Dass ich Transgender war, wurde von der Gruppe tatsächlich besser angenommen, als ich erwartet hätte. Sola und ich waren mehr als nur glücklich als das am zweiten Tag innerhalb von zwanzig Minuten sicher war. Ich wurde von den Betreuern und Teilnehmern Luna gerufen, solange keine Eltern da waren, das Risiko war zu hoch, dass meine Eltern irgendwo mithörten. Dazu konnten die Eltern immer die falschen ansprechen, das Risiko war zu hoch da waren wir Jugendlichen uns erstaunlicherweise einig. Jakob und Benjamin waren sowieso damit einverstanden, niemand hatte den Eltern irgendwas davon erzählt. Meine Mutter brachte uns meistens hin und holte uns abends wieder ab, wir aßen dann meistens im Hotel. Wir brachten meist Fotos mit, die vollem die Laune meiner Mutter verbesserten.
Dann kam auch schon der letzte Tag, für uns eindeutig zu früh, aber auf die Wanderung, diesmal ohne klettern. Wir beluden abends unsere Rucksäcke mit Essen, ein wenig Süßkram und Getränken, oben an den Rucksack kam dann noch der Steinschlaghelm oben dran. Unser Ziel war der große Rettenstein in den Kitzbüheler Alpen, das Wetter war stabil vorausgesagt. Trotzdem waren wir um halb sechs am Parkplatz verabredet, damit wir auch sicher genug Zeit hatten. Um halb fünf hieß es für Sola und mich aufstehen, uns anzuziehen und schnell geschmierte Brote als Frühstück reinzuschlagen. Meine Mutter wartete beim Auto auf uns, sie hatte sich nur einen Pullover, Jeans und Jacke über ihren Schlafanzug gestreift.
Die Sonne war noch nicht so wirklich aufgegangen, als wir auf dem Parkplatz hielten und unsere Rucksäcke aus dem Kofferraum nahmen. Meine Mutter umarmte uns noch kurz uns noch kurz und fuhr dann wieder zum Hotel zurück, um noch zwei Stunden oder mehr weiterzuschlafen. Sola und ich hatten in unseren Jackentaschen Stirnlampen, die wir uns jetzt über die Mützen zogen, sie aber noch abgeschaltet ließen. Simon, Benjamin und Jakob standen schon bereit auf der anderen Seite des Parkplatzes, mit Warnwesten, damit man sie besser sah. Wir wussten inzwischen, dass die beiden ein unverheiratetes Paar waren und Simon Benjamins Neffe war. Seine biologische Mutter war gestorben, der Vater war abgehauen noch vor der Geburt des 14jährigen. Seitdem lebte er bei seinem Onkel und dessen Freund.
Wir machten uns mit fast zehn Minuten Verspätung auf den Weg den Forstweg hinauf, unsere Stirn- und Taschenlampen spendeten ausreichend Licht für den Weg. Es wurde auch rasch heller, bis wir die Lampen schließlich abschalten konnten und ohne weiter den Berg hochliefen. Im Tal hing noch Nebel, der uns die Sicht auf das was wir schon hinter uns hatten, versperrte. Sola und ich liefen die meiste Zeit schweigend neben Simon her, den Berg hinauf generell wurde abgesehen von den Pausen nicht viel gesprochen. Dann kam auch schon der Zeitpunkt wo wir uns die Steinschlaghelme aufsetzen mussten. Ab hier wurde auch das letzte leise Gerede endgültig abgeschafft, Jakob und Benjamin hatten sich an die beiden Enden verteilt. Es war inzwischen hell und ein fast klarer blauer Himmel, wir mussten uns wenig später mit Sonnencreme einschmieren.
Auf dem Gipfel gab es dann ein großes Gruppenfoto ohne Helme oder sonstige Kopfbedeckungen. Sola schickte das Bild in den Familienchat, dann setzten wir uns zu den anderen und aßen die belegten Brote. Schließlich setzten wir dann doch endlich die Helme wieder auf und machten uns auf den Rückweg ins Tal. Am Parkplatz wartete schon unsere Mutter auf uns und brachte uns ohne Rucksäcke zum Haus von Jakob und Benjamin in einem kleinen Skiort. Sie überreichte uns dann noch unseren Beitrag zum Abschiedsgeschenk an die beiden Betreuer. Wir hatten ihnen verkauft, dass die beiden Nachbarn waren, um nicht für Diskussionen zu sorgen. Mein Vater wäre sonst sofort ausgerastet und hätte uns nicht wieder hingelassen, womit wir nicht einverstanden waren.
Die Zeit bis es Abend wurde, wurde mit Tischspielen und einem wilden Stockkampf vertrieben, bevor wir das Holz zum Lagerfeuer aufschichteten. Wenig später brannte das Feuer hoch und wir konnten Stockbrot in die Flammen halten. Dennoch war es recht ruhig, nachdem alle so ziemlich die Anstrengung der Tour noch in den Knochen hatten. Lange würde der Tag auch nicht mehr für Sola und mich gehen, ich gähnte immer wieder und war froh, als sich das Ende näherte und wir nur noch ein paar Gruppenfotos als Erinnerung an die gemeinsamen Touren machten. Die Fotos wurden schnell noch in die Gruppe hochgeladen, dann wurden auch schon die Meisten abgeholt. Morgen war auch für uns schon der letzte Tag des Urlaubs und wir wollten mit unseren Eltern noch eine kleine Wanderung machen.
Am nächsten Morgen hatten Sola und ich beide Muskelkater, aber wandern wollten wir trotzdem. Zumindest zu einem kleinen See an dem wir schwimmen wollten. Mein Vater schleppte für uns alle die Badesachen im Rucksack mit, während wir anderen uns die Rucksäcke mit Getränken und Essen hatten. Unsere Großeltern hatten wir zuvor direkt am See abgesetzt. Sie saßen schon am Ufer, als wir ankamen und unsere Rucksäcke abstellten. Es war warm, aber auch enorm schwül, schon für 15 Uhr waren Gewitter angesagt, aber ein wenig Zeit hatten wir noch bis dahin, die wir auch nutzen wollten. Sola und ich schwammen einmal rund um den See.
Die Gewitter waren um 15 Uhr zwar immer noch angesagt, aber nirgends um uns war auch nur ein einziges Gewitter. Mein Vater war trotzdem das Auto holen gelaufen, danach hatte sich allerdings immer noch nichts bewegt. Wir konnten in aller Ruhe noch eine Runde schwimmen gehen, bevor wir gegen Viertel vor vier uns dann doch auf den Rückweg ins Hotel machten. Erst als wir von der Autobahn abfuhren, fing es an zu regnen, es gewitterte allerdings nicht. Die Gewitter kamen erst, als Sola und ich auf dem Bett lagen und Minecraft am Handy spielten. Der Regen trommelte gegen die Fensterscheibe und immer wieder wurde unser Raum von Blitzen erhellt. Am Abend wurden wir von unserer Großmutter schon wieder zum Essen in einem Restaurant eingeladen. Wir fuhren sie in das Restaurant und auch anschließend wieder zurück ins Hotel, wo wir uns schließlich auch vor der langen Fahrt ins Bett legten.
Am nächsten Morgen regnete es immer noch, mein Vater lud mit hochgezogener Kapuze die Koffer und Taschen von uns ins Auto. Meine Mutter schleppte mit uns immer mehr nach unten, was noch länger dauerte als ich dachte. Dann endlich konnten wir unsere Zimmerschlüssel zurückgeben und abfahren. Direkt hinter der Grenze begann allerdings auch schon der Stau, es ging nur sehr schleppend voran, bis wir endlich in Nürnberg waren. Der Zwischenstopp über Nacht da, war vorallem für meinen Großvater zwingend notwendig. Er konnte nicht mehr so lange sitzen und hatte schon die letzte halbe Stunde vor der Ankunft nur noch gerappelt. Meine Mutter legte ihn schließlich mit einem Buch zumindest ein bisschen still.
Der Rest der Fahrt nach Hause ging dann wenigstens ein wenig schneller und schließlich hatten wir auch den anstrengenden letzten Teil hinter uns. Meine Großeltern verkrochen sich ziemlich rasch in ihren Teil des Hauses, während wir uns dann mit den Taschen abmühten.