Der Alte schlurfte durch die tiefen Gänge seiner Burg, wie er es immer machte, wenn ihn etwas sehr beschäftigte. Dass dieses nicht unbedingt gut für ihn und vor allem für seine Bekleidung war, lag etwas an seinem Untermieter, für den Ordnung nicht nur ein Fremdwort, sondern schlichtweg ein Verbrechen an den Wohlfühlcharakter seiner Umgebung war. In dem Modder und Morast steckte wirklich alles, was es in der Welt zu finden gab, manchmal funktionierte es sogar noch. Jetzt lief er seinem Vermieter in gebührenden Abstand hinterher, weil er genau wusste, dass dem Herrn was auf der Seele brannte.
"Watt iss es denn diesmal?", fragte er, als er ungeduldig wurde. "Wieder ne Flamme, die de nich rum bekommst? Die merkwürdige Ideen hat, wie Knoblauchsuppe bei Sonnenaufgang oder sowatt?"
"Nein", sagte der dunkel gekleidete mit dem schon ziemlich verschmutzten Saum und den bis zum Schaft mit Schlamm beschmierten Stiefeln.
"Ham de Holzwürmche Löcher in dinge Sarch jefressen?"
"Nein", kam weiter doch recht betrübt von dem Mann mit dem weißen schmalen Gesicht.
"Iss eine deiner Blutkonserven abjelaufen und du musstes rumkotzen?"
Der Mann seufzte, sah mit seinen im dunklen rot leuchtenden Augen den Mann, wenn es denn einer war, an und sagte wieder Nein, bevor er seinen Weg fortsetzte.
"Will de Steuer dinge Burch pfänden, weil de nie watt bezahlt hass?"
Jetzt sah der Mann seinen recht schleimigen Untermieter verwirrt an.
"Was soll ich nicht bezahlt haben?"
"Steuern. Da kommen so Knilche, denen iss es ejal, datt du da schon über hunnert Jahr ding Auskommen hass. Die wollen plötzlich Jeld ham, weil du ja watt einnehmen muss, wenn du den Dreck anerer Leute uffhebst. Watt glaubst du, warum ich bei dir injezojen bin? Die ham meine Suhle wejen unerlaubter jeschäftlicher Tätichkeiten mit wassergefährdenen Stoffen dicht gemacht. Ich bin dann lieber schnell unger jetaucht, bevor die mich wejen der janzen Knochen jefragt hätten."
Der Alte mit den spitzen Zähnen seufzte. "Ich denke, das hat bisher alles mein Igor gemacht."
"Watt soll datt heißen: Hat jemacht? Macht er datt nitt mehr?"
"Er ist nicht mehr."
"Du hast ihm aber nich jebissen, oder?"
"Ich beiße meine Diener nicht. Wir haben einen Deal."
"Hatte, meenste wohl."
Wieder seufzte der Mann in schwarz und wollte sich wieder zum unruhigen weiterwandern umwenden, da fühlte er den Griff des anderen an seinem Cape. Missbilligend blicke er auf die schleimigen Finger. Der Mann entschuldigte sich und schmierte ihm beim Versuch, den Fleck zu beseitigen, noch mehr ein. Der Alte wehrte den mit fettigen Haaren bewachsenen Mann in den in Fetzen liegenden Kleidern ab, ohne ihn unnötig zu berühren. Aber so hatte der wenigstens wieder dessen Aufmerksamkeit.
"Ich han immer jedacht, datt der Ijor da Vorsorje jetrieben hat. Hat de nitt ene Frau un Kinners jehabt? Früher war datt doch eneso."
"Ja, früher", seufzte der alte.
"Aber der Ijor hatte Kinners?"
"Ja."
"Watt iss dann dinge Problem?"
"Der neue Igor."
"Du hast enne neue? Jetzt verstonn ich ja nix mehr."
"Der neue ist eine Frau."
Der schleimige Mann mit den zerklüfteten Zähnen, der in den alten Sagen als Menschen verschlingender Unhold mit Eselfüßen verschrienen war, die er tatsächlich hatte, die er aber in gut gemachten Schuhen zu verstecken weiß, das einzig wirklich neue an ihm, sah den Burgbesitzer erst ungläubig an und verzog dann sein Gesicht zu einem breiten Grinsen, dass in einem heftigen Lachanfall endete. Der alte Mann, dem nachgesagt wurde, dass er es vor allem auf junge schöne Frauen abgesehen hatte, die er nächtens verführte, sah ihn missbilligend an.
"Ich weiß jetzt nicht, was es da zu lachen gibt", kommentierte der Vampir, als der Ghul langsam wieder Luft bekam.
"Ich lach halt nur, weil datt jetzt de erste Frau iss, die länger in dener Jesellschaft ausharren wid, die du aber, obwohl se dir uffe Jeist jeht, nich beissen darfst. Ich werd so minge Spass ham."
Der alte Vampir seufzte tief und sah nachdenklich in das Dunkel des Tunnels.