Der Frühling war unerwartet früh gekommen, und mit ihm rückte auch der Tag, an dem Leopold die Heimat verlassen würde, immer näher. Charlotte konnte es immer noch nicht wirklich fassen, das Leopold sich freiwillig für die Armee gemeldet hatte. Wenn es nach ihr gegangen wäre, würden sie beide bei Nacht und Nebel von hier abhauen und woanders ein neues Leben beginnen, irgendwo, wo niemand wusste, was Albert getan hatte. Doch als Charlotte von der ganzen Geschichte erfahren hatte, war es schon zu spät gewesen, um Leopold von seinem Plan abzubringen und so blieb ihr nur noch die Hoffnung, dass man ihn nicht gleich allzu weit von hier wegschicken würde. Leider sollte ihr auch diese Hoffnung bald genommen werden.
Der März war noch nicht ganz vergangen, da erschien Leopold auf ihrem Hof, ein Lächeln im Gesicht, aber Tränen in den Augen.
"Im April muss ich gehen", sagte er und griff Charlottes Hand, "und im Sommer fahren sie uns nach Portugal."
Seine blauen Augen schauten Charlotte flehend an.
"Versprich mir, dass du auf mich warten wirst, Charlotte."
Ihr blieb nichts anderes übrig, als zu flüstern: "Ich verspreche es."
Und dann still zu beten, dass er auch heimkehren würde.
"Und wenn ihr dann in Portugal seid, was ist dann?", fragte sie leise.
"Dann werden wir Spanien zurück holen. Und wenn das getan ist, dann kehre ich Heim."
Er sprach mit solch einer Überzeugung, dass Charlotte beinahe geneigt war, ihm zu glauben. Doch dies war kein Tagesritt nach Bath oder Bristol, nein, Leopold zog in den Krieg. Etwas, mit dem sie niemals gerechnet hatte.
"Dann beeilt euch, Spanien zurück zu holen, damit du schnell wieder daheim bist", sagte Charlotte, und dann küsste sie Leopold zum ersten und vielleicht für eine lange Zeit einzigen Mal.
Das folgende Aprilwetter schien genau so wechselhaft zu sein wie Charlottes Gefühle. An manchen Tagen regnete es wie aus Kübeln, und wenn sie aus dem winzigen Küchenfenster auf das Nachbarhaus schaute, war sie versucht, Leopold doch noch daran zu hindern, in den Krieg zu gehen. Dann wiederum strahlte die Sonne vom Himmel, und während die Blumen auf den Wiesen um die Gunst der jungen Mädchen wetteiferten, hatte Charlotte nur Augen für Leopold in seiner prächtigen Uniform. An diesen Tagen war sie Stolz darauf, dass er in die Armee eingetreten war.
Am Abend vor Leopolds Abreise fiel unerwartet Schnee, und als Charlotte am Morgen aus dem Fenster sah, konnte sie nur noch den roten Rock sehen, der sich immer weiter von ihr entfernte.