Verhandlungssache
Christoph hatte mir empfohlen, es am Samstagabend hinter der Markthalle zu versuchen. Ich wurde schnell fündig.
Das große, schlanke Mädchen hatte hohe schwarze Stiefel an, eine löchrige Jeans und ein Lederkorsett.
„100 Euro“, sagte sie und schaute mich mit schönen braunen Augen gelangweilt an.
Ich musste schlucken, kramte in meiner Hosentasche und leerte die Geldbörse. Ich hatte eh nie viel Bargeld dabei – heute waren es 52,60 Euro.
Das Mädchen überlegte und nagte an ihrer Oberlippe. Hätte ich mehr als 60 gehabt, wir wären uns sicher einig geworden. Ein Schatten löste sich von der hinteren Wand der Arkaden. „Sieh an, ein Arschloch-Mensch“, dachte ich, und hätte es beinahe laut ausgesprochen. Aber man soll Leute ja nicht nach ihrem Aussehen beurteilen.
„Da hinten ist ein Geldautomat“, sagte der Typ und zeigt mit dem Daumen in Richtung Marktplatz. Ich schaute ihm kurz in die Augen und lief los. Fünf Minuten später bin ich wieder da, halte ihr die 52,60 hin und den 50er, den ich gezogen hab. Ein wenig Trinkgeld finde ich immer angebracht.
Sie zieht kurz den rechten Mundwinkel nach oben. Mann, was hat die für tolle Augen. Und eine Superfigur. Noch einmal zuckt ihr Mundwinkel.
„Tut mir leid, die Preise haben sich erhöht. Kostet jetzt 150.“
Sie machte mit dem Kopf eine Bewegung nach hinten zu den Arkaden, wo der Arschloch-Mensch irgendwo im Dunkeln stand und aufpasste. Ich schnaubte laut und knüllte die Scheine in der Faust zusammen. Sie zuckte mit den Schultern, gerade so, als täte es ihr leid.
„Ich komm gleich wieder“, sagte ich. Dieses Mal dauerte es etwas länger und ich kam nicht alleine. Ich hatte Bruno dabei.
Zugegeben, Bruno ist nicht der Hellste, und er war selten so richtig bei der Sache. Auch jetzt nicht. Er stand etwas abseits und schaute in die andere Richtung, warum auch immer. Er war auch nicht besonders groß, ging mir im Stehen gerade mal etwas über die Hüfte. Aber auf ihn war Verlass. Und er hinterließ Eindruck.
Das Mädchen schluckte, als sie uns sah. Gemeinerweise war ich von der anderen Seite gekommen und stand ziemlich plötzlich vor ihr. Sie öffnete den Mund, gab aber keinen Ton von sich.
„Sag nichts“, meinte ich. „Ich weiß, was du denkst. Die Preise haben sich schon wieder geändert.“
Sie schaute nach hinten in die Arkaden. Herr Arschloch verdrückte sich gerade um die Ecke. Sie schluckte trocken: „Die 100 Euro, die stimmen schon noch.“ Ihre Stimme war leise, kaum zu hören.
Ich schüttelte den Kopf. „Nein“, erwiderte ich, kramte in meiner Hosentasche und gab ihr die 2,60 Euro. Sie zögerte, schaute noch einmal zur leeren Arkade, nahm das Geld und gab mir die Kamera, die sie oder ihr Arschloch-Freund mir heute Nachmittag im Café geklaut hatten, als ich einen Moment unaufmerksam war.
Bruno pisste an den Pfeiler und schnüffelte dann an ihrem Lederkorsett herum. Das Mädchen zitterte leicht. Aber das ging den meisten Menschen so, wenn ihnen mein Dobermann-Dogge-Mischling zu nahekam.