Sternenlose Nacht, der Mond verlieh den Wolken einen matten goldenen Schein. Es war still in den Gassen, zu still für diese Stadt. Irgendetwas beunruhigte Christin, die auf den Weg nach Hause war. Das Treffen mit ihrer Freundin dauerte länger als erwartet und die Kirchglocke schlug das erste Mal.
Schon Mitternacht; nun aber schnell über die alten Pflastersteine der Gasse. Die großen Stadtvillen erhoben sich über ihr. Kein Licht schien aus den Fenstern der Erker, die sich in der Dunkelheit über sie beugten.
Der zweite Glockenschlag. Flackerten dort die Laternen? Christin beschleunigte ihren Schritt es wurde immer unheimlicher. Wenn jetzt auch die spärliche Beleuchtung ausginge, wäre das wohl endgültig ein Albtraum. Es war noch ein Stück bis zu ihr nach Hause.
Mit dem dritten Glockenschlag passierte sie eine Kurve und sah in die Dunkelheit. Die Straße vor ihr war unbeleuchtet und nur der Schein des Mondes gab ihr Licht. So sehr sie auch schneller rennen wollte, sie konnte es nicht in dieser Finsternis.
Der vierte Glockenschlag brachte ein säuselnden Wind, der die Plantanen am Straßenrand sanft rascheln ließ. Es war fast beruhigend in dieser Nacht, so ein vertrautes Geräusch zu hören
Der Wind wurde stärker und sein Heulen übertönte fast den fünften und sechsten Schlag. Christine packte wieder die Angst. Schnell zog sie die hochhackigen Schuhe aus um barfuß zu rennen.
Stille. Nur ihr Atem war zu hören und dann der siebte Glockenschlag. Der Wind war genauso schnell verstummt, wie er aufgeflammt war.
Es schlug das achte Mal und im Nachhall der Glocke war noch etwas. Das Wiehern eines Pferdes? Ein Pferd hier? Nein das ist doch nicht möglich.
Zum neunten Schlag mischte sich das Geräusch von Hufen auf der Straße, schnell wie der Wind schien das Pferd auf sie zuzueilen. Das Adrenalin schoss durch Christines Körper und die Angst beflügelte ungeahnte Kräfte.
Schnell nur weg hier. Sie hastete durch die Dunkelheit stieß immer wieder mit Bäumen oder Zäunen zusammen, doch für vorsichtiges Vorantasten war keine Zeit. Dieses Pferd kam immer näher.
Sie hörte sein Schnauben mit dem zehnten Schlag und ein kurzer Blick zurück zeigte einen Reiter im schwarzen Gewand. So Schwarz wie das Fell des Pferdes. Ein Schatten im Mondlicht und nicht mehr. War das ihr Ende? Nein sie war zu jung.
Mit dem elften Schlag war sie am Ende Ihrer Kräfte. Bald schon wurde sie der Reiter holen und in die ewige Finsternis entführen. Wenn es so sei.
Kraftlos brach Sie zusammen doch ein kräftiger Arm fing sie auf. Behutsam legte der Reiter die bewusstlose Frau auf den Rücken des Pferdes.
Mitternachtsritt durch die Finsternis hinaus aus den engen Gassen, durch die weiten Auen. Am breiten, flachen Fluss spielen die Weiden mit dem Mondlicht Schattenspiele. Der Wind weht durch ihr langes Haar. Kalt und erfrischend.
Die Wolken reißen auf und einige Sterne funkeln mit dem nun ungestörten Vollmond um die Wette.
Sie wacht auf den Rücken des Pferdes auf. Spürt die Wärme des Tieres unter Ihr und die Nähe des Reiters. Nein dies war nicht der Gevatter Tod.
Weiter durch die weiten Felder fort von der beengenden Stadt. Fort zur Mitternachtsstunde, denn die Nacht war noch jung.