Nachdem Sascha, diesen Namen, musste ich mir wie süßen Honig auf der Zunge zergehen lassen, außerhalb meiner Sichtweite war, startete ich das Auto. Dennoch schaffte ich es nicht, den Befehl, der im Kopf hauste, auf die Füße zu übertragen. Ich wusste nicht, wie lange ich auf dem Parkplatz vor dem High Skills stand und vergebens versuchte, mir ›nicht‹ vorzustellen, wie er sein könnte. Wie er sich unter mir aufbäumte, wie er stöhnte. Welches Gesicht er machte, wenn er kam. Wie warm und eng sein süßer Hintern sein könnte und welche Stellung ihn zum Schreien brachte. Wie viele Ergüsse er haben konnte, bevor er mich anflehte, aufzuhören. Und ganz besonders, wie er schmeckte.
Ich wollte ihn schmecken. Ihn riechen, ihn vollständig inhalieren. Einnehmen und für mich beanspruchen. Er gehörte mir, er sollte mein sein.
Diese Gedanken und viele mehr drangen unaufhörlich in meinen Verstand und nicht einmal ein energisches Kopfschütteln, verscheuchte sie. Ich musste ihn vergessen. Aus meinem Gehirn verbannen. Er war nicht einer der Üblichen, die ich immer hatte. Nein. Er war kein Twink.
Er war ein Top, so wie ich, und doch schlich sich seine Unwissenheit, seine Unschuld in meinen Verstand. Genau genommen war er keins von beiden. Er war mit Sicherheit noch jungfräulich. Unerfahren.
Eine Jungfrau, das fehlte mir gerade noch. ›Gott! Kyel. Eine Jungfrau? Kommt überhaupt nicht infrage. Außerdem und das hast du anscheinend vergessen, er ist der Sohn von Markus Fleischhauer.‹
Ein sehr fähiger Mann und mit ihm wollte ich es mir nicht verscherzen, denn es war ungemein schwer jemand Neues zu finden, der für diesen Posten, die erforderliche Kernkompetenz aufweisen konnte. ›Also lass die Finger von ihm.‹
Ich musste mich abreagieren. Meine Gefühle, nein, meine Geilheit tanzte Cha-Cha-Cha mit mir und endlich schaffte es mein Fuß, das Gaspedal zu betätigen.
Auf direktem Weg fuhr ich ins Glamour und dort, vergebt mir die Ausdrucksweise, vögelte, fickte, bumste ich mir die Seele aus dem Leib. Keine Ahnung in wie viele enge Ärsche ich mich versenkt hatte oder mir Blowjobs verpassen ließ. Nur brachte mir das nichts. Sein Gesicht, seine Körperhaltung drangen sich immer wieder vor mein geistiges Auge.
Danach fuhr ich erschöpft nach Hause und fiel ins Bett, nur, um am nächsten Tag, von Saschas Gesicht und seinem emotionslosen Ausdruck, geweckt zu werden. Der meiner Ansicht nach, gar nicht so emotionslos war. Ein Aufblitzen in seinen Augen. Eine leichte Regung seiner rechten Augenbraue und vor allem, diese eine Reaktion, nachdem die Cola auf seiner Hose vergossen worden war. Die war köstlich.
Scheiße! Ich hob die Decke an und sah die Wölbung in meiner Shorts. ›Das darf doch wohl nicht wahr sein! Zuerst vögelst du die ganze Nacht und nun das?!‹
Wo war meine Selbstbeherrschung geblieben?
Mir blieb nichts anderes übrig, als aufzustehen und mich unter die Dusche zu stellen.
›Oh Bursche, komm in meine Finger. Ich werde dir zeigen, wo es lang geht. Wie kannst du es wagen, mich zu verfolgen und selbst, wenn du nicht da bist, mich so geil werden zu lassen. Diese Reaktion bei mir heraufzubeschwören, nur durch deinen viel zu köstlichen Ausraster!‹
Ich stützte mich an den Fliesen ab, ergoss mich und schloss meine Augen. Meinen Spuren nachzuschauen, wie sie im Abguss verschwanden, war mir zuwider. Ich wollte meinen Saft in seinen Mund spritzen und sehen, wie er ihn schluckte. Sein Gesicht beobachten, wenn er dies tat. Und wenn er sich weigern sollte, ihn dafür bestrafen. Ja bestrafen und ihn dann belohnen, …
Mein Handy klingelte und ich öffnete die Augen. Die Bilder, im Kopf, versuchte ich wegzublinzeln und stieg aus der Dusche. Nahm das Handy in die Hand und sah nach, wer mich angerufen hatte.
»Fleischhauer!«
Schock! Scheiße! Der Junge war sein Sohn.
›Komm runter Kyel. Du hast dir gerade selbst einen geschrubbt. Das sollte bis nach dem Meeting anhalten.‹ Der nächste Schock. Das Meeting fand bei Markus Fleischhauer statt und ich legte meinen Kopf in den Nacken. Blickte rauf zur Decke.
›Jetzt wirst du gefordert, Kyel Kastner. Jetzt kannst du beweisen, aus welchem Holz du geschnitzt bist. Sascha Fleischhauer ist Tabu.‹ Gerade so jemand war genau mein Typ. Er fiel in mein Beuteschema, aber war unantastbar. Was für eine Kombination?
Ich rief Markus Fleischhauer zurück und wieder hatte er die gleiche Leier am Start. Und wieder versuchte ich ihn mit sachdienlichen Hinweisen zu überzeugen, dass ich mir das nicht leisten konnte. Warum nur hielt Fleischhauer so große Stücke auf Toroma? Das war ja nicht zu fassen! Vor allem, weil ich mit meinem Preis, schon über die Hälfte runtergegangen war. Noch weiter runter und es deckte nicht einmal mehr meine Unkosten. Außerdem hatte ich das Monatsgehalt meiner Vorstandsmitglieder zu zahlen und davon hatte ich drei, einer davon war Fleischhauer. Ganz zu schweigen von den 200 Männern, die noch für mich arbeiteten. Wo blieb dann ich? Ich blickte in die Röhre. Sicherlich hatte ich privat sehr viele Rücklagen. Wenn ich wollte, könnte ich die ganze Karibik kaufen, aber darauf zurückzugreifen, das ging nun mal gar nicht.
Den ganzen Tag über ging mein Handy und allmählich verfluchte ich das Ding. Warum nur wurde das Meeting auf einen Samstag verlegt?
In meinem Navigationssystem gab ich die Straße von Fleischhauer ein und fuhr los. Keine fünfzehn Minuten später parkte ich den Jaguar und erblickte schon Mr. Houer und Mr. Freim, die sich angeregt unterhielten. Die beiden waren die besten Menschen, die je in mein Leben getreten waren. Ohne sie wäre ich nicht da gewesen, wo ich zu diesem Zeitpunkt war und ich verteufelte schon den Tag, an dem man mir verkünden würde, dass einer der beiden in seinen wohlverdienten Ruhestand ging.
Leider war das im Moment nicht das Problem, um das ich zu kämpfen hatte. Mein Problem lag hier, in diesem Haus und nicht einmal ein ganzer Tag Arbeit, hatte es geschafft, ihn aus meinen Gedanken und aus meinem Körper zu verbannen. Er war wie ein Egel, der sich an einer unerreichbaren Stelle festgesaugt hatte. Dennoch schmunzelte ich vor mich hin.
Die Begrüßung der beiden verlief wie immer. Ein kurzes »Guten Abend«, und »dann gehen wir mal los«, war alles.
Ein elektrischer Türöffner öffnete die Eingangstür und schon standen wir im Treppenhaus. Altbau mit leichtem Modergeruch schlug mir in die Nase. Ich machte mir keine Gedanken darüber, wie heruntergekommen das Haus war oder wie renovierungsbedürftig. Ich wusste, dass die Familie Fleischhauer in einer Mietwohnung lebte und durch die wenigen Erzählungen von Markus wusste ich ebenfalls, dass es ihnen nicht immer gut ergangen war.
Markus stand bereits in der dritten Etage an der Tür und erwartete uns. Wie es seine Art war, begrüßte er uns sehr freundlich und führte uns in die Wohnung. Beim ersten Blick erkannte ich, dass die Wohnung sehr geschmackvoll eingerichtet war. Nicht viel und genau dieser Stil passte zu Fleischhauer. Wieder sah ich ›ihn‹ vor meinem geistigen Auge und musste unwillkürlich schmunzeln. Es passte hervorragend zu ihm. Er war emotionslos und diese Wohnung strotzte vor Lebensfreude. Zwei Gegensätze, die sich gegenseitig anzogen.
»Mr. Kastner, Mr. Houer, Mr. Freim. Darf ich Ihnen meine Familie vorstellen. Das ist meine Tochter Sarah, meine Frau Loren, und das ist, …, …, …«
Warum machte er so eine große Pause? Aber dies interessierte mich nicht. Ich war gefangen. Ich war in seinen Augen gefangen, in denen ich sah, dass er mich wiedererkannte. Besonders seine Farbe, die stechend in mich eindrang. Waren sie gestern dunkel und glanzlos, nur von dem Strahler der Kneipe erleuchtet, so strahlten sie nun. Sie schienen allerdings nicht zu wissen, welche Farbe sie annehmen sollten. Grün/Braun oder Braun/Grün oder wohl eher grünlich braun.
»… - Sascha!«
Kurz blickte er auf seine Finger und schleckte verstohlen die Remoulade ab. Aber ich hatte es gesehen und ganz besonders, wie er danach über seine Lippen geleckt hatte. Mich fassungslos anstarrte und wieder diesen emotionslosen Ausdruck annahm. Dies alles, in weniger als dem Bruchteil einer Sekunde, und er reichte mir die Hand, ohne zu zögern.
Warm, sanft, unberührt. Allein diese Vorstellung elektrisierte mich, jagte ein Kribbeln durch meinen ganzen Körper und ich verfluchte das Meeting. Ich wollte ihn. Egal wie. Ich musste ihn haben. Egal wie.
Oh Mann, womit hatte ich das verdient? Wie schon die ganzen Tage vorher kamen wir wieder auf keinen Nenner.
Eigentlich war dieses Meeting nicht dafür gedacht über geschäftliche Dinge zu reden, sondern um den privaten Kontakt etwas aufrechtzuerhalten. Aber Fleischhauer war wohl anderer Meinung und deswegen dauerte es nicht sehr lange, bis der Vorschlag kam, noch etwas Trinken zu gehen. Ich selbst wimmelte dieses Vorhaben ab, fragte im gleichen Atemzug, wo sich die Toilette befand, und sagte dann, dass ich mich selbst rauslassen könnte.
Während die anderen die Wohnung verließen, ging ich Richtung Toilette. Auf den Weg dorthin hörte ich leise Musik und ihr folgend, entdeckte ich, ein typisches, aus Deutschland stammendes Türschild. Der Name darauf gehörte dem Traum meiner letzten Nacht.
Brutal pochte es in meiner Lende. Allein nur durch den Namen und ich verschwand auf die Toilette.
So gut es ging, erledigte ich mein Geschäft, welches sich recht schwierig gestaltete, da ich eine Erektion hatte. Mit einer Erektion pissen zu wollen, war recht unangenehm, wenn nicht unmöglich.
›Scheiße‹, schoss es durch meinen Kopf. Die Bilder und Gedanken, die durch mich hindurch huschten, musste ich verdrängen. Es wäre ein Fehler.
Ich konnte und ich durfte es nicht. Es war eine Regel, die ich selbst für mich aufgestellt hatte. Immerhin gab es genügend Männer, die mich wirklich liebend gerne, in ihrem Bett hätten. Von den Frauen ganz zu schweigen. Wenn ich wollte, so könnte ich fünf an jedem Finger haben und noch mal so viele an meinem Schwanz.
Es wäre ein Fehler. Ein süßer dazu. Gänsehaut brach überall bei mir aus. Nur allein durch diesen Gedanken. Den verbotenen Gedanken. Fest presste ich meine Lippen aufeinander. Und doch! Ich blickte an mir hinab und musste tief einatmen.
Ich musste es ignorieren. Diesen Drang, zu ihm zu gehen. In seine Augen zu blicken, nur um mir wieder Gedanken darüber zu machen, wie ich sein inneres Gefängnis, das er sich selbst erschaffen hatte, aus Gründen, die ich nicht kannte, aufsprengen könnte.
›Kyel, wenn du fertig bist, dann gehst du schnurstracks zur Wohnungstür hinaus und schließt sie hinter dir. Es ist ein einfacher Vorgang. Nichts Weltbewegendes. Einfach, … so, … eine alltägliche Handlung, die du mehrmals, ohne zu zögern oder zu zählen, wie oft du es tust, vollführst. Aber ein kleiner Anblick. Ein Abschiedsanblick. Tschüss zu sagen, welches in ein nimmer Wiedersehen ausartet, ist nicht verkehrt. Anstand. - Nennt man so was. Nur ein Einfaches, … - Auf Wiedersehen!‹, nahm ich mir vor.
Noch bevor ich mir weiter Gedanken darüber machen konnte, hatte ich die Türklinke bereits heruntergedrückt und die Tür geöffnet, ein wahnsinniger Anblick bot sich mir da.
Dieser Körper war in einer unnatürlichen Haltung, wie vielleicht aus dem Kamasutra, über das Fensterbrett gebeugt. Seine eng anliegende Jeans, - ›Herrgott, die sollte verboten werden‹ umrandete sehr vorteilhaft, seinen Hintern.
Ich konnte meinen Blick kaum von ihm wenden, schloss leise die Tür hinter mir und trat weiter in sein Zimmer. Es war klein und ziemlich vollgestopft. Besonders diese vielen Teddys. In allen Variationen waren diese Teddys vorhanden.
Und wieder kam mir sein kleiner Ausrutscher in den Sinn, der mich schmunzeln ließ. Ich sprach ihn an. Er erschrak und verlor seinen Halt.
Schnell und ohne zu zögern, denn ich sah ihn bereits unten auf dem Gehweg liegen, packte ich ihn an seinem Handgelenk und zog ihn zurück. Durch den Schwung landete er in meinen Armen. Und nun traf mich sein Duft und das nicht nur in der Nase.
Das High Skills war eine Schande, solch einen lieblichen Duft zu übertünchen, zu verschlingen, für sich zu beanspruchen. Nie im Leben hätte ich gedacht, dass mich ein Körpergeruch, der aus Duschgel und leichten, okay, billiges Körperspray bestand, so für sich beanspruchen könnte. Meine Gier erwachte. Mein Verlangen schrie auf.
Doch ich konnte nicht. Ich konnte ihn nicht einfach nehmen, wie die Männer der letzten Nacht oder die, der vielen Nächte davor.
Er war anders. Einnehmend. Beanspruchend. Alles an ihm verlangte, mich zu besitzen. Er wollte mich. Ich spürte es und auch, als ich sah, wie er seine Emotionen in sich verschloss. Seine Mimik auf das Minimum reduzierte und mit seiner ganzen Körperhaltung auf Abstand ging. Selbst als er sich in mein Hemd krallte und ich seine innere Abwehr spürte. Selbst als sein ganzer Körper den Schock verdaute und er den Herrgott anrief. Selbst als seine nicht geflossene Träne eintrocknete. Sah ich es klar vor mir. Er wollte mich.
»Warum bist du in meinem Zimmer?«
Ein Dämpfer, in diesem Moment und ich erkannte, dass er zwar mit sich spielen ließ, es aber einen hohen Preis hatte.
Welcher es war? Ich wusste es nicht, war aber bereit dazu, diesen Preis zu bezahlen. Nur um für einen kurzen Augenblick, den Anblick zu genießen, wie er sich fallen ließ.