Er hatte es geschafft. Sobald er um die Ecke bog, fiel die gesamte Anspannung von ihm ab. Er lief langsamer, straffte seine Schultern, hob den Kopf und nahm die Hände aus den Taschen.
Ab und zu blieb er stehen um einem Hund nach zu sehen oder ein Blatt zu beobachten das der Wind vom Baum gezupft hatte.
Plötzlich berührte ihn jemand am Arm. Er zog ihn sofort weg und wich zurück. "Was soll das?" erboste er sich. Er ging einige Schritte zurück und sah auf ein Mädchen hinunter. Sie war etwas außer Atem. War sie ihm etwa nachgerannt? Gerade wollte er sich umdrehen und weiter gehen da fing sie an zu sprechen.
"Du bist Mathias oder?" Er nickte. "Ich bin Samantha." Sie hielt ihm die Hand hin, welche er misstrauisch beäugte. "Ich sitze seit einer Woche neben dir!"
Er wirkte überrascht.
Das schien er verpasst zu haben. Kein Wunder, die meiste Zeit sah er aus dem Fenster oder schlief. Die Lehrerin Störte das nicht. Seine Noten waren gut, worauf er sie selbst hingewiesen hatte, mit der bitte sie möge ihn in Ruhe lassen. Aber warum sollte die Lehrerin so ein kleines Mädchen ganz nach hinten setzten? Waren alle anderen Plätze besetzt? Er wusste es nicht. Er wusste auch nicht wie viele Klassenkameraden er hatte, kannte ihre Namen nicht und wusste schon gar nicht wo die saßen. Selbst wenn sie neben ihm saßen.
"Was willst du?"
"Mit dir nach Hause gehen." sagte sie leicht hin und weil so schockiert aus sah, fügte sie hinzu " nicht zu dir nach Hause, ich meine... Wir sind vor kurzen in deinen Block eingezogen, wir sind Nachbarn! Und da dachte ich wir könnten doch gemeinsam gehen."
Mathias reagierte nicht. Er starrte das kleine schwarzhaarige Mädchen nur an. Innerlich wägte er ab was ihn mehr Unbehagen bereitete. Mit dieser Samantha (war das ihr Name?) den nach Hause Weg zu gehen oder zu Lügen und einen Umweg zu machen. Er konnte sich nicht entscheiden und deswegen stand er einfach nur da.
Samantha nahm ihm die Entscheidung ab. "Nun komm schon! Du bist der Außenseiter in der Klasse, was? Oder hattest du nur eine schlechte Woche? In meiner alten Schule war ich auch die Außenseiterin. Meine Eltern haben da ein riesen Ding draus gemacht. Vielleicht sind wir deswegen weg gezogen. Keine Ahnung."
Und während Mathias krampfhaft versuchte eine Möglichkeit zu finden, das dieses "zusammen nach Hause gehen" Ding eine einmalige Sache blieb, plapperte Samantha fröhlich weiter.