3:30 Uhr, sagt mein Wecker und ich frage mich, ob ich diese Nacht noch Schlaf finden werde. Die Regentropfen prasseln auf das Zelt und ein Gefühl von klammer Nässe schleicht um meinen Schlafsack. Einerseits möchte ich schlafen, anderseits möchte ich dem Regen weiter lauschen. Fäden feinster Wasserseide stürzen sich aus Wolken, in der Ferne hört man ein Donnern. Die Erde duftet bereits feucht und matschig. Es erinnert mich an die alten Tage, damals als ich in Südamerika für ein Projekt mehrere Wochen im Pantanal kampierte. In diesem sumpfigen Grasland war es unsere Aufgabe gewesen die Population einiger Wildtierbestände zu zählen. Allen voran die Hyazintharas mit ihrem magisch blauen Gefieder. Doch das Glück war uns nicht hold und sahen wir lange Zeit nichts anderes als Wasserschweine. Oder Capybaras wie man sie dort nannte. Nicht eines oder zwei fanden wir, wo auch immer wir uns bewegten, vor, nein ganze Herden, der braunen, großen Meerschweinchen. Aus Spaß begannen wir sie zu zählen.
Eins, Zwei, Drei, Vier, Fünf, Sechs, Sieben, Acht, Neun, Zehn, wie viele waren es eigentlich? Ich kratze mir müde den Kopf und beginne noch einmal im Kopf die Anzahl der Capybaras zu rekonstruieren. Immer wieder hechtet eines von ihnen auf die Seite der ungezählten und wird erneut gezählt. Der Sumpf erscheint endlos und das Prasseln der Regentropfen ist kaum noch zu vernehmen. Ich schüttel den Kopf, ich muss wissen wie viele es sind, ich zähle wieder von vorn. Doch das Capybara mit dem Hexenhut es macht, was es will. Es geht immer wieder zurück und lässt sich mehrfach zählen. Hexenhut? Ich stelle es schon nicht mehr infrage, meine Augenlider werden schwerer und ich schlafe endlich ein...
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8.12.2020 © Felix Hartmann