Chris
Diese Nacht war für mich gelaufen, ich fand nicht mehr in den Schlaf, daher saß ich wieder mit meinem Notizblock auf meinem Bett. Ich lehnte meinen Kopf gegen die Wand und starrte zur Decke. Das Mondlicht schien in mein Zimmer und es passte zu meinem Gemüt. Dann schaute ich auf meinen Wecker, der mir 4:35 Uhr anzeigte. Plötzlich ertönte mein Handy und mir wurde eine Nachricht von Matthew angezeigt.
M: -Hey Kumpel. Ich habe gesehen, dass du online bist. Kannst du nicht schlafen?-
C: -Ne leider nicht. Ich hatte wieder einen schlechten Traum, seitdem sitze ich auf meinem Bett und schreibe an einem Text.-
Zwei Minuten nachdem ich die Nachricht abgeschickt hatte, klingelte mein Handy. Matthew rief mich an und natürlich ging ich ran.
„Hey Chris. Von was hast du denn geträumt?“ Meine Freunde kannten meine schwere Vergangenheit, aber dennoch fiel es mir immer schwer, darüber zu reden. „Ich hatte von meinem Vater geträumt. Über eine sehr alte Situation, daraufhin konnte ich nicht mehr schlafen.“ Erstmal schwieg mein Kumpel, bis er doch was sagte. „Denk immer daran, dass wir für dich da sind. Dein Leben ist nun besser und denk an dein Traum. Wir sind in den letzten Monaten so gut voran gekommen.“ Ich war ihm dankbar, denn das waren Worte, die mich aufbauten. „Danke. Ja ich weiß, ich werde daran denken.“
Matthew atmete ein und wieder aus. „Das Konzert in der Bar war ein voller Erfolg. Die Leute haben uns geliebt und die anderen drei waren auch sehr cool.“ Er wechselte schnell das Thema, aber ich fand es grad gut so. „Ja es war mega. Mit so einer guten Resonanz hatte ich nicht gerechnet.“ Als er die anderen drei erwähnte, musste ich sofort an Johnny denken. Sein Blick war ernst und nachdenklich. Es war niedlich, als er überfordert war, weil er herausgefunden hatte, dass ich schwul war. Und tatsächlich interessierte mich seine Band. Jesse und Johnny wirkten auf jeden Fall schon vielversprechend und somit nahm ich wieder den Flyer von ihnen in die Hand. „Ich hatte nie Zweifel daran, dass deine Stimme gut ankommen wird Chris.“ Selbst wenn er es nicht sah, wurde ich leicht rot bei seinen Worten. „Die Band bin aber nicht nur ich. Wir sind die Band, wir hatten gemeinsam diesen Erfolg.“ Betonte ich abermals. „Das weiß ich doch Chris, dennoch musst du dich nicht davor scheuen. Noch mehr Leute sollten von deiner Stimme begeistert sein sollen.“ „Wir werden es schaffen, egal was kommen mag.“ Wir telefonierten noch ein paar Minuten, bis sich mein Kumpel dazu entschloss, sich wieder schlafen zu legen.
Dann schaute ich auf meinem Block und erkannte, dass es nicht mehr brachte, ich hätte kein Wort mehr schreiben können. Daher nahm ich meine Kopfhörer und machte mir meine Black veil Brides Playlist an. Diese Playlist hörte ich oft, wenn es mir nicht so gut ging. Andy war ein Faktor, wieso ich es ernsthaft mit der Musik ausprobieren wollte, er hatte damals auch einfach angefangen. Hatte sich in sein Auto gesetzt und fuhr nach L.A, kein Cent in der Tasche und hat in seinem Auto gelebt. Seine Band hatte sich neu geformt und sie haben gekämpft.
Mit den Kopfhörer in den Ohren legte ich mich wieder hin und erstaunlicherweise sank ich in den Schlaf. Diesmal träumte ich nichts, es war diesmal ein erholsamer Schlaf. Nach vier weiteren Stunden wachte ich auf und vernahm den Geruch von Pancakes. Es war ein beruhigender Geruch und langsam machte ich meine Augen auf. Die Kopfhörer sind mir im Schlaf aus den Ohren gefallen. Sobald ich sie gefunden hatte, steckte ich sie wieder in die Case. Obwohl ich aufstehen wollte, weigerte sich mein Köper noch, aber nach weiteren fünf Minuten zwang ich mich dazu. Gähnend öffnete ich die Tür und schritt zum Badezimmer. Meine Haare waren in allen Himmelsrichtungen verteilt und mir fiel erst jetzt auf, das ich am Abend vergessen hatte mein Kajal wegzumachen. Daher waren meine Augen schwarz verschmiert. Nach meiner täglichen Badroutine ging ich zu meiner Mutter in die Küche. Sie hielt mir schon eine Tasse Kaffee hin. Dankend nahm ich sie entgegen und setzte mich an die Kochinsel.
Ich schaute um mich und erblickte Annas Tasche nicht. „Wo ist denn Anna?“ „Sie ist zu Freundinnen gegangen um ihnen beim Deutsch sprechen zu lernen.“ Verwundert schaute ich in das Gesicht meiner Mutter. „Die wollen freiwillig Deutsch lernen? Naja, warum auch nicht.“ Geduldig wartete ich darauf, dass meine Mutter mit den Pancakes fertig war. Dabei tippte ich auf mein Handy rum und machte mit den Jungs einen Zeitpunkt aus, damit wir unsere Instrumente abholen konnten. Unbemerkt stellte mir meine Mutter ein Teller Pancakes vor mir hin. „Du bist heute wieder so schweigsam Christian. Was ist los?“ Meine Mutter wusste, dass mich die Albträume immer noch verfolgten. Ich war ihr diesbezüglich immer ehrlich gewesen. „Ich hatte die Nacht wieder einen Albtraum gehabt, aber ich habe dann mit Matthew telefoniert, er hatte mich wieder beruhigt.“ Während ich mir den Teller schnappte, strich mir meine Mutter über meine Haare. Sie sagte schon nichts mehr dazu, sondern fuhr immer über meine Haare. Wir hatten das Thema schon oft gehabt, daher gab es keine Worte mehr.
Genüsslich verschlang ich ihre Pancakes. Sie war eine begabte Köchin, damals in Deutschland hatte sie als Köchin gearbeitet, aber hier in Amerika hatte sie sich dazu entschieden als Kellnerin zu arbeiten. Ab und zu sprang sie auch hinter dem Tresen ein, dazukam, dass sie sehr beliebt bei den Gästen war. Bekam immer großzügiges Trinkgeld und ihr Chef war ihr sehr dankbar. In Deutschland war sie nicht so glücklich zur Arbeit gegangen, hier war es ganz anders. Alles an diesem Umzug war positiv, auch Anna hatte sich eingelebt und hatte viele Freunde. Meine Schwester war Klassenbeste, fand ihre Liebe zum Basketball und sie dachte sogar drüber nach, Sportwissenschaft zu studieren. Sie hat anders als ich gelitten. Meine Mutter und meine Schwester waren gezwungen zu zuschauen, wie ich geschlagen wurde. Bis heute machte sich meine Mutter Vorwürfe, dass sie nicht oft genug dazwischen gegangen sei. Ich war ihr nie böse gewesen, besser ich hab es ausgehalten als sie.
Plötzlich klingelte mein Handy und verwundert sah ich Johnnys Namen auf dem Display. Achselzuckend nahm ich den Anruf entgegen und erinnerte mich in dem Moment wieder daran, dass ich nun wieder gezwungen war Englisch zu reden. „Hey, was verschafft mir die Ehre Johnny?“ Es ertönte ein raues Lachen am anderen Ende. „Hey Kumpel was geht? Ich wollte mal nachfragen, wann ihr vorhabt euer Zeug abzuholen. Wir könnten uns ja dann in der Bar treffen, meine anderen Freunde, die auch in der Band sind, wären auch mit dabei.“ Es reizte mich die restlichen Bandmitglieder kennenzulernen. „Wir wollten uns um 14 Uhr an der Bar treffen. Wahrscheinlich werden die anderen Jungs schon früher da sein als ich. Würde mich freuen die anderen noch kennenzulernen.“ „Ey geil. Dann sehen wir uns um 14 Uhr in der Bar.“ Kurz darauf legten wir auch schon auf. Ich hatte noch vier Stunden Zeit, diese Zeit verbrachte ich damit noch Klavier zu spielen.
Meine Vorhänge waren zugezogen, damit so wenig Licht wie möglich in mein Zimmer scheinen konnte. Ich mochte es nicht, wenn es zu hell war, wenn ich am Klavier saß. Die Stücke, die ich spielte, waren meine Eigenen. Es waren melancholische Lieder, voller Selbstzweifel und Dunkelheit. Ich versuchte, stets positiv zu denken, aber ich verlor mich dennoch schnell in dunklen Gedanken. Mir war stets bewusst, da wo es Dunkelheit gab, gab es auch Licht. Manchmal war dieses Licht nicht sofort erkennbar oder leuchtete nur schwach. Die Band gab mir diese Hoffnung und immer wieder kam in mir der Gedanke auf diese Klavierstücke zu veröffentlichen. Gleichzeitig wollte ich es für mich behalten, aber dennoch wusste ich, dass es Leute gab, denen es half. Das Gefühl verstanden zu werden, war ein so mächtiges Gefühl und konnte einem selber stärker werden lassen.
Ich hielt in meinem spielen inne und starrte auf die Tasten des Klaviers. Vor einigen Monaten hatte ich mal paar meiner Stücke aufgenommen, ein Kumpel von mir hat alles optimiert und es auf eine CD gebrannt. Er sagte mir, ich solle ihm Bescheid sagen, falls ich noch mehr davon haben wolle oder ob ich sie online veröffentlichen will. Instinktiv nahm ich die CD aus meiner Musiktasche. Vielleicht war es das Richtige, aber davor wollte ich mit den anderen darüber reden. Es war einerseits überflüssig, denn sie würden sagen, dass ich es machen solle. Sie verstanden öfters nicht, warum ich bei solch banalen Sachen nachfragte. In solchen Momenten merkte ich wie sehr mich die Misshandlung meines Vaters mich als Mensch beeinflusst hatte. Viele Sachen sah ich nicht als selbstverständlich an. Ich war so viel Schlimmes gewohnt gewesen, sei es die Schläge von meinem Vater oder das Mobbing meinen Mitschülern. Vieles hatte ich in mir verschlossen und ich trug es nur selten nach außen. Mit diesen Gedanken packte ich die CD in meine Alltagstasche, denn ich hatte vor meine Freunde diesbezüglich anzusprechen.
Die Stunden vergingen und ich machte mich dran alles Wichtige in meine Tasche zu packen und mich auf den Weg zu machen. Es war wieder ein Tag, wo es mir mental schlechter ging, ich war nervöser und drehte mich öfters um, als ich sollte. Es kam zwar seltener vor, aber es machte nicht leichter, mit den Gefühlen umzugehen. Es verlangte einiges von mir ab, denn ich wollte nicht zu merkwürdig auf andere wirken. Daher versuchte ich mich, auf meine Musik in meinen Ohren zu fokussieren und dabei meine Zigarette zu rauchen. Mir war bewusst, dass es noch schlimmer gewesen wäre, wenn ich nicht mit Matthew in der Nacht telefoniert hätte. Seufzend bog ich die nächste Straße rechts rein und erblickte Johnny vom Weiten. Sein Gesicht zierte ein breites Grinsen, dann bemerkte ich neben ihn und Jesse noch weitere Personen. Vermutlich die anderen Bandmitglieder.