Ich stehe am Fenster und warte auf sie. Ich kenne sie noch kaum. Aber ich ahne, dass sie nicht pünktlich kommen wird. Nervös paffe ich eine Zigarette. Ah, entschuldigt, rauchen ist ungesund, aber es beruhigt mich ungemein. Sie hat etwas von einer Überraschung gesprochen und ich bin äußerst aufgeregt und neugierig. Es muss wirklich etwas Besonderes sein. Dies habe ich erkannt.
Nun liebe Leserinnen und Leser versuchen wir die Zeit sinnvoll zu nutzen. Ich erzähle euch, bis es an der Tür klingelt, was bisher passiert ist.
Vor zwei Wochen war ich an einem Hallenflohmarkt. Die Plätze sind begehrt und man muss monatelang im Voraus reservieren. Meine erste Teilnahme. Zum Glück hatte ich Kollegen, die mir halfen, alles aufzustellen. Danke Markus und Thomas an dieser Stelle für eure Hilfe!
Blitzschnell war der Stand eingerichtet und ich überflog die verschiedenen Dinge. Viel Krimskrams, halt Firlefanz. Ich war gespannt, wie viel ich verkaufen würde. Wenigstens die Standmiete wollte ich herausholen. Nicht sehr ambitioniert, oder?
Ich blicke auf meine Uhr. Bereits fünf Minuten Verspätung.
Das Schöne am Flohmarkt sind die Gespräche mit den anderen Standinhabern. Ein Stand war besonders schön mit selbst gemachten Liebesengeln und Quilts und Lebkuchen. Wunderschön! Die Standinhaberin betonte, dass alles selber kreiert war. Sie war sichtlich stolz. Zu Recht! Ich kaufte einen Liebesengel und war dann bei meinem Stand zurück.
An diesem Samstag lief es nicht gut. Lag es am Wetter? Viel zu schön für Februar. Oder an meiner Ware! Keine Ahnung. Als es Zeit war, alles wegzupacken, hatte ich die Standmiete nicht herausgeschlagen. Aber es war lustig und unterhaltsam. Mit meinen beiden Kollegen packte ich das meiste ins Auto. Ich verabschiedete und bedankte mich bei ihnen. An meinem Stand war eine schwarzhaarige Frau und blätterte interessiert in einem alten vergilbten Buch. Impulsiv war ich verärgert. Was sollte das! Eine Frechheit! Zu kommen nach der Schlusszeit des Flohmarktes. Ich lief entschlossen zu meinem Stand zurück und wollte sie wegjagen.
Sie schaute mich an und ich war wie angewurzelt. Meine fast böse Antwort verschluckte ich im letzten Moment und ich musste sie anlächeln. Ich war selber erstaunt. Vermutlich lag es an ihren dunklen Mandelaugen und ihrem Aussehen.
Sie war mittelgroß und hatte eine bronzefarbene Haut. Ihre kleine Nase war hakenförmig, passte aber gut zum Gesicht. Sie war mir sofort sympathisch und wir plauderten so eine Weile. Sie wollte wissen, was das Buch kostete und ich sagte, dass die Kasse schon weggeräumt war. Sie überreichte mir 40 Pfund. Dies war ein unglaubliches Angebot, das ich nicht ablehnen konnte. Ich steckte die Noten in meine Hosentasche. Überrascht war ich, dass ich ihr meine Telefonnummer dann sofort bekannt gab. Spontan entschieden wir uns am nächsten Samstag ins Kino zu gehen und danach wollten wir etwas Kleines essen.
Ich schaue auf die Uhr, bereits zehn Minuten Verspätung. Ich kann getrost weiter erzählen, dies ist auch positiv.
An diesem Samstag wartete ich vor dem Kino und ja sie kam zu spät! Nicht nur 5, sondern 25 Minuten. Ich war leicht ärgerlich. Als ich sie sah, verflog meine schlechte Stimmung, wie durch Zauberhand. Ich gab ihr ein Begrüßungsküsschen und Hand in Hand liefen wir in den Kinosaal. Es war bereits dunkel und auf der Leinwand waren schon Bilder zu sehen. Uff, zum Glück nur Werbung für eine Biersorte. Das Plätschern eines sich füllenden Glases ertönte.
Ein Platzanweiser führte uns zu unseren Plätzen. Wir zwängten uns an die sitzenden Menschen vorbei zur Mitte der Reihe und nahmen Platz. Alle zu stören war nicht besonders toll. Der Film war ein Fantasyfilm. Viele Worte über diesen möchte ich nicht verlieren. Er war ganz gut!
Nach dem Kino gingen wir in ein italienisches Restaurant Pasta essen. Aus einem unerfindlichen Grund hatte sie plötzlich starke Magenschmerzen und war bleich. Sie bestellte nur ein Glas Wasser und ich aß meine Spaghetti lustlos, nicht ohne ein schlechtes Gewissen zu haben.
Sie war Studentin für Ethnologie. Also Völkerkunde und sie konnte wunderbare Geschichten erzählen. Altersmäßig war sie rund 15 Jahre jünger und Mitte zwanzig. Ein großer Altersunterschied. Ich war sicher ein bisschen verliebt zu sein oder zumindest war ich richtig begeistert von ihr. Gewisse Menschen können dies in Sekundenschnelle bewirken. Da der Abend aufgrund ihres Unwohlseins relativ schnell beendet wurde, machten wir einen neuen Termin aus für heute, 14. Februar um 17.00 Uhr.
17.20 Uhr, bereits 20 Minuten Verspätung. Wenn unsere Beziehung in etwas Ernstes münden soll, müsste sie diese Eigenschaft leicht verbessern. Und ich lache über mich. Gut dies gibt mir noch kurz Zeit alles zu überprüfen. Der Champagner ist bereit, wie auch die Gläser. Kleine Häppchen stehen elegant auf dem Tisch. Ein bunter Blumenstrauß ist in einer Vase. Ein kleines Geschenk zum heutigen Valentinstag. Ich hoffe, der Tag bringt uns Glück. Ich hole noch eine Flasche Wasser aus dem Kühlschrank. So nun ist alles bereit.
Ein Klappern von Schuhen. Ein klingeln an der Tür schreckt mich aus meinen Gedanken. Ich beeile mich und öffne die Tür. Kurz vorher ein Schielen auf die Uhr, ein neuer Rekord, 27 Minuten Verspätung. Wow! Ärger steigt auf. Ein Blick auf sie, dann ein Küsschen und ich bin wieder besänftigt wie ein Lamm. Einfach nur glücklich sie wiederzusehen.
Sie ist elegant. Ein roter Mantel, ein wunderschöner, den ich aufhänge. Darunter ist sie ganz in Schwarz gekleidet und trägt einen prachtvollen Anhänger mit einem großen blauen Amethyst. Sie sieht zauberhaft aus. Sie gefällt mir immer mehr. Sie heißt Katharina.
Sie sitzt auf der Couch und ich schenke ihr ein Glas Champagner ein. Dazu nimmt sie von den Häppchen. Auf den Blumenstrauß zeigend, sage ich: "Der ist für dich", und lächle dazu. Sie bedankt sich und holt das Buch heraus. Sie fängt an, darüber zu schwärmen. Darauf zeigt sie mir diverse Bilder und Erklärungen. Immer besser verstehe ich jetzt, was es für ein Buch ist. Sie lächelt und meint: "Willst du eine kleine Demonstration? Ich habe dich eine Überraschung versprochen.“ Ich nicke nur gebannt und hänge immer noch an ihre Lippen.
Sie holt die Tasche und kramt verschiedene Sachen heraus. Kerzen, Zündhölzer, Federn, und Schnüre. Sandelholzräucherstäbchen und kleine Glasbehälter und auch Kerzenhalter. Ein roter Schal ergänzt die Utensilien. Sie richtet alles auf dem Tisch. Kleine Muscheln kramt sie letztendlich gedankenverloren aus der Tasche.
Die Kerzen steckt sie in die Kerzenhalter und die Muscheln, Federn und Schnüre darum herum. Die Räucherstäbchen zündet sie an. Ein süßlicher Geruch verbreitet sich im Wohnzimmer. Auch die nun brennenden Kerzen verströmen einen schönen Duft. Sie holt Strümpfe aus ihrer Tasche und verbindet mir die Augen. "Siehst du mich noch?" Fragt sie scherzhaft und ich bestätige, dass dunkle Nacht ist bei mir.
Nun höre ich sie murmeln und Papier raschelt. Sie hält inne und sagt: "So damit dies wirkt, stelle dich etwas richtig Schönes vor." Ich nicke nur kurz mit dem Kopf. Blätter rascheln erneut und ich höre sie fremdländische Laute murmeln und summen. Dann fängt sie an zu singen und ich habe das Gefühl, dass alles vor mir verwischt wird. Mein Gehirn hat keine Gedanken mehr. Ich schwebe fast im Raum und ich spüre ein starkes Herzklopfen. Ich denke noch, was passiert mit mir? Und dann spüre ich nichts mehr!
Irgendwann erwache ich wieder. Wo bin ich? Ich öffne die Augen und der Raum ist dunkel. Meine Augenlider sind schwer und nach einer Weile betrachte ich Katharina. Sie sieht noch schöner aus als vorher. Meine Augen können sich nicht sattsehen. Etwas ist anderes! Aber was? Sie lächelt sanft und ich merke, dass meine Wahrnehmung sich verändert hat. Ich bin heftigst in sie verliebt.
Plötzlich lacht sie, fährt mit ihren Fingern über meine Hand und küsst mich. Es wird ein inniger lang anhaltender Kuss. Bin ich schon im Paradies? Nach diesem Kuss öffne ich die Augen und sie strahlt und murmelt: "Es hat gewirkt! Es ist ein voller Erfolg." Soweit verstehe ich nur Bahnhof. Und dann erklärt sie mich alles. Wie sie mich seit Monaten beobachtet hat und an diesem Flohmarkttag gefolgt ist. Dann, wie sie kurz vor Schluss zum Stand gekommen ist und mich einfach, um den Finger gewickelt hat.
Abschließend gesteht sie: „Ich bin eine Hexe! Vorläufig eine junge, aber auch ich werde alt und runzlig. Dann werde ich wie eine richtige alte Hexe aussehen." Auf diese Worte küsse ich sie und flüstere: "Sei, meine kleine private Hexe!"
Ihr wollt wissen, wie die Geschichte kurzfristig zu Ende gegangen ist. Also an diesem Abend hatten wir keinen Appetit mehr, nur einen riesigen Durst. Wir ernährten uns von Liebe und Wasser. Und langfristig? Es war ein Happy End! Sie studierte fertig und wir heirateten und lebten lang und glücklich.
Weiße Magie wandte sie immer wieder an, aber nur um gute Taten zu vollbringen. Ach ja, bevor ich es vergesse. Sie machte ein Foto von mir an diesem Abend, wie ich mit verbundenen Augen auf dem Sessel sitze. Auf dem Bild habe ich weder Gesicht noch Hände.
Also liebe Leserinnen und Leser, bitte nicht nachahmen, weiße Zauberkraft ist kein Spielzeug und kann heftigste Nebenwirkungen auslösen. Erst recht schwarze Hexenkunst. Last but not least, die Magenschmerzen, die sie am ersten Abend hatte, waren Nebenwirkungen der Ausübung von Magie.