Das neue Jahr war erst wenige Tage alt, als zwei junge Frauen am Nachmittag durch die Straßen Tokyos schlenderten. Die beiden Mütter fühlten sich ein wenig komisch, mal ohne ihre Kinder unterwegs zu sein. Kaito und Shinichi, ihre Männer, hatten beschlossen, dass sie sich einen freien Nachmittag gönnen und etwas abschalten sollten. Und so hatte es deren Frauen zum Schaufensterbummel in die Innenstadt gezogen.
„Schau mal, der sieht toll aus.. Der würde Kaito sicher stehen“, schwärmte Aoko, und zeigte auf eine Schaufensterpuppe, die einen langen, gemusterten Schal um den Hals gewickelt hatte.
„Ich bin sicher, dass du so einen selbst stricken kannst“, meinte ihre Freundin lächelnd.
„Meinst du? Ich habe noch nie gestrickt … Ich kann nur Knöpfe und Flicken annähen.“ Aoko schaute zweifelnd.
„Mit der richtigen Anleitung schaffst du es bestimmt.“
„Da muss ich mal schauen. Es wäre schon toll, da könnte ich auch Sachen für die Kinder selbst stricken oder nähen. Ja, das mach ich!“ Aoko war begeistert von ihrem Plan.
„Dann lass uns nach Wolle schauen“, meinte Ran.
Es vergingen einige Tage, an denen die junge Mutter, wenn auch leise, vor sich hin fluchte. Schließlich waren ihre Kinder anwesend, die sie nebenbei beschäftigte. Doch die Kleinen bekamen natürlich mit, dass ihre Mama an etwas arbeitete.
„Mamaa? Was machst du da?“ Die beiden schauten mit großen Augen zu Aoko auf.
„Das ist … Ach, ihr findet es sowieso heraus. Es ist ein Geschenk für euren Vater. Ich versuche einen Schal selbst zu stricken, damit er es schön warm hat, versteht ihr?“
„Jaaaa! Toll!“
„Wie schön!“ Himari und Toichi waren begeistert.
„Aber nichts verraten! Versprecht ihr mir das?“
„Klar, Mama“, kam es wie aus einem Mund.
„Dann seid jetzt lieb und spielt leise. Ich muss mich konzentrieren, denn es ist gar nicht so leicht, was ich mir vorgenommen habe“, erklärte Aoko und unterdrückte ein Seufzen.
„Wir helfen dir“, rief Himari begeistert.
„Das ist lieb von euch, aber…“
„Komm Toichi, wir helfen Mama!“
„Ich halte die Wolle für dich, ja?“ Die beiden schauten hoffnungsvoll zu ihrer Mutter auf, sodass sie nachgab. Sie wollte ihre Kinder nicht enttäuschen, und wer weiß, vielleicht ging es ja wirklich besser, wenn sie halfen?
Die Stunden vergingen und als Kaito spät am Abend nach Hause zurückkehrte, lagen seine Kinder bereits im Bett und schliefen. Aoko empfing ihren Mann mit einem Kuss und ließ sich nichts von den gemeinsamen Arbeitsstunden anmerken. Die drei nutzten weitere Tage, an denen Kaito nicht zuhause war, aus, und arbeiteten an dem Schal. Aoko freute es, dass die Kinder mit Eifer dabei waren. Besonders auf Himari war sie stolz, denn ihr Draht zu dem Mädchen war weniger stark vorhanden, was sie öfter traurig stimmte. Himari hing sehr an ihrem Vater, doch das gemeinsame Stricken stärkte die Verbundenheit zwischen Mutter und Tochter.
Etwa eine Woche später war es soweit.
Kaito kehrte am Abend nach Hause und wurde wie immer von seiner Frau empfangen, doch auch die Kinder waren ausnahmsweise noch wach.
„Hallo Schatz … Was ist denn los?“ Aoko musterte ihn besorgt.
„Ach, es ist nur kalt draußen. Und glatt noch dazu“, meinte Kaito missmutig, doch lachte Sekunden später fröhlich, als Himari und Toichi ihn mit einer Umarmung begrüßten.
„Hallo Papa!“ Die beiden grinsten um die Wette.
„Hey ihr Lieben, was gibt es denn zu lachen?“
„Mama hat was für dich“, kicherte Himari.
„Na ja, man kann sagen, dass es von uns Dreien kommt“, verbesserte Aoko ihre Tochter. Sie verschwand kurz im Wohnzimmer und kehrte daraufhin mit einem eingewickelten Päckchen zurück.
„Für mich? Aber Weihnachten ist doch vorbei“, meinte Kaito verwundert.
„Das weiß ich doch. Nimm es als Neujahrsgeschenk.“
„Mach es auf, Papa!“
„Genau! Aufmachen!“
„Schon gut“, lachte der Familienvater. Mit geschickten Fingern wickelte er das Päckchen aus und zum Vorschein kam der selbstgestrickte Schal in blauen und weißen Farbtönen.
„Den habt ihr selbst gestrickt?“ Kaito schaute überrascht.
„Ja, haben wir.“
„So was kannst du, Aoko?“
„Was soll denn das bedeuten?!“
„Nichts, ich necke dich nur. Dankeschön, das ist wirklich ein tolles Geschenk.“ Gerührt legte er sich den Schal um den Hals und konnte seinen Sohn noch daran hindern, dass er aus Versehen zu fest daran zog.
„Steht der mir, was sagt ihr, Kinder?“ Kaito erhob sich und posierte mit seinem neuen Kleidungsstück.
„Toll, Papa!“ Die beiden freuten sich und wollten danach ebenfalls mit dem Geschenk posieren. Der Schal war jedoch so lang, dass er Himari und Toichi zusammen darin einwickeln konnte. Sie fanden das sehr lustig und kicherten fröhlich, während ihre Mutter ein Foto fürs Familienalbum machte.
Das Geschenk war sehr gut angekommen.