Was soll ich sagen, die anhaltenden Abenteuer ermüdeten mich doch gar sehr, vermutlich war ich doch nicht für das Heldenleben geschaffen. Aber seien wir ehrlich, es war schon weitaus aufregender, als jeden Tag ins Geschäft zu gehen, um sich mit Belanglosigkeiten zu beschäftigen. Verwalten von Teilnehmern oder auch das Vorbereiten von Unterrichtseinheiten, auch wenn in die Gipsköpfe nicht wirklich etwas hineinging. Ob der vielgerühmte Nürnberger Trichter eine Lösung wäre? Nun denn, selbst wenn, mein Chef scheute jegliche Investition, die uns die Arbeit hätte erleichtern können.
So saß ich schon reichlich ermattet von meinem Tagewerk auf dem Sofa und kuschelte meine drei Buben. Einer jähen Eingebung folgend griff ich zu meinem Handy, eine Verbindung wurde hergestellt und eine mir äußerst vertraute Stimme war am anderen Ende. Mein Prinz, durchzuckte es mich. Wie kann das sein?
„Mein Prinz“, sprach ich nach dem ersten Erstaunen, „wie es scheint sollten wir uns auf ein Abenteuer begeben.“
„Traun für wahr“, antwortete er mir, „und Ihr glaubt nicht, wer sich schon eingefunden hat.“
„Die zwei liebenswerten Chaoten“, erwiderte ich, denn nur diese konnten es sein, da sie sich ja schon als fester Bestandteil unserer Heldentruppe entpuppt hatten.
„Gewiss“ rief er aus, „genau diese sind es. Eilet herbei, damit wir den Plan besprechen können.“
„Natürlich“, doch schon war das Gespräch beendet, noch ehe ich die Nummer erkennen konnte. Seltsamerweise befand sie sich auch nicht im Verlauf. Höchst absonderlich.
Also begab ich mich an meinen Kleiderschrank, um die nötigen Utensilien und Kleider herauszuholen. Während ich so kramte, trat meine Mitbewohnerin in mein Zimmer.
„Was ist denn hier los?“ Fragte sie neugierig.
„Vermutlich wieder ein PAL, dass ich zu lösen gedenke, da es vermutlich kein anderer vollbringen kann.“ Erklärte ich ihr meine Betriebsamkeit.
„Ah ja“, meinte sie, vermutlich wollte sie eine Erklärung von mir.
So schnell ich konnte, war ich in meine Ausrüstung geschlüpft und hatte mich gegürtet. Dann war da eigentlich nur noch das Problem des Transports, ich konnte ja unmöglich mit meinem Auto ins Abenteuer fahren. Wo musste ich eigentlich hin? Ach egal. Die Magie wusste schon, was zu tun sei. Also verabschiedete ich mich von den Buben und meiner Mitbewohnerin und öffnete ohne jegliches Zögern souverän die Tür zu unserem Kabuff.
„Das ist...“, rief noch meine Mitbewohnerin, als ich die Tür hinter mir schloss. Wahrscheinlich hatte sie diese direkt wieder geöffnet und mich nicht herinnen gefunden, aber das ist, wie sollte es auch anders sein, eine andere Geschichte.
Wer auf Magie vertraut, weiß, dass diese den rechten Weg findet. So sah ich mich alsbald in einem Zimmer mit den mir bekannten Recken. Nun denn, mein Prinz ward noch nicht für ein Abenteuer gerüstet, aber dies wäre gewiss nur eine kurze Spanne, da dies geschehen wäre. Nach einer kurzen, aber nicht minder herzlichen Begrüßung, wurde der Kleine still und berichtete von dem Unglück, das über ihr Dorf gekommen war. Ein trickreiches Wesen, genannt Leprechaun, hatte die Kinder der braven Leute mit Hinterlist und Tücke entführt.
„Arg“, sagte der Prinz.
„Verdammt auch“, stimmte ich ihm zu.
„Ein Dilemma“, knurrte der Dicke und blickte recht finster drein.
„Tod ihm“, fasste der Kleine zusammen, was wir alle dachten.
Als wir uns anschauten, war es beschlossene Sache, dass wir auf große Fahrt gingen, um den Leprechaun zur Strecke zu bringen und die Kinder zu befreien.
„Wie kommt Ihr eigentlich hierher?“, fragte der Prinz schließlich.
„Ach“, meinte ich lapidar, „ich ging einfach durch eine Tür. Vermutlich wird unser Kabuff nun zur touristischen Attraktion.“
„Das war ganz einfach“, hub nun auch der Kleine an, „unser Druide mixte einen Zaubertrank, dass eine Kiste erschien, die herinnen weitaus größer war als von außen. Der Doktor brachte uns damit hierher.“
„Doktor wer?“ Wollte der Prinz wissen.
„Nein, nein“, korrigierte ich den Prinzen, „nicht Doktor Wer sondern Doctor Who. Es war gewiss die Tardis. Oh ihr Glücklichen.“ Ein Seufzer bahnte sich seinen Weg, wie gerne wäre ich auch einmal mit der Tardis geflogen.
Als wir so erzählten, begann es gar wild im Rucksack des Dicken zu rumoren. Wüste Laute, wie von einem wilden Tier kamen heraus, dass der Prinz geistesgegenwärtig seine Waffe ergriff. Die Augen des Dicken weiteten sich vor Entsetzen und er begann gar wild mit den Armen zu wedeln.
„Haltet ein, mein Prinz“, beschwichtigte der Kleine den getreuen Gefährten, „es ist doch nur unser kleines Hündchen.“ Bei diesen Worten hüpfte ein kleines weißes Fellknäuel heraus und schaute uns mit seinen lustigen schwarzen Knopfaugen an. Alsbald wuselte es weiter und schnüffelte interessiert. Als es verdächtig still wurde, spitzten wir die Ohren, dann vernahmen wir ein genüssliches Schmatzen.
„Wie es scheint“, seufzte der Prinz, „hat der kleine Hund mein Steak gefunden, dass ich mir morgen zu Mittag zu braten gedachte.“
„Ach, gräme dich nicht mein Prinz“, versuchte ich ihn zu trösten, „besser das Hündlein als meine drei Buben, denen es zweifelsohne genauso gut geschmeckt hätte.“ Dennoch konnte ich mir ein Grinsen nicht verkneifen.
„Wohlan“, wechselte er geschickt das Thema, „wir brauchen scharfe Waffen.“
Hier kam mir unweigerlich die Szene in den Sinn, als Neo das erste Mal in der Übungsmatrix war und sie sich Waffen bestellten. Aber dies ist ja nicht so eine Geschichte. Wo war ich?
„Und wir brauchen scharfe Zauber“, warf ich stattdessen ein, da ich als Magierin damit immer gut bedient war.
Wie wurde es noch im „Demolition Man“ genannt, diese Kombination aus Gewalt und sexueller Anziehung? Nun denn, so fand ich mich in inniger Umarmung des Prinzen und unsere Lippen trafen sich, fordernd und liebkosend. So konnte ich nicht anders, als ein wenig mit meinen Zähnen etwas zu knabbern.
„Zügelt Euch, mein Prinz“ mahnte ich ihn, „man könnte dieses Verhalten in gewisser Weise als ein klein wenig unangemessen bezeichnen.“
Als er sich das Blut von der Lippe leckte, wusste ich, dass sein Herz schon längst für mich entflammt war.
„Verzeiht, werte Damen“, er meinte es wirklich aufrichtig, „so lasst uns die Mission besprechen, dass sie ein gutes Ende nähme.“
Während der Prinz in für ein Abenteuer taugliche Kleider schlüpfte, schauten wir anderen drei auf die Karte, die unsere gallischen Freunde mitgebracht hatten. Der Kleine wies auf einen Flecken.
„Dies ist scheinbar seine Höhle“, vermutete er, „jedoch von Sumpf und schwerem Gelände umgeben. Es wird nicht leicht werden, den Unhold zu besiegen und die Kinder zu befreien.“
„Das Gebiet ist wahrlich groß“, brachte ich einen Zweifel an. Aber dringlicher war mir ein anderes Problem, wie an die Stätte des Abenteuers gelangen, da die Tardis uns nicht mehr zur Verfügung stand. Vielleicht, wenn wir wieder mit dem Gedanken beseelt, durch eine Tür gingen. Die Magie wusste seit den Zeiten von Schmendrick den Großen, das glücklose Wunder, immer, was sie tat. Warum sollte ich also nicht auch darauf vertrauen? Außerdem, dass was meine vier Schneehirten auf einem einsamen Gletscher konnten, war einer Tanuky zu Tanabe, Herrscherin der Hölle, Fürstin der Finsternis erst recht vergönnt. Den Mutigen gehört die Welt. Nein, ich reckte meine Faust nicht gen Himmel, aber ich stand schon mit stolzgeschwellter Brust zwischen meinen Helden.
„So lasst uns aufbrechen“, mahnte ich die Herren zur Eile.
Wie selbstverständlich öffnete ich die nächstbeste Tür und scheuchte meine Begleiter vor, ehe ich hindurchtrat und die Tür hinter mir schloss. Dunkelheit umfing uns, aber es war nicht eine solche, die in Zimmern oder Schränken herrschte. Es war eher so, als wenn eine Nacht mond- und sternenlos wäre, und der Wald alles Licht schluckte. Als ein Wind aufkam, wurde deutlich, dass wir in einem Hain waren.
„Wohin des Weges?“, fragte ich den Kleinen.
„Gen Norden“, antwortete er. „Wo auch immer Norden sein mag.“
So kramte ich in meiner nimmervollen Tasche und holte einen Kompass hervor. Ein sicherer Blick und ich wusste Bescheid.
„Mir nach“, sprach ich erfreut und führte die Helden an. Zum Glück hatte ich die Schellenbänder an den Füßen, so konnte ich in der Dunkelheit nicht verloren gehen. Außerdem wusste ich so immer, wo ich war.
Fortsetzung folgt...