Nach einer traumlosen Nacht erwachte ich tatsächlich in Cornelius Gästezimmer, eine Tatsache, die mich durchaus heiter stimmte, da sich meine Anwesenheit scheinbar an der Lösung der Probleme andere Leute, oder kurz PAL, orientierte. So fieberte ich natürlich auch dem Treffen mit Prosper entgegen, der vermutlich von Konzernfuzzis herbeigeschafft werden sollte.
Während meiner Morgentoilette klopfte es an meiner Tür und da ich schon nahezu gesellschaftsfähig war, bat ich den Klopfenden herein. Es war einer von Cornelius dienstbeflissenen Lakaien, der mich, wie es schien, zum Frühstück abholen sollte. Vermutlich taugte er auch nicht zu mehr, als zu diesen Botengängen. Als ich ihm folgte, konnte ich mich nicht des Gedankens erwehren, dass Saeder-Krupp die Anzüge für die magische Abteilung wohl im Dutzend billiger kaufte. Nicht dass die Kleidung billig aussähe, es war eher der Eindruck, dass sich alle Adepten auf bedenkliche und verstörende Art glichen. Selbst wenn sie alle Klone wären, das Textil wurde doch nicht mitkopiert. Oder doch? Unweigerlich musste ich bei diesem Gedanken schmunzeln.
„Guten Morgen. Was erheitert dich so?“ Begrüßte mich Cornelius.
„Sanfte Grüße auch dir“, erwiderte ich. Seine Frage ignorierte ich gekonnt, denn wie sollte ich ihm meinen Gedankengang erklären, ohne dass er sich auf den sprichwörtlichen Schlips getreten fühlte. Heute trug er jedenfalls eine sehr gewagte Krawatte. Schwarz mit einem einzigen dünnen Streifen von Rot. So frühstückten wir gemeinsam und ich war schon erstaunt, dass es nicht das übliche Soy-Food gab. Es ging doch nichts über natürliche Lebensmittel, auch wenn man es in dieser Welt nicht so sah.
„Ich denke, dass wir weniger an den Zutaten schrauben sollten, sondern eher den eingebetteten Zauber modifizieren sollten“, machte ich zwischen zwei Bissen den Vorschlag.
„Meinst du?“ Cornelius schien nicht wirklich davon überzeugt zu sein.
„Die Simulation an sich war doch recht nett, auch wenn diese permanente Dudelmusik irgendwann ziemlich nervig war.“ Führte ich aus.
„Außerdem müssen wir nur etwas gegen diese unsägliche Bäckerei mit ihren Tripverlängerungen unternehmen. Dies scheint nicht mit den Zutaten sondern eher mit einem Zauber zusammenzuhängen.“
„Was schlägst du also vor?“
Herrje, musste ich wirklich für ihn mitdenken? Dann also nach meiner Methode.
„Ich denke, wir sollten nach dem Originalrezept in die Simulation und dort das angebotene Gebäck untersuchen. In der Zwischenzeit könnten deine Leute hier draußen in einem der Originalplexe nach dem Zauber suchen.“ Erläuterte ich den Plan.
„Dann machen wir es so“, stimmte er mir kurzentschlossen zu.
Gemeinsam gingen wir hinüber in unsere improvisierte Einsatzzentrale, wo wir schon sehnlichst erwartet wurden.
„Tanuky, meine Prinzessin“, hörte ich eine mir äußerst bekannte Stimme.
„Mein Prinz“, ich umarmte Prosper, der sichtlich erledigt auf einem der Sofas hockte. „Du siehst echt scheiße aus. Du solltest weniger von diesen magischen Gebäcken naschen. Wie oft muss ich dich eigentlich noch retten?“ Fragte ich ihn grinsend.
„Noch einmal, bitte. Und dann immer wieder auf‘s neue“, antwortete er und ich wusste, dass er es vollkommen ernst meinte.
„Fühlst du dich fit genug, dass du uns im Winter-Wunderland helfen kannst?“
„Sicher doch.“ Er strahlte über das gesamte Gesicht in Erwartung eines Abenteuers. „Aber warum habt ihr mich dann dort rausgeholt?“
„Damit du in dieser Welt hier nicht drauf gehst, mein Lieber“, erklärte ich ihm die vorherige Rettungsaktion.
Unterdessen hatte Cornelius dafür gesorgt, dass uns Gebäck und ein kakaohaltiges Heißgetränk serviert wurde. Das nenne ich mal stilvoll. So machten wir es uns gemütlich, knabberten an dem magischen Gebäck und schlürften dazu unseren heißen Kakao oder auch Xocolatle, wie die Maya es nannten. Ob wir deshalb vielleicht einen magischen Overload hätten, interessierte mich aber herzlich wenig. Es könnte ja auch sein, dass wir gerade durch dieses Getränk eine Stärkung erfuhren. So reisten wir schon durch den allzeit bekannten Tunnel und erreichten das Winter-Wunderland. Natürlich sattelte Cornelius wieder sein Huhn, natürlich den goldenen Phönix, während ich mein fliegendes Rentier auswählte. Prosper wählte sich, ganz Prinz, eines der fliegenden Streitrosse aus. Es stand ihm schon gut zu Gesicht, das musste der Neid ihm lassen. Aber wie hieß es doch noch so treffend, Neid müsste man sich verdienen.
Schnell hatten wir die Entfernung zur Bäckerei überwunden und dort trafen wir natürlich wieder auf allerlei Volk, das sich dort mit Gebäck versorgte. Selbstverständlich wurden alle Anwesenden mit der Köstlichkeit bedacht, und wir hatten unsere liebe Not Prosper davon fernzuhalten.
„Nur ein einziges Plätzchen, bitte“, quengelte Prosper.
„Nein, die verträgst du nicht“, und klopfte ihm auf die Finger, als er nach dem angebotenen Naschwerk greifen wollte. Beleidigt zog er eine Schnute, ließ sich jedoch davon beeindrucken. Nun bemerkte ich die leuchtende Feder über der Bäckerin, welches in den meisten Spielen ein sicheres Zeichen für eine zu lösende Aufgabe war.
„Sei gegrüßt“, sprach ich sie an und sie begann mich vollzulabern. Gelegentlich erwiderte ich mit ja und mit erzählt mir mehr, verdammt, wann kommt endlich die Questanfrage. Und da war sie schon, selbstverständlich will ich diese Aufgabe erfüllen, natürlich mit meiner Gruppe.
Cornelius beobachtete mich die ganze Zeit irritiert, was ich dort wohl machte. Noch ehe er fragen konnte, klärte ich ihn auf.
„Ich habe die „Quest“, wir sind ja quasi in einem Spiel, angenommen. Gleich teile ich sie an euch und dann können wir in die Zone, um dort ein wenig aufzuräumen. Vielleicht hilft das ja schon, um die Trips zu verhindern.“
Prosper war schon voller Tatendrang und Cornelius verstand scheinbar wieder nur Bahnhof Koffer klauen oder wie auch immer das Pendant in dieser Zeit auch hieß.
„Die Tür dort sollte nun für uns passierbar sein“, wies ich auf den Eingang der Bäckerei, der bis jetzt für uns fest verschlossen war.
Fortsetzung folgt...