefsten und ältesten Wälder Belletristicas ein junger Assassinne und Bellologenanwärter zur Seite stand. Das Verständnis mit den Geschöpfen des Kontinentens war wichtig um eine äußerst reine und gute Frucht des ältesten aller Cincyo Bäume zu erhalten. Um diese zu erbitten, war es Brauch und Pflicht, den Weg dorthin zu Fuß zu beschreiten oder zu reiten, eine Form der Magie war untersagt. So wanderten Luan und Gumbier Tag um Tag, Woche um Woche und Monat um Monat. Sie begegneteten dabei verschiedensten Geschöpfen, manchen wie dem Geflügelten Wort, war Luan auch in den 2010er Jahren begegnet. Andere wie das Federohr, welches in dieser Zeit noch an vielen Flussläufen brütete, war Luan erst auf dieser Reise begegnet. Aber auch weniger freundliche Lebewesen kreuzten ihre Wege. So mussten Gumbier und Luan in den Höhlensystemen eines großen Bergkammes unliebsame Bekanntschaft mit einem Bellemon machen und wäre fast an das frühzeitige Ende der Reise gelangt. Doch eine klügliche Fügung, ein Spalt im Fels, rettete den beiden Reisenden das Leben. Es vergingen noch einige Monate und so erreichten Luan und Gumbier die Insel des Cincyo im frühen September. Da erblickte Luan eine große schwarze Schlange, welche über den Himmel der Insel kreiste. Ein wahrhaft gigantisches Geschöpf!
"Meister Gumbier! Meister Gumbier! Was für ein Geschöpf ist das?", fragte das neugierige Schülerwesen voll begeisterter Augen.
"Nicht gut, das ist ein Serpenton. Ein Drache, mächtig, heilig und gewillt jene, die er als Beute erfasst hat auch zu erbeuten. Siehst du den mächtigen Kopf? Er erinnert an einen Pfeil, deshalb nennt man ihn auch Pfeilschlange oder Pfeildrache."
In diesem Moment richtete sich das Haupt des schwarzen Ungetüms auf den kleinen Segler, der beiden Reisenden. Der lange Drache ließ ein lautes, markerschütterndes Gebrüll aus und zischte auf das kleine Boot zu. In letzter Sekunde konnten Luan und Gumbier ins Wasser springen und sich so vor dem pfeilschnellen Angriff in Sicherheit bringen. Sie wussten nicht, dass das weißsilberne Segel aus Elfenseide eine anlockende Wirkung auf den Drachen hatte, der auf alles reagierte was glitzerte. Denn seine Beute, die Artajo, glitzerten ebenfalls in den schönsten Farben und machte diese Art der Seeschlangen, bei Jägern und auch dem Serpenton sehr bleliebt. Doch dieses Mal war es nur ein altes Segelschiff mit einem Segel aus Elfenseide, was dem mächtigen Harpunenkopf zum Opfer gefallen war.
Glücklicherweise waren Luan und Gumbier nicht mehr weit von der Insel entfernt und konnten nach einer halben Stunde des Schwimmens das rettende Ufer erreichen. Mühsam war der Aufstieg der Klippen, insbesondere mit nasser Kleidung. Doch die beiden gelangten endlich auf das dicht bewaldetet Plateau. Im Wald selbst fühlte Luan sich pausenlos beobachtet, Unruhe stieg in dem Schülerwesen auf. War hier möglicherweise ein Hinterhalt?
Gumbier der die Unruhe seines Begleiters spürte, konnte das Schülerwesen beruhigen: "Mach dir darum keine Sorgen. Das sind nur die Mirago, fuchsartige Wesen, welche sich als Bäume, Sträucher und andere Wesen tarnen. Sie sind fremde nicht gewöhnt und daher scheu. Dennoch können sie sich ihrer neugierigen Ader nicht erwehren und beobachten einen. Fühlst du dich auf dem Kontinent Belletristica beobachtet und siehst niemanden, so ist es sicher ein Mirago."
So streiften Luan und Gumbier durch die Weiten des Waldes. Bis sie an einer großen Lichtung angelangt waren, in ihrem Zentrum erwuchs ein mächtiger Cincyo. Die Rinde fein gemasert und doch von der Zeit gezeichnet, erkannte Luan von einigen Portraits aus der Jetztzeit. Sie waren wohl auf der Insel der Adminen, aber noch vor deren Landung und Errichtung der ersten Citadelle. Da huschte ein kleines Wesen über das Geäst des Cincyo und musterte die beiden Wanderer. Gumbier verneigte sich vor dem Geschöpf und Luan tat es ihm gleich. Es handelte sich um einen Gerbil. Einer katzenartigen Kreatur, welche durch das Geäst mit weiten Sprüngen, vielen neugierigen Blicken entgehen konnte. Die Kreatur galt als sehr alt und sollte bereits zu den Zeiten der ersten Cincyo existiert haben.
"Früher wachen sie häufig, doch das was du hier siehst, ist der letzte seiner Art. Oder einer der Letzten. Sie werden immer weniger und seltener, niemand weiß was das Sterben der Gerbil bedeuten wird. Vielleicht ist es Evolution, vielleicht unser Ende. Ich würde mir wünschen, dass in euer Zeit mehr von diesen reinen Geschöpfen existieren. Sie wachen über das Leben und solange sie sind, ist es vielfältig und einzigartig.", Gumbier schien einige Tränen der Rührung zu Unterdrücken hunderte von Jahren hatte er schon gelebt, doch das letzte Mal als er einen Gerbil sah, war er nicht älter, als das Schülerwesen aus der anderen Zeit, welches neben ihm stand. Es vergingen einige Minuten des Schweigens, bis das Gerbil sich aufmachte in einen anderen Cincyo zu hüpfen und im Wald zu verschwinden. Dabei fiel eine einzige Frucht des Baumes von einem Ast zu Boden. Gumbier eilte zu der Frucht, verneigte sich erst in die Richtung in der, der Gerbil entschwand. Dann verneigte er sich vor dem Baum und zu guter Letzt vor der Frucht. Dann begann er einige Formeln auf altzwergisch zu sprechen, Luan konnte nicht viel davon verstehen, dann das neuzwergisch, war dem Schülerwesen schon häufig wie ein Kauderwelsch vorgekommen. Doch schien es sich um einen speziellen Schutzzauber zu handeln, der die Reinheit und Vollkommenheit der Frucht bewahren sollte. Gumbier verneigte sich noch einmal vor der Frucht, vor dem Baum und der Richtung des Gerbils, als er seine Magie eingesetzt hatte. "Nun Luan, sind wir hier an dem Ende unserer Reise angelangt, der Baum gab uns die Frucht, die wir benötigen und jetzt da sie sicher im Zauber gebunden ist, können auch die Effekte von Magie ihr nichts anhaben, so lass uns die Portpotion nutzen um nicht den beschwerlichen Weg, zurückreisen zu müssen. Und so taten sie es, in nur wenigen Sekunden waren sie wieder bei der Schmiede, wenige Sekunden, für eine Reise die fast sechs Monate dauerte. Kaum bei der Schmiede angekommen, begann Gumbier den Körper zu schmieden. Er vermischte zu der Frucht, zerstoßene Edelsteine, Feenstaub und einige andere Objekte. Nach zwei Tagen hatte er sein Werk vollendet. Der Zwerg präsentierte stolz dem Schülerwesen den Körper und ließ fortan Lu in seiner Schmiede arbeiten. Ab und an wanderte Lu durch die Artenreiche Welt und machte sich Notizen für den Meisterbellologen, vielleicht hatte er ja schon von den Arten gehört und wusste mehr über ihren Verbleib. Sollte es sich ermöglichen, so würde das Schülerwesen alles daran setzen, diese Wesen zu retten. Vielleicht würde es auch wieder einen Gerbil sehen, wer wusste das schon?
Die Zeit verging und auf den späten Sommer, eröffnete sich ein launischer Herbst in dem die Winde um die Schmiede pfeiften und die Bäume Blätter regnen ließen.
Auf den herbst folgte ein kalter Winter mit Meter hohem Schnee, in dieser Zeit verbrachte das Schülerwesen fast die gesamte Zeit in der Schmiede und niemand kann sagen, ob es in dieser Zeit mehr wachte oder schlief. Auf den Winter folgte der Frühling, die Zeit des Abschieds war nah und es schmerzte Lu den Schmiedemeister Gumbier nach all der langen Zeit zu verlassen. Doch der Meister war guter Dinge, er hatte durch die gemeinsame Zeit den Entschluss gefasst, wieder junge Talente zu lehren und verabschiedete am fünften April das Schülerwesen mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Der Abschied tat auch ihm weh, doch war sich der dickbäuchige Zwerg sicher, dass sie sich eines Tages wiedersehen würden.