Ich weiß gar nicht, was die alle haben. Ist doch eigentlich ganz witzig. Natürlich, ich hatte nicht darum gebeten, aber wenn ich schon so geworden bin, warum sollte ich das dann nicht genießen können? Die anderen aber, die dasselbe Schicksal teilen wie ich, die sehen das nicht so locker. Und von denen gibt es mehr, als man glauben möge. Das realisierte ich allerdings erst, als sich durch den Fluch, den ich bekommen habe, mein Geruchssinn verbessert hat und ich sie wittern konnte. So kommt man ins Gespräch, wisst ihr? Wenn man dasselbe Schicksal teilt. Und die meisten sind der Meinung, dass man sich das restliche Leben lang verstecken müsse, um niemandem wehzutun. Einige gehen sogar soweit, dass sie sich während des Vollmonds einsperren oder einsperren lassen. Das alles nur, damit niemand zu Schaden kommt. Schön und gut. Aber wisst ihr was? Ich teile diese Meinung absolut nicht. Denn ich vertrete die Ansicht: Alles hat seine Gründe. Wenn wir schon zu solchen Bestien geworden sind, diese Instinkte ausgebildet haben - wieso sollten wir uns dagegenstellen? Wer oder was befiehlt uns, sich gegen die eigene Natur zu stellen - gegen die Natur des Jägers? Ich sehe da nichts und niemanden. Also jage ich. Ich jage Menschen. Und ich liebe es. Natürlich, es ist irgendwie bedrückend, am nächsten Morgen vom Leichenfund zu erfahren und mitzuerleben, wie die Trauer um sich schlägt. Aber das ist es wert. Die Anspannung der Beute. Das Aroma von Angst in der Luft. Die Aufregung der Jagd. Das Wettrennen. Der Geschmack des Eisens. Die Ekstase, die das Fleisch mit sich bringt. Wieso war ich nicht schon früher so? Wieso musste ich als Mensch geboren werden? Ich mag Menschen nicht. Sie sind so ... eigen. Statt sich an die Natur und ihre Regeln anzupassen, passen sie lieber die Natur an sich an und schustern sich ihre eigenen Regeln zusammen - sowas wie Tischmanieren und weiteren Quatsch. Was soll das? Sind die in all ihrer Langeweile irre geworden? Wo bleibt da denn der Spaß, wenn man sein Leben lang auf einem dünnen Seil balancieren muss und sich bloß keinen Fehltritt erlauben darf? Völliger Schwachsinn. Deswegen liebe ich mein neues Leben als Werwolf. Diese Freiheit, die die Verwandlung bringt. Losgelöst von dem Leben der Menschen. Mit geschärften Sinnen nach Beute suchen, während das Mondlicht angenehm auf der felligen Haut kribbelt. All das Adrenalin. Das perfekte Leben für mich. Ich bin froh, damals den Angriff überlebt zu haben, um das werden zu können, was ich nun bin. Ein Werwolf.