Der Morgen hatte erst vor kurzem das Morgenrot verlassen. In den anfänglichen Sonnenschein mischten sich allmählich silbergraue Wolken, die bald von den ersten Schneeflocken kündigen würden. Wobei es nicht wirklich die "ersten Schneeflocken" waren, hatte es doch die Nächte zuvor schon geschneit und Belletristica in eine weiße Winterlandschaft verwandelt.
Wie sie bereits am Vorabend besprochen hatte, begann die kleine Familie sich auf ihre winterliche Expetition vorzubereiten. Ein jeder Hals bekam einen warmen Schal umgerwickelt und wer noch keinen warmen Wintermantel trug, wurde in einen hineingestopft. Während Giggles und Kobacht auf Schuhwerk verzichten konnten, zogen Nina und Felix dicke Winterstiefel an. So dicht verpackt, fiel es dem Meisterbellologen gar nicht leicht seinen blauen Rucksack aufzuziehen. Doch seine bessere Hälfte half ihm, natürlich nur, um sich einen Kuss zu stehlen.
"Mein Panduin", lächelte Felix glücklich und erwiderte den Kuss, natürlich nur um den Kuss zurück zu stehlen.
"Mama, Papa!"
"Los, los!", quengelten Giggles und Kobacht. Ihnen wurde es im warmen Hausflur in der noch viel wärmeren Winterkleidung entschieden zu warm.
So verließ die kleine Familie das Biotopenhaus und machte sich auf im nahe gelegenen Wald einen Baum zu suchen.
Bäume in einem Wald zu finden, ist sprichwörtlich zwar ein leichtes, doch nicht jeder Baum eigent sich als Weihnachtsbaum. Für den erfahrenen Baumschmücker ist es klar, dass man nach einem Nadelholz sucht, doch was ist mit jemandem, dessen erstes Weihnachten es ist? So hatten sich Giggles und Kobacht die Suche nach einem Baum wohl leichter vorgestellt und sogleich am Waldrand auf die ersten kahlen, blätterlosen Bäume gezeigt und gemeint sie hätten den Baum für das Wohnzimmer gefunden. Nina und Felix erklärten den beiden nach was für einem Baum sie suchen würden.
"Eine Tanne, also einen Baum mit grünen Nadeln. Daran lassen sich Weihnachtskugeln und Lichterketten besonders gut aufhängen und der Baum selbst sieht auch sehr schön aus."
"Oder ein anderer Kiefernartiger (Coniferales) Baum.", ergänzte der Meisterbellologe, der die wissenschaftliche Genauheit im Blut hatte. Seine Frau knuffte ihn leicht und blickte erst zu ihrem Göttergatten, dann zu ihren Kindern. "Meinst du nicht, dass es für Wissenschaft noch etwas zu früh ist?"
"Für Wissenschaft ist es nie zu früh."
"Du Doofi.", verdrehte Nina die Augen und küsste ihren Meisterbellologen zärtlich.
"Mama, Papa."
"Es wird kalt, lasst uns weitergehen, los los.", quengelten Giggles und Kobacht. So lief die kleine Familie tiefer in den Wald.
Der Schnee knirschte unter ihren Füßen, zaghaft unter den kleinen Füßen von Giggles, etwas lauter unter den Füßen der Eltern und lautlos unter den fleigenden Füßen von Kobacht - zumindest, wenn der kleine Drache flog und nicht durch den Schnee hüpfte.
Auch wenn die kahlen Bäume keine Blätter trugen, war es im Wald schummerig, was vor allem an den nahenden Schneewolken lag. raureif ummantelte die Zweige und an manchen fand man sogar Eiszapfen.
Tief sog Nina die kalte Luft ein und atmete sie in gestaltvollen Schemen wieder aus.
"Brrrr, dass fühlt sich großartig an!", sagte sie leicht fröstelnd. Ihre Augen funkelten wie Schnee im Sonnenglanz und die Röte ihrer Wangen betonte diese noch in bezeichnender Weise. "Nichts übertrifft einen Sparziergang im Wald!", lachte sie, als Giggles und Kobacht durch den Schnee hüpften. Felix konnte ihr nur zustimmen, sie hatte etwas Mitreßendens ihn stets entwaffnendes. Doch auch ohne seine bessere Hälfte mochte Felix den Schnee sehr, nicht nur puderte er die Bäume und gab dem grauen Winter mehr Nuancen. Schnee war auch eine ideale Fundgrube für Tierspuren. Die Augen des Meisterbellologen wanderten umher und fanden Schätze überall.
So erblickte er Spuren von Plotbunnys, Waschdachsen und Mausbuffeln. Doch nicht nur Spuren entdeckten die wachen Augen des Meisterbellologen, er erblickte auch einen Vogel unweit seiner Liebsten. Mit dem Zeichen, sich das Tier in Ruhe anzusehen, zeigte er seinen Liebsten das Tier.
"Und Schatz.", flüsterte er, "Was für ein Vogel ist das?"
Nina schaut angestrengt den schwarzen Vogel an, es war bestimmt eine Ahnsel, ein sehr häufiger Vogel in Belletristica, mit der Fähigkeit Bewegungen von anderen vorauszuahnen. Sie waren häufig im Garten des Biotopenhauses zu sehen. Doch was wenn es keine Ahnsel war, sondern ein anderer Vogel? Nina wollte sich vor ihrem Liebsten nicht blamieren und als uniformiert gelten.
"Äh ein schwarzer?", sagte sie mit einem fast sichtbaren Heiligenschein.
"Ein schwarzer?!", blaffte Felix mit einem verschmitzten Lächeln, "Das könnte nach deiner Beschreibung auch ein Kasuar sein, du Nase.", er pausierte und führte aus, "Das ist eine Ahnsel (Turdus suspicor) eine Vogelart aus der Familie der Drosseln (Turdidae). In Origin sind das die häufigsten Vögel."
"Äh ja ich weiß, ich äh, wollte mich nicht blamieren."
"Ah ja."
"SCHAAAAAATZ.", schaute Nina traurig.
"Ich mach doch nur Spaß.", sagte der flauschige und küsste seine Liebste entschuldigend auf den Mund.
Weiter folgten sie den Tierspuren von Schlaufüchsen tiefer in den Wald.
"Der Schlaufuchs ist eine Kitsuneart. Er gehört zu den inteligentesten Geschöpfen der Welt. Selten bekommt man sie zu Gesicht, aber der Schnee verät, wo sie waren.", erklärte der Meisterbellologe seiner Familie, den Spuren folgend.
"Wie heißt der den auf Schlau?", fragte Giggles neugierig, der kleine rote Panda, verstand zwar nicht die seltsamen Worte, aber es klang lustig, wenn Papa sie aussprach.
"Kitsune luani, benannt nach meinem Schülerwesen.", antworte der Meisterbellologe.
"Oh nach Lu.", staunte Giggles, "Ich hoffe auch irgendwann in einem Schlaunamen zu stehen!", sagte der kleine rote Panda und schaute dabei wie ein Flowery. Er tapste durch den Schnee und war glücklich. Während sich Kobacht etwas erschöpft auf der Schulter seines Papas ausrute. Nina und Felix lächelten, als sie ihren Giggles im Schnee tollen sahen. Bald würde er ein Jahr alt werden, wie die Zeit verging.
"Oh was ist das?", fragte Giggles und weckte die Aufmersamkeit seiner Eltern, welche zu ihm liefen.
Im Schnee hatte Giggles eine Fährte entdeckt und schnupperte daran. "Riecht kalt.", meine der kleine, rote Panda, sich die nase reibend, als er den Schnee beim Schnuppern berührte.
Nina blickte zu ihrem Schatz, dieser war bereits in die Hocke gegangen und untersuchte die Spuren eingehend. Seinem ernsten und hoch konzentrierten Blick zu urteilen, hatte der Meisterbellologe, nein Giggles, etwas besonderes gefunden.
"Was ist es für ein Tier?", fragte Nina neugierig.
"Etwas neues.", meine der Meisterbellologe Gedankenverloren kurz angebunden und begann die Spuren zu vermessen und mit einer magischen Lochkamera abzulichten. Daten sammeln, war eine sehr wichtige Aufgabe für einen Meisterbellologen. Sich langsam auf die Anwesendheit seiner Familie besinnend, begann er zu sprechen, langsam und mit ruhigen Worten, als wolle er die entdeckten Spuren nicht aufscheuchen. Doch ein leichtes zittern freudiger Aufredung, war in jedem Wort spürbar.
"Schau dir mal Giggles Spuren an.", meinte der Meisterbellologe und zeigte auf die Schneetapsen, des kleinen, roten Pandas. Nina blickte sie genau an.
"Und jetzt, die Spuren die Giggles gefunden hat. Was fällt dir auf?"
Nina blickte die Spuren von Giggles an und dann die neu entdeckten. Sie waren eindeutig größer, viel größer, als vom kleinen Giggles.
"Sie sind größer. Riesengroß. Meinst du, die sind von einem Riesengiggles?", fragte die Schönheit mit leuchtenden Augen. Selbst in vollem Wissenschaftlichkeitsmodus fiel es Felix schwer nicht für einen Moment daran zu denken, wie süß, seine Nina war.
"Ja, um genau zu sein, mindestens doppelt so groß, wie die Spuren eines ausgwachsenen Roten Pandas, aber nicht nur das! Schau hier bei der Fährte des "Riesengiggles", sieht man leichte Schleifspuren, wenn du genau hinsiehst, kannst du sogar zwei Schleifspuren sehen. Die eine ist in ihren Rändern wenige prominent und scheint sich in ihrem Ende zu verjüngen. Was vermutlich die Schleifspur eines sehr buschigen Schwanzes ist. Die andere ist prominenert, sie muss von etwas festerem als flauschigem Fell geschaffen worden sein. Aufgrund der Lage und Form scheint es eindeutig vom Bauch zu stammen. Also wenn du so willst ein Hängebauch-Riesengiggles.
Nina quietschte und wackelte fröhlich hin und her. Diese Entdeckung klang himmlich.
"Wie würde der auf schlau heißen?", fragte Giggles neugierig.
"Noch ist es zu früh für einen wissenschaftlichen Namen.", meinte der Meisterbellologe, "Aber ich habe schon eine Idee, wie er heißen könnte."
"Wie denn?"
"Lass dich überraschen."
"MAMA. Papa will es mir nicht sagen.", schniefte Giggles gespielt.
"Schatz!", Nina schaute ernst.
"Es wird euch alle freuen!", stammelte Felix.
Aufgeschreckt vom Gespräch erwachte Kobacht und der kleine, blaue Drache, gähnte ausgiebig.
"Haben wir den Baum schon gefunden?"
"Noch nicht."
"Lenk nicht vom Thema ab.", entgegnete Nina.
"Was ist mit dem da?", Kobacht rieb seine verschlafenen Äuglein und flatterte zu einem weiß bepuderten, nicht allzugroßen Nadelbaum. Ein prächtiges Bäumchen, mit ausladenden und dichten Nadeln. Der kleine Drache landete auf dem Bäumchen und ließ sich auf einen der Zweige plumpsen. Tragfähig für allerhand Schmuck schien der Baum zu sein.
"Die Nadeln sind relativ senkrecht und verlaufen parallel nach außen aus.", murmelte der Meisterbellologe einen Zweig in die hand nehmend und darüber streichend, "Die Nadeln verlaufen zudem in einer deutlichen geraden Linie nur links und rechts des Zweiges.", sich an die anderen richten, "Es ist eindeutig eine Tanne."
"Darauf wäre ich nicht gekommen.", meinte Nina etwas schnippisch ihren Freund aufziehend.
"Wie bekommen wir den Baum aus dem Wald?", fragte Giggles.
Normalerweise hätte man wohl eine Axt genommen und den Baum geschlagen. Doch nicht im Hause des Meisterbellologen. Dieser sprach einige Worte auf altdryadisch. Der Baum begann grün zu leuchten und löste sich aus dem Boden, samt Wurzelgeflecht.
"Jetzt müssen wir ihn nur noch nach Hause bringen.", meinte Felix, zog ein Seil hervor und wickelte es um den Stamm des Baumes. Nachdem er geprüft hatte, dass das Seil fest um den Baum gebunden war, begann er diesen mit sich zu ziehen.
"Schatz ich kann auch ziehen!", sagte Nina mit großen, bekümmerten Augen. Sie machte sich Sorgen, dass ihr Freund sich, wieder einmal, zu viel zu mutete.
Felix beugte den linken Arm: "Kein Problem Schatz, dein Freund ist doch stark.", er pausierte und ergänzte mit einem Lachen, "Außerdem ziehe ich sehr gerne Dinge durch die Gegend."
Nina gesellte sich zu ihrem Freund ans Seil und zog mit ihm: "Ich bin auch stark!"
Felix lächelte: "Mein süßer Doofi du."
"Selber, du Riesendoofi."
Giggles und Kobacht waren von dem langen Tag im Wald sehr müde und kletterten auf den Baum um dort sich auszuruhen.
Die silbergrauen Wolken, welche den Schnee bereits vor Stunden angekündigt hatten, entließen die ersten Flocken. Langsam glitten sie zum Boden. Einige verfingen sich in den braunen, langen Haaren von Nina und den kurzen, dunklen Haaren ihres Freundes. Felix konnte nicht anders, als dies zu bemerken. Die Kälte hatte Ninas Gesicht rot gefärbt und sie sah in diesem Moment so unfassbar süß und schön aus. Er konnte sein Glück nicht fassen und zögerte nicht ihr einen Kuss auf den Mund zu geben. Nina erwiderte den Kuss glücklich.