Tage wie dieser …
Am 21. Januar ist der internationale Tag des Eichhörnchens. Am letzten Samstag im April feiert die Welt den Tag des Frosches. Und immer öfter, so scheint mir, wird der Tag des Deppen ausgerufen. Heute war mal wieder so einer. Deppenschwemme. Könnte auch am Wetter liegen, wer weiß.
Der Erste kam mir schon kurz nach acht Uhr entgegen. Ein aus der Zeit gefallener Autofahrer: Vokuhila-Frisur, linker Arm lässig aus dem offenen Seitenfenster, rechte Hand beschäftigt mit Zigarette, Coffee-to-go-Becher und Handy. Also eigentlich ein Manta-Fahrer, aber Mantas sind nun mal schon ausgestorben. Schalten und blinken waren bei ihm definitiv überbewertet und deshalb hat er es auf jeden Fall verdient, am Deppentag erwähnt zu werden – als der Typ, der es geschafft hat, beim Rechtsabbiegen das Auto abzuwürgen und gleichzeitig einen halben Liter Milchkaffee über sein Armaturenbrett zu zerstäuben.
Immerhin war der Erste lustig, der Nächste nicht. Papi mit dem Rad von Mutti, hinten drauf den (hoffentlich) eigenen Junior im Kindersitz. Er natürlich ohne Helm, der Zwerg nicht angeschnallt, und dann bei Rot über eben die Kreuzung, die ich mir schon ausgesucht habe für meinen Freitod, falls das mit Sterbehilfe mal so weit sein sollte bei mir. Ich hätten den Typen gerne für den Darwin-Award angemeldet, aber den gibt es ja leider nicht mehr.
Dann drei Klassiker aus dem Radfahrerleben direkt hintereinander. Zuerst das weibliche Pupertier: ganz gechillt mitten auf dem Radweg, das T-Shirt bauchfrei, sie leider nicht, Kopfhörer auf volle Lautstärke, Kopf leicht gesenkt und beide Daumen am Handy. Solange diese Lebensform alleine unterwegs ist, kommt man meist irgendwie um sie herum. Wenn nicht, auch egal – Augen zu und drüberfahren. Holpert ein wenig, das Pupertier merkt es kaum, es sei denn, die Daumen verrutschen beim Tippen dieser gerade so ganz wichtigen WhatsApp.
Direkt dahinter die Radfahrrentnergruppe Scheintot. Meist in Rudelstärke 4 bis 6, ausgerüstet mit den neuesten E-Bikes und auch im Sommer mit Thermojacke und Schal, stehen sie, die Hörgeräte alle im Off-Modus, mitten auf der Fahrbahn. Meist wählen sie ein kompliziertes Aufstellmuster, damit es ja keinen einzigen Durchschlupf gibt. Diese defensive Schlachtformation hat zudem den Vorteil, dass die Bande, nachdem man sich mit Anklopfen ans Brett bemerkbar gemacht hat, rund eine Viertelstunde braucht, bis sie sich entknäult hat.
Schließlich folgt im Abstand von zweieinhalb Flucheinheiten die Fraktion „beste Freundinnen“. Ineinander verhakt, ins Gespräch vertieft und durch die gelegentlichen hysterischen Kreischer schon von weitem identifizierbar, bemerken sie das dezente Dingdong der Fahrradklingel erstaunlich früh. Der Ablauf danach ist immer gleich und über Jahrmillionen genetisch weitergegeben: 1. Sie drehen sich langsam um und schauen. 2. Sie erstarren. 3. Sie tun so, als würden sie normal reagieren, um den Feind zu verwirren und machen in der Mitte Platz. 4. Kurz bevor man sie erreicht, wechselt die, die links geht, auf die rechte Seite und die von rechts wuselt nach links. 5. Sie schauen kurz entsetzt. 6. Sie hängen sofort wieder zusammen, gehen mitten auf dem Weg und kreischen ab und an.
Die Moral von der Geschicht: Während Eichhörnchen, Frosch und andere liebenswerte Geschöpfe nur ein Tag des Jahres gewidmet ist, erobern sich die Deppen Jahr für Jahr mehr Tage. Ich fürchte, wenn das so weiter geht, müssen wir den Kalender ändern und dem Jahr mehr Tage geben.