Als Bernd das Haus verließ, schlief die Stadt noch. Der Zug zum Stadtrand war wie gewöhnlich leer. Auch heute war er mit den Menschen auf den Werbeplakaten alleine. Diese waren mittlerweile nicht nur ausschließlich digital, sondern sie konnten auch mit den Betrachtern interagieren. Ursprünglich hatte es einen großen Hype um diese Art der Werbung gegeben. Nach und nach hatte sich jedoch ein regelrechter Konkurrenzkampf zwischen den kleinen Männchen entwickelt. Wie Marktschreier priesen sie ihre Produkte an und versuchten dabei stets den anderen zu übertönen. In Bernds Waggon hatte sich grade ein gut gelaunter Mann in einem schwarzen Anzug durchgesetzt. Von seinem Platz auf dem Plakat an der Tür rief er mit lauter Stimme „Hey du da auf dem Platz ganz hinten! Du scheinst nicht viel von den Menschen zu halten.“ Bernd horchte auf.
Der Mann hatte zwar Recht. Bernd hielt die meisten Menschen für egoistisch und manipulativ. Er mochte es aber trotzdem nicht, sofort als Einzelgänger erkannt zu werden.
„Was wäre wenn ich eine Möglichkeit hätte dich vom Rest der Welt zu isolieren und dir gleichzeitig ein Zuhause zu geben wovon viele andere nur träumen können.“
Da zeigte sich dann, dass der Bewerber doch nur ein Roboter war. Bernd hatte zwar durch das Ablehnen der „Health mir“ Tabletten nicht viel mit anderen Menschen zu tun, ab und zu fehlte ihm dieser Kontakt aber mehr als er sich eingestehen wollte. Er wollte sich um keinen Preis noch weiter isolieren. Ein echter Mensch hätte nie vorgeschlagen sich von der Welt komplett abzugrenzen. Trotzdem hatte die Aussage sein Interesse geweckt.
Er stand auf, stellte sich vor den Mann und fragte „Und wie genau willst du mich vom Rest der Welt isolieren?“
In der Annahme einen Kunden erworben zu haben rückte der Mann hastig seine Krawatte zurecht und sagte mit selbstbewusster Stimme „Wir, die Dreamhouse Cooperation helfen Ihnen sich von den anderen abzuheben. Machen sie sich von der irdischen Verantwortung frei und schweben sie frei, wie ein Komet durchs All-“ Entnervt drückte Bernd einen roten Knopf neben der Werbetafel. Dieser war extra für den Fall installiert worden, dass die Werber sich zu kryptisch ausdrückten. Der Mann verschwand und an seiner Stelle erschein ein kurzer Informationstext. Bernd las:
„Die Dreamhouse Cooperation ist eine Kooperation von Hausbau24 und der NASA. Sie hat damit begonnen, auch für den Menschen nicht bewohnbare Orte wie den Südpol effizient zu nutzen. Es werden hier große Erdmassen vom Land abgesprengt und zur freien Gestaltung angeboten. Wenn sie keine Ideen haben, können sie auch gerne auf die Ideen unserer Architekten zurückgreifen. Diese Traumgrundstücke werden dann mit einem Raketenantrieb ausgestattet und ins Weltall geschossen. Selbstverständlich werden wir auch eine künstliche Atmosphäre einrichten, die sie beim Umkreisen der Erde mit ihrem neuen Zuhause am Leben hält.“
Verblüfft hält Bernd inne. Häuser im Weltall? Dieser Gedanke war so absurd, dass er schon wieder lächerlich wirkte. Aber es war wahr. Unglaublich. Bernd drückte auf den roten Knopf und der kleine Mann erschien wieder. „Ich hasse diesen Knopf!“, er schien sichtlich verärgert, „Ich wäre schon noch zum Punkt gekommen!“
„Ihr schickt Häuser ins All? Das ist wahnsinnig!“
„Ja ist es!“ meldete sich auf einmal eine Stimme hinter Bernd.
Er drehte sich um und blickte in das Gesicht einer jungen Frau, die es sich im Schneidersitz auf einer grünen Wiese, in ihrem Bildschirm bequem gemacht hatte. Hinter sich hörte Bernd den Mann aufstöhnen. „Wenn ich mich auch mal zu Wort melden dürfte. Ich bin von der Umweltschutz Organisation „Natürlicher Nutzen“ oder kurz „NaNu“. Wir setzen uns dafür ein, dass diese sinnlose Ressourcenverschwendung gestoppt wird.“ „Was für Ressourcenverschwendung?“, warf der Mann ein, „Wir nutzen lediglich Flächen die vom Menschen nicht nutzbar sind“ Die Frau war außer sich: „Und dass sie den durch die Sprengungen Massen an CO2 in die Luft pusten und den Lebensraum von tausenden Tieren zerstören ist nicht der Rede wert? Außerdem hat das einseitige Bearbeiten der Erdoberfläche zur Folge, dass die Erde aus dem Gleichgewicht gerät und die Rotation nicht mehr einwandfrei möglich ist. Die Erde würde also anfangen zu eiern!“ „Das ist doch Blödsinn!“, der Mann wendete sich zu Bernd, „Guck sie dir doch mal an. Sie hat nicht mal Schuhe an. Ich habe einen Anzug, wem wirst du also eher glauben.“
„Das hat doch mit den Fakten nichts zu tun!“, warf die Frau empört ein, „Wir wollen diese stetige Selbstzerstörung aufhalten weil es das einzig richtige ist. Da ist es doch egal wie wir aussehen.“ Als der Anzugsmensch wieder zum Sprechen ansetzte, drückte Bernd auf den Türöffnungsknopf. Die Tür öffnete sich, der Mann verschwand hinter der Außenwand der Bahn und seine Worte blieben unausgesprochen. Erleichtert verließ er die Bahn und steuerte auf das Fabrikgebäude zu, in dem er arbeitete.