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Nach dem Prompt „Japanbrillenvogel“ der Gruppe „Crikey!“
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"Was machst du da, Tuuxi?" Die lachende Gruppe Jungen blieb neben der halboffenen Schiebetür stehen und sah in das Zimmer dahinter. Dort kniete ein weiterer Elfenjunge auf den Tatami-Matten, vor sich ein ausgerolltes Pergament und einen Pinsel, und ein Stück weiter vor sich ein goldener Käfig mit einem kleinen Vogel darin.
Als der Angesprochene nicht reagierte, traten die Jungen ein.
"Tuuxi?"
"Nicht! Ihr erschreckt den Vogel", sagte Tuuxi leise.
Die anderen Jungen tauschten irritierte Blicke. Schließlich setzten sie sich im Schneidersitz in den Eingang und betrachteten Tuuxi, der seinerseits den Vogel anstarrte, ohne sich zu rühren.
"Versuchst du, ihn zu zeichnen?", fragte Pataru, der das Schreibgerät des Jüngeren studiert hatte. "Ich glaube, wir haben einen ausgestopften Vogel im Kuriositum, genau so einen."
"Ich möchte aber keinen toten Vogel zeichnen."
"Aber ein lebender bewegt sich zu viel." Wie um Pataru recht zu geben, hüpfte der gefangene Brillenvogel und zwitscherte.
"Darum geht es ja", meinte Tuuxi. "Lebendigkeit bedeutet Bewegung. Ich brauche nur den richtigen Moment ..."
"Wie? Wartest du darauf, dass der Vogel für dich stillhält?"
Tuuxi gab keine Antwort.
"Nun, es ist deine Pause." Kopfschüttelnd standen die Jungen auf, um wie alle anderen zum Speisesaal der Akademie der Kunst zu gehen. Was Tuuxi in seiner unterrichtsfreien Zeit machte, war ja seine Sache.
Ohne sich zu rühren behielt Tuuxi den grünen Vogel weiter im Blick, der durch seinen Käfig turnte. Dann kam er, der richtige Moment. Ein Sonnenstrahl fiel durch das Fenster herein. Der Vogel drehte den Kopf und erstarrte. Tuuxi sog den Anblick in sich auf, dann tauchte er den Pinsel ins Fass und zog drei rasche, geschwungene Linien über das Papier. Dann warf er den Pinsel förmlich an die Seite, ergriff das Grün und die Farbeimer, und tupfte den Linien nach.
Er richtete sich auf, keuchend wie nach einem Sprint. Der Vogel regte sich wieder und zwitscherte. Auf dem Blatt trocknete die Tinte, die das Abbild des kleinen Vogels bestens bewahrt hatte. Ein kleiner, grüner Vogel mit einem hellen Ring um das Auge. Er sah nicht direkt lebendig aus, aber so dynamisch, als könnte er sich trotzdem gleich vom Blatt lösen und davonflattern.
Perfekt.
Tuuxi lächelte ein kleines, stolzes Lächeln, bevor er seine Werkzeuge sorgsam verwahrte, die Tinte mit einem Schwämmchen trocknete und das Werk auf eine Holzstange rollte und mit einem Bändchen verschloss.