2. Aussehen
Das Aussehen der Vampire wandelte sich über die Zeiten, wurde romantisiert und überstilisiert.
Die frühen Vampire des osteuropäischen Volksglaubens waren hässliche, bucklige Untote, klein, schwitzend, fett, mit spitzen Rattenzähnen, scharfen Klauen und spitzen, abstehenden Ohren. Ihre Körper waren gekrümmt, in mit Graberde beschmierte Lumpen gehüllt und aus ihren Mäulern, die nach Fäulnis stanken, triefte das Blut.
Sie hatten keinerlei Ähnlichkeit mehr mit dem Menschen, der sie einmal waren, und glichen eher Zombies aus Horrorfilmen.
Als im 19. Jahrhundert die Faszination Vampir die Literaturwelt erreicht hatte, passte man das Bild der Vampire an, machte sie »hübscher«, weniger abstoßend, und steigerte damit ihre Beliebtheit. Die Vampire des 19. Jahrhunderts wirkten nun elegant, hatten schmale Wangen, oftmals lange Haare und überlange, dunkle eingefärbte Fingernägel. Ihre spitzen, schneeweißen Fangzähne erschreckten und faszinierten zugleich. Sie glichen vielmehr blassen und eigenbrötlerischen Adligen als blutgierigen Monstern.
Mit ihrem betörenden Lächeln, ihrer faszinierenden Ausstrahlung und ihren durchdringenden Blicken zogen sie ihre Opfer an, die sich wie im Rausch häufig freiwillig hingaben.
Sie hatten nichts von ihrer furchteinflößenden Gefährlichkeit eingebüßt, aber man hatte ihnen einen Platz in der Gesellschaft eingeräumt, in der sie nun Verführungskraft zum Fangen ihrer Opfer einsetzten.
Im 20. Jahrhundert war der Vampir als Mittelpunkt der Horrorfilme Hollywoods sehr beliebt. Meist wurden sie elegant aufgemacht dargestellt, gekleidet in gute Abendanzüge und Fledermausumhänge, als geheimnisvoller Edelmann mit kaltem Gesicht und fremdländischem Akzent. Die kalten Augen glühten bei Wut und Erregung rot auf.
Heutzutage wirken diese herausgeputzten Vampire kitschig, übertrieben und albern, aber damals faszinierte diese Vorstellung die Menschen. Vampire dieser Zeit nutzten ihre Bildung, ihr gutes Aussehen und ihre Faszination, um Opfer anzulocken.
Die Vampire des späten 20. und frühen 21. Jahrhunderts könnten kaum einen größeren Gegensatz zu den ghoulartigen Monstern bilden, die sich die Menschen im 18. Jahrhundert und früher unter einem Untoten vorstellten.
Heutzutage stellt man sich Vampire eher wie dunkle Engel vor, die zwar wie Menschen aussehen, aber äußerlich keine Makel aufweisen. Man unterstellt ihnen, dass sie sich den Menschen anpassen, um unerkannt unter ihnen leben zu können. Ebenso sagt man diesen modernen Vampiren nach, dass sie unter ihrer Bürde, vom Blut Lebender zu leben, leiden und dass ihre Unsterblichkeit für sie mehr einem Fluch gleichkommt als einem Segen.
Soviel zu den Klischees. Fakt ist jedoch, dass die Grundlage für jeden Vampir der Mensch ist, aus dem er entsteht.
Das bedeutet, dass ein Mensch, der schon vor seiner Verwandlung ein schlechter Mensch war, es nach dieser vermutlich auch noch ist. Und ein guter Mensch wird nach der Verwandlung nicht automatisch zu einem Killer.
Die Verwandlung in einen Vampir verändert nicht den Charakter des Menschen.
Und auch das Aussehen nicht. Ein unattraktiver Mensch wird auch ein unattraktiver Vampir sein.
Das Klischee des überirdisch schönen Vampirs ist das Ergebnis des schönheitsbesessenen Hollywoods und der Fantasie irgendwelcher romantischer Liebesromanautorinnen.