Die Stadtwache, die neben mir am Tresen steht, nimmt einen großen Schluck aus ihrem Bierkrug, bevor sie ihn geräuschvoll wieder auf das polierte Holz stellt und mich ansieht.
„Es sind mindestens zwei, sagt man – darum sei ihr Hort auch so gewaltig! Ein Paar!“ Sie hebt eine Faust an den Mund, um ein unterdrücktes Rülpsen zu kaschieren. „Es heißt, sie besäßen so viele, so unglaubliche Schätze, dass sie keinerlei Goldgier mehr verspürten. Manche munkeln, sie schlafen sogar, sodass man, wenn man vorsichtig ist, problemlos einen Rucksack voll davon stehlen könnte!“
Das bezweifle ich stark. „Und wie viele waren mit diesem Vorhaben schon erfolgreich?“, erkundige ich mich, während ich dem Wirt ein Zeichen mache, der Frau nachzufüllen. Manchmal ist es erstaunlich leicht, an Informationen zu gelangen.
Sie wirkt irritiert. „Das weiß ich nicht. Ich habe noch von niemandem gehört.“ Na also, dachte ich es mir doch. „Aber vermutlich geben sie es nur nicht zu, um ihr Abenteuer zu wiederholen!“
Innerlich seufzend bedanke ich mich höflich, bezahle dem Wirt das Bier und verlasse die Taverne. Ich habe jetzt wahrhaftig genug Geschichten über die Drachen gehört, die dort oben in den Bergen hausen sollen. Egal, wohin ich gehe, immer wieder kommt jeder auf dieses Thema zu sprechen, und ich spüre tief in mir das Verlangen meines Gottes nach den Reichtümern, die angeblich nur abgeholt werden müssen. Er will mehr erfahren, und ich habe mich bemüht, an Informationen zu gelangen. Doch immer handelt es sich nur um Gerüchte.
Entschlossen trete ich durch den verborgenen Eingang in den geheimen Phextempel und begebe mich direkt ins Allerheiligste – mein Status als Geweihter ist den Verantwortlichen hier inzwischen bekannt, sodass mich niemand aufhält, als ich den stillen Raum betrete.
Ich knie mich vor den Schrein, schließe die Augen und komme zur Ruhe. Erst, als Atem und Herzschlag langsam und gleichmäßig sind, strecke ich im Geiste die Hände nach der Verbindung zu meinem Gott aus.
Ich spüre, dass er seine Aufmerksamkeit auf mich und mein Gebet richtet. „Listenreicher“, beginne ich, „Dich verlangt nach dem Schatz der Drachen. Ich habe deinen Wunsch gespürt und Informationen zusammengetragen, doch alles, was sich finden lässt, sind nur Gerüchte. Niemand verfügt über konkrete Informationen. Es heißt, es seien zwei bis vier Drachen, die ihre Horte vereint hätten – was für diese Spezies sehr untypisch ist. Dass sie schlafen und man sich nur bedienen müsse, halte ich für ein Märchen.“
Kaum habe ich das erwähnt, lodert das Verlangen, das Phex nach dem Gold verspürt, heiß in mir auf. Ein geschickter Dieb könnte es versuchen, egal, ob die Drachen schlafen oder nicht.
„Herr der Schatten, selbst für den geschicktesten deiner Diener wäre ein Drache eine Herausforderung“, wage ich zu widersprechen. „Wenn es sich tatsächlich um mehrere handelt, wäre der Versuch tollkühn.“
Doch der Fuchs will dieses Gold haben. Gewissheit, dass er mir seine Unterstützung auf der Mission anbietet, durchflutet meinen Geist.
Aber mein Herr ist nicht nur der Gott der Diebe, nein, auch der der Händler. Er gewährt uns, seinen Dienern, unseren freien Willen – und ich möchte dieses Risiko nicht eingehen. Ich bin Spion, ich besorge jedes bisschen Wissen, das ihn interessiert und gebe es an die Phexkirche weiter, doch ich will mein Leben nicht bei einer solch riskanten Unternehmung aufs Spiel setzen. Dennoch erfordert es all meinen Mut, meinem Gott eine Absage zu erteilen. Mit einem langsamen, aber tiefen Atemzug schöpfe ich Mut.
„Nein, Listiger. Ich danke dir für das Angebot deiner Unterstützung, aber ich möchte diesen Handel nicht eingehen. Gerne gebe ich alles, was ich erfahren habe, an einen wagemutigeren deiner Diener weiter, doch ich selbst bitte um dein Verständnis, dass ich diesen Auftrag nicht übernehmen möchte.“
Ich spüre Phexens Wünschen und Gefühlen nach, die meine ihm geweihte Seele wahrnehmen kann. Dankbarkeit erfüllt mich, als ich keinen Vorwurf, keine Enttäuschung empfinde, nur das Nachlassen der Begierde, die mein Gott mit mir geteilt hat. Er wird jemand anderen suchen, der in die Berge steigt und dem Drachenhort nachspürt, und meine Entscheidung respektieren.
„Danke“, flüstere ich lächelnd und öffne die Augen. „Jetzt ist mir viel leichter ums Herz.“
Sicher ist es Einbildung, doch für einen Augenblick scheint es mir, als würde die Fuchsstatue auf dem Schrein mir freundlich zuzwinkern.