Der Raureif bedeckt die Wiese auf der ich gerade Zuflucht gefunden hatte. Außer Atem lasse ich mich auf das kalte Grass fallen. Kalter Wind weht mir durchs Fell und sorgt dafür, dass sich all meine Haare aufstellen. Für einen kurzen Moment höre ich noch das winseln meines kleinen Bruders, dass auf Grund eines zweibeinigen Monsters sein Leben lassen musste.
"Menschen hassen Wölfe!", höre ich noch die warnenden Worte meines Vaters in meinem Kopf. Warum hatten wir nicht auf seine Warnung gehört und uns in das Menschendorf geschlichen?
Wir zwei waren schon immer neugierig gewesen und hatten es schon öfters bereut, zum Beispiel hatten wir uns mal auf einen zusammen gerollten Igel gelegt, um zu gucken, wie dolle die Stacheln wirklich weh tun. Doch das uns unsere Neugierde in solche Schwierigkeiten bringt, hätte ich nie gedacht.
Ich setzte mich hin und sehe mich noch einmal um, um klar zu stellen, ob ich den Jäger wirklich abgehängt habe. Am liebsten wäre ich in den Wald geflüchtet, doch wollte dem Jäger nicht zu weiteren Wölfen führen. Wer weiß, was er mit ihnen angestellt hätte?
Doch, als ob das nicht genug wäre, dass mein Bruder nicht schnell genug war, um zu flüchten, bin ich jetzt alleine. Irgendwo im nirgendwo und keine Ahnung wo der Wald ist.
Plötzlich steigt mir ein seltsamer Geruch in die Nase. Es riecht nicht nach einem anderen Wolf, auch nicht nach einem Menschen.
Aus der Ferne erblicke ich ein Fuchs artiges Wesen. Es ist schlank und schneeweiß. Langsam und elegant kommt es auf mich zu und sieht mich mit seinen rot-orangefarbenden Augen an. "Wer bist du...?", frage ich leise und ängstlich. Auch wenn es kleiner war als ich, gab das Wesen mir doch das Gefühl, als würde es einer höheren Macht angehören. Als würde es Kräfte haben, die einer Gottheit gleichen könnten.
Das Wesen sieht mich mit scheinbar alles wissenden Augen an und Spricht: "Mein Name ist Yuki." Die Stimme war durchdringend und doch sanft.
"Mein Name ist...", begann ich, doch das Wesen unterbrach mich. "Ist schon gut, ich weiß wie du heißt und warum du hier bist. Du bist von einem Jäger davon gerannt, während dein Bruder sterben musste. Du hattest Angst und bist davon gerannt, ohne auch nur zu versuchen, ihn zu beschützen. Aber mach dir keine Sorgen. Komm mit mir und ich werde dir die Kraft geben und die Angst nehmen, so wirst du in der Lage sein, alles was dir lieb ist zu beschützen und das was dir wehtun, wie ein schrecklicher Mensch aus dem Weg zu räumen."
Mein Atem stockt. Schuldgefühle kommen in mir hoch, das Wesen hatte recht, ich hatte nicht mal versucht, meinen Bruder zu beschützen. Doch soll ich diesem Wesen wirklich vertrauen und mitgehen? "Ich spüre dein Misstrauen, das mir Gegenüber in dir hochkommt.", sagt es ruhig.
Mit seiner Schwanzspitze zeigt es auf einen kleinen Berg in der Ferne und spricht: "Bis Sonnenaufgang warte ich dort, solltest du dich entscheiden, mit mir zu kommen, dann gehe dort hin, ich warte dort auf dich." Mit eleganten Schritten geht das Wesen fort in Richtung Berg.
Ob ich dort wirklich hingehen soll weiß ich noch nicht...
Prompt: Raureif