Und so kam es, wie Vlad es prophezeit hatte, noch während er auf Ghul nach Landne der Hauptstadt des großen Fantasreichs ritt, wurde ein weiterer Weihnachtswichtel auf einem Acker gefunden. Wieder mit zertrümmertem Körper und auf einem blutigen W liegend. Dieses Mal mit drei Kerzenstummeln in der Tasche. Da es so schien, dass der Täter einen Gräul gegenüber dem Weihnachtsfest zu hegen pflegte, wurde umgehend der Grinch verhaftet und zum Verhör gebracht. Der grüne Wicht beteuerte seine Unschuld und gab an die Nacht in diversen Bars verbracht zu haben, was später durch mehrere Barkeeper bestätigt werden konnte. Man musste ihn freilassen. Sagenland Yokai war ratlos.
Der Vampir band sein Pferd fest und öffnete die alte Holztür. Knarrend gewährte das hölzerne Ungetüm Einlass.
Vlad trat ein.
Sofort flatterte ein Tengu zum Eingang. "Werter Gast, ich ersuche Sie zu meinem Bedauern zu einer anderen Stunde mit offizieller Anmeldung zu erscheinen.", die Lagnase mit den schwarzen Flügeln verneigte sich.
"Vlad Draconis, Spurensicherung! Sie erhalten sicher bald die Runentaube für mein erscheinen.", der Vampir kannte die Spielchen der Tengu schon zu genüge. Die Bibliothek war streng genommen jedem zugänglich, doch die Tengu sie horteten Wissen und gaben es nur ungern frei. Den Vertrettern von Sagenwelt Yokai mussten sie stets Zugang erlauben, diese konnten sie auch schlecht mit irgendwelchen Bestimmungen abspeisen, da die Beamten die Gesetze kannten.
Der Tengu verneigte sich tiefer: "Es scheint dringlich, wenn sie vor ihrer Runentaube erscheinen, in diesem Fall werde ich alles ermöglichen, Ihnen zu helfen."
"Gewiss."
"Welches Wissen wünschen Sie zu belesen?"
"Ich wünsche zu erfahren, welche magischen Wesen Federn tragen."
"Nun denn.", der Tengu bewegte die Arme in mystischer Weise und spielte einen mächtigen Zauber vor, doch dachte er nur nach, wo Vlad die Antwort auf seine Gesuche finden würde.
"Abteilung V, Gang OGE, Regal L.", sagte der Schwarzflügel nach einer halben Ewigkeit.
"Soll ich sie führen?"
"Nein Danke, den Weg finde ich selbst.", Vlad versuchte halbwegs höflich zu klingen, da er den langsamen Tengu nicht in seiner Ermittlung gebrauchen konnte. Natürlich würde es das Wesen persönlich nehmen, aber es betont überspielen, so waren die Tengu eben.
"Ich verstehe.", die Augen der Langnase blitzten argwöhnisch, doch er sagte nichts und flatterte auf seinen Balken nahe dem Eingange.
Sie waren wirklich lästiges Geflügel, aber man musste, lassen, dass sie ihre Bibliothek sehr ordentlich führten, stellte Vlad fest.
Es vergingen einige Stunden und Vlad blätterte Seite um Seite durch jedes Fabelwesenbuch. Jede Feder in den Schriften wurde mit seiner gefundenen Feder abgeglichen. Es war wirklich eine gute Idee gewesen, die Feder ebenfalls mit dem Blitzpergament zu bearbeiten, so konnten sowohl die Polizei, als auch Vlad an dem Fall arbeiten.
"Wobei.", murmelte der Vampir. Noch hatte keine der Ermittler seinen Weg hierher gefunden, was seine Arbeit deutlich mühsamer machte. Die Harpye sie schien von den Verletzungen her zu passen, doch flogen sie im Winter in den Süden, wo sie sich in der mediterranen Luft der Kälte entzogen. Ihre Federn waren auch nie derartig flaumig. Es war fast als seien es die Federn eines Kükens. Ein Küken das einen Mord, nein zwei Morde begangen hatte? Ein seltsames Unterfangen, aber nicht ausgeschlossen. Immer weiter senkte sich die Flamme auf der kleinen Kerze und Vlad fand keine Lösung, wer der Täter seien konnte.
Plötzlich hörte er in einer anderen Abteilung den Schrei eines Tengu.
"Jusake! Da ist eine Ratte in Abteilung X!"
"Das war niemals eine Ratte!", kreischte die andere Langnase. "Eher ein Eichhörnchen!"
Da war Vlad schon auf dem Weg zur Abteilung X.
"Ein Eichhörnchen? Ein Eichhörnchen?!?", keifte der andere Tengu, "Jusake, ließ mehr Bücher, die leben in den Wäldern, finde diese Ratte und schaffe sie her heraus."
Vlad stieß zu den beiden Tengu: "Wo ist das Tier hin verschwunden."
"In Abteilung MA, aber ein Beamter von Sagenwelt Yokai muss sich dieser Sache nicht annehmen.", sagte der Tengu geflissentlich.
Doch der Vampir beharrte darauf, er hatte seine Gründe. Als er in die Nähe des Regals S gelangte, stürzte aus dem obersten Regalabteil ein großes Buch heraus. Er blickte nach oben und erkannte wie im Schatten des Dunekls ein Tier verschwand, vielleicht ein Eichhörnchen, vielleicht eine Ratte oder etwas ganz anderes.
Der Vampir kniete nieder. "Die Wesen der Weihnacht", stand in goldenen Lettern darauf geschrieben. Ein Mann in rot mit weißem Bart, Weihnachtswichtel und auch der Grinch waren darauf zu sehen. Jusake eilte herbei: "Mein Herr verzeiht, es stand wohl nicht richtig, ich werde es an mich nehmen und zurückstellen.", der Tengu griff bereits nach dem Einband, da entzog es ihm der Vampir: "Es hat mein Interesse geweckt, ich werde es mir vorher genauer besehen wollen."
Wieder an seinem Platz blätterte Vlad durch die Seiten des Werks. Eine wirklich interessante Lektüre. Weihnachten, das hatte Vlad immer mit dem Weihnachtsmann und sein Wichteln verbunden. Angestellte praktisch und doch war es eine Familie mit einem sehr stressigen Weihnachtsfest. Aber scheinbar hatte er den Job erst seit 1770 unter seinem heutigen Firmennamen geführt. Davor teilte er sich das Unternehmen mit...
Vlad pfefferte das Buch zu. Das war es! Er war sich ganz sicher!
Einer der Tengu flatterte bereits auf ihn zu, ihn zu ersuchen sorgsamer mit den Büchern umzugehen. Der Vampir formulierte eine halbherzige Entschuldigung und erkundigte sich, ob die Bibiliothek auch Bücher über Eichhörnchen besäße. Der Tengu führte den Vampir mit fragendem Blick zu den Büchern, von denen nur wirklich eins für ihn relevant schien. Er las es mit Interesse und schloss den Einband mit einem mysteriösen: "Ich verstehe."