Erstes Kapitel
Meine Reise begann ... oder vielmehr unsere Reise, also auch die meiner treuen Mannschaft, begann auf Rithacca, denn schließlich durfte ich meine außergewöhnlich tapfere Crew bis zum Ende bei mir wissen. Auf Rithacca, einem schäbigen und drittklassigen Bergbauaußenposten der mächtigen Rohstoffunion der Kosmischen Konstellation, wurde unser Kosmoingenieur Emblow Ronken unerwartet gefangen genommen.
Ronken war der einzige Astarianer unserer damaligen Besatzung und noch dazu ein völlig friedliebender Pazifist. Seine Anklage lautete auf schwere Körperverletzung im Zusammenhang eines Aufruhrs und Störung der öffentlichen Ordnung. Die Behörden waren in diesem Punkt rigoros und verhängten eine immense Kaution. Einen Creditbetrag, den Emblow Ronken mir damals einfach nicht wert zu sein schien, das muss ich heute leider ehrlich zugeben. Trotzdem wollte ich ihn natürlich so schnell wie möglich zurück an Bord holen, damit ich diesem staubigen Alptraum von einem Außenposten endlich entfliehen konnte. Woanders wartete möglicherweise das Geschäft meines Lebens auf mich. Das war eigentlich alles, was mich noch antrieb, Business ohne Grenzen. Meine eigene Rastlosigkeit war mir selbst immer ein großes Rätsel. Ich musste einfach weiterziehen, als wäre ich ständig auf der Flucht. So besorgte ich Emblow den besten juristischen Androiden, den ich finden konnte und verlangte nach einer baldigen Anhörung vorm Strafgericht. Nachdem einige Credits aus meiner Tasche in die offenen Hände des richtigen Bürokraten gewandert waren, sollte ich schließlich die gewünschte Anhörung drei Tage später erhalten. Als Erster Captain der Engelsflügel übernahm ich selbstverständlich die Verantwortung für mein Crewmitglied, damit ich an der Verhandlung teilnehmen durfte. In der Zwischenzeit nutzte ich die drei Tage, um meine eigenen Nachforschungen anzustellen. Dem Spürsinn für Wahrheit meines treuen Kameraden Mon Diy Sha und einiger weiterer hart verdienter Credits war es zu verdanken, dass wir den tatsächlichen Verlauf der Ereignisse, die zu Emblow´s Verhaftung geführt haben rekonstruieren konnten.
Es stellte sich allerdings heraus, dass entgegen allen unserer Erwartungen, scheinbar genau das geschehen war, was die örtlichen Behörden unserem Astarianer vorwarfen. Diesen Schock musste ich damals erst mal verdauen, so ging ich mich betrinken und grübelte über das seltsame Verhalten meines sonst so vorbildlichen Ingenieurs nach. Vielleicht hatte ihn jemand derart beleidigt, dass er nicht anders konnte, als zuzuschlagen. Aber welche Worte, seien sie noch so widerlich und persönlich, sollten diesen friedliebenden Kerl so aus der Fassung bringen? Auf den Videosequenzen war nur zu sehen, dass er zuschlug, nicht aber, was davor geschah. Ton gab es auch nicht, sodass eine mutmaßliche Unterhaltung, die vorab stattfand, auch verborgen blieb. Das Opfer war interessanterweise auch ein Astarianer namens Ulmar Lang, ein Hafenarbeiter, wie es aussah. Vielleicht war es ein interner Konflikt zwischen zwei Astarianern, den ich nicht verstand, der zu dieser Kurzschlusshandlung geführt hatte. Ich nahm mir nochmal den Krankenbericht vor und las ihn wieder und wieder, während ich mir ein Bier nach dem anderen genehmigte. Irgendwann verschwammen die Zeilen vor mir. Schlauer bin ich dadurch nicht geworden. Das linke Jochbein war angebrochen, die Nase war zweimal gebrochen, am Knorpel und am Nasenwurzelknochen. Drei Zähne wurden ausgeschlagen und scheinbar hatte sich dieser Ulmar Lang dabei selber ein Stück Zunge abgebissen und hinuntergeschluckt. Sehr appetitlich. Dass Emblow’s Fäuste das alles binnen einer Minute, denn so lange dauerte der Kampf laut Videoaufzeichnung, angerichtet haben sollen, war mir ebenfalls ein Rätsel. Außerdem wusste ich, dass Emblow ein Linkshänder war und die Schäden bei Lang alle auf der linken Gesichtshälfte zu finden waren. Das passte auch nicht zusammen, denn sie hätten rechts sein müssen. In einer Kampfsituation, dass wusste ich aus eigener Erfahrung, benutzte man instinktiv die stärkere Faust. Als ich merkte, dass ich mit meinem Rätselraten nicht weiterkam, bezahlte ich meine nicht unerhebliche Zeche und schaute den Wirt mit erhobenen Augenbrauen an, als er mir vierzehn Schwarzbiere in Rechnung stellte. Sei es drum, ich gab ihm die fälligen Credits und noch fünf mehr als Trinkgeld. Kurz bevor ich einige Sekunden später dem Ausgang entgegen torkelte, tappte ich geradewegs in die Falle einer ...