Nach langer Sommerpause fand gestern endlich wieder eine Kleidertauschparty statt. Sie begann mit Hindernissen: Als in dem Stadtteil praktisch Ortsunkundige und ohne Navi stoppt mich ein unerwartetes Durchfahrt-verboten-Schild samt Straßen-Sperrungen bei der Anreise. Also weit weg parken und spazieren gehen ... kann ja nicht schaden. - Aber: Kurz vorm Ziel stelle ich fest, dass ich was Wichtiges im Auto vergessen hatte. Okay, und marsch, marsch zurück.
Endlich doch vor Ort, bleibt mir nichts anderes übrig, als mich in die Schlange der Wartenden einzureihen. Letztes Mal konnte man doch schon eine Stunde vorher in die Räumlichkeiten? Aha, denke ich, so schnell halte ich etwas für normal, das offenbar vor einem halben Jahr ein freundliches Entgegenkommen der Organisatorinnen war.
Mit einer Viertelstunde Verspätung werden wir schließlich aus der grauen Novemberkälte erlöst und dürfen - uns in eine Schlange stellen, um die mitgebrachten Teile abzugeben. Die Privilegierten können schon mal stöbern. Das sind alle, die ihre Sachen bereits im Vorfeld zur Organisatorin gebracht hatten. Klarer Jagd-Vorteil. Andererseits spielt es keine große Rolle, denn die meisten Sachen werden nach und nach erst ausgestellt. So schnell oder langsam, wie die Helferinnen den Zustrom bewältigen.
Der Andrang hält sich allerdings in Grenzen. Ich bin neugierig auf die offiziellen Zahlen. Mein Eindruck ist, dass sich etwa 50 bis vielleicht 80 Frauen und maximal fünf Männer beteiligen. Das sind deutlich weniger Menschen, als bei früheren Aktionen. Woran es liegt? Vielleicht sind Sommer-Klamotten beliebter? Oder hält die wieder ansteigende Infektionswelle Leute ab? Markt-Sättigung? Keine Ahnung. Abwesende befragen, ist aussichtslos.
Macht auch nichts. Denn erstmal heißt es, alle Ständer abzuklappern, auf der Jagd nach dem besonderen neuen Lieblingsstück. Aber auch gute Kleider, Jacken, Schuhe, Hosen, Röcke, Pullover, Shirts werden zum Anprobieren eingesammelt. Die meisten gehen zivilisiert und bedächtig vor. Einige haben in kürzester Zeit ziemliche Kleiderberge zusammengetragen. Eigentlich bedauerlich, finde ich, dass auf die Weise mehr Sachen vorübergehend gehortet werden, als mitgenommen werden dürfen. Denn sie verringern die Auswahl für spätere dazugekommene Interessentinnen. Netter finde ich die, die ab und zu einen Stopp zum Anprobieren und Auswählen einlegen. Und alles, was sie doch nicht haben wollen, zurück an die Kleiderstangen hängen.
Merke: Je später du kommst, desto weniger Chancen hast du auf die Highlights. Außer du bist richtig spät dran, und es sind besondere Kleidungsstücke wieder frei gegeben oder endlich einsortiert. Denn Nachschub kommt bis fast zum Schluss der Aktion. Lauter Möglichkeiten, die den ersten nicht zur Verfügung standen. Irgendwie ein fairer Ausgleich.
Apropos Ausgleich: Das gute an der Location ist, dass alles, was übrig bleibt, vor Ort bleibt - im Sozialkaufhaus als Spende. So wird früher oder später alles verwertet.
Und wer von den Jägerinnen und Sammlerinnen der Tauschparty nicht fündig wird, bekommt einen Gutschein. Einen Monat lang besteht die Möglichkeit, sie einzulösen. Gut so, man muss zwar wieder anreisen. Aber dafür kann man es sich leisten, heute wählerisch zu sein. In meinem Fall: Nur vier von elf möglichen Teilen wandern in meine Taschen. Keine ganz großen Erfolge, aber immerhin ein paar gut tragbare Neuheiten für meinen Kleiderschrank. Und ich hatte die Freude zu sehen, dass einige meiner mitgebrachten Sachen zu den begehrten Teilen gehörten, die gleich neue Besitzerinnen fanden. Bleibt nur die Frage: Sollte ich die anderen wieder mitnehmen, wenn sie immer noch da sind bei meinem nächsten Besuch?