Der Witkəś ist ein Wesen aus der Mythologie des mansischen Volkes Russlands. Witkul' ist ein Synonym, das offenbar mit der Lokalität zusammenhängt – witkul' findet man in Seen und witkəś in Flüssen.
Sie werden auch als Witkəś-ōkja (männlich), Witkəś-ēkwa (weiblich); Witkul', Witkul'-ōkja (männlich), Witkul'-ēkwa (weiblich) bezeichnet.
Etymologie
Der Name des witkəś oder witkul' leitet sich von wit, "Wasser" ab.
Merkmale
Sie tragen eine Art Geweih, welche in Form und Gestalt den Stoßzähnen eines Mammuts gleichen. Die genaue Gestalt der Witkəś ist nicht näher bekannt, es ist aber anzunehmen, dass sie braunbefellte Körper besitzen, bis zu 10 Meter groß werden und einen Hominoiden-Charakter aufweisen.
Witkəś meiden meist menschlichen Kontakt und gelten als sehr scheu. Gelegentlich werden sie in männliche witkəś-ōkja und weibliche witkəś-ēkwa unterteilt.
Die Witkəś und Witkul' sind unermüdliche Gräber, die Löcher und Flusskanäle ausheben, um den Wasserlauf zu lenken.
Vorkommen
Witkəś lebt in den Tiefen des Wassers, mann kann ihre Lebensräume mehrheitlich an ihren abgeworfenen Geweihen oder Strudeln/Stromschnellen im Gewässer erkennen.
Lebensweise
Ernährung
Am Tawda-Fluss zogen Witkəś Pferde ins Wasser, um sie zu fressen. Dafür erzeugen die Witkəś einen Strudel, der so mächtig ist, dass Vögel es nicht wagen darüber zu fliegen, denn sonst würden sie auch hineingezogen werden.
Aufgrund dieser mächtigen Strudel fischt auch niemand in den Gewässern der Witkəś.
Fortpflanzung
Da man immer wieder Knochen (von Wollhaarmammuts) findet, geht man davon aus, dass die Witkəś sterblich sind.
Glaubt man den Erzählungen entlang des Sosva-Flusses, fressen sich alte Bären und Elche auf der Erde so lange, bis sie irgendwann zu alt oder zu schwer sind, um das Wasser zu passieren, versinken und werden so zu den Wassergeistern. In Seen werden die Wesen sie zu witkul', während sie in Flüssen zu witkəś werden.
Kulturelle Bedeutung
Gastfreundschaft
Es ist bekannt, dass sie Gäste unter Wasser zum Teetrinken einladen.
Mythologie
Gewässerschöpfer
Es wurde angenommen, dass ein Witkul'-ēkwa den Fluss Lyapin ausgegraben hatte, und ein Witkul'-ōkja schuf die großen Seen des Flusses Sos'va.
Opfergaben
In der Gegend von Beresowo war es Tradition, den Witkəś ein Rentier zu opfern, wenn das Eis zu treiben begann.
An anderen Orten wurden Gegenstände wie Kupferkessel als Opfergaben für die Witkəś in die Strudel geworfen.
Einmal stahl ein alter Mann ein Seidentaschentuch mit Silbermünzen, das für die Witkəś bestimmt war. Sein Boot wurde urplötzlich bewegungsunfähig und ein mehr als zehn Meter langer Mann erschien aus dem Wasser und beschuldigte den Mann des Diebstahls. Als dieser das Tuch vor Schreck ins Wasser warf, wurde das Boot sofort wieder schwimmfähig und er konnte flüchten.
Verteidgung
Versucht ein Witkəś jemanden zu ertränken, muss der Witkəś verscheucht oder getötet werden. Eine Möglichkeit dafür besteht ein Boot mit Salz, Pech und Schießpulver zu füllen und zur Sicherheit einen Vogelscheuchen-Köder aufzustellen, bevor man das Boot in Brand setzt und es zum Verschlucken in den Strudel schiebt. Durch die Explosion wird der Witkəś tödlich verstümmelt und wenn sein sterbendes Stöhnen zu hören ist, ist es wieder sicher, das Wasser zu betreten.
Symbolik
Das Erscheinen dieser Wesen bedeutet meist ein Omen für einen bevorstehenden Tod.
Wissenschaftliche Erklärungsversuche
Es ist eines der wenigen Fabelwesen, das zweifelsohne aus paläontologischen Beweisen, in diesem Fall aus den Überresten von Wollhaarmammuts (Mammuthus primigenius), abgeleitet wurde.
Taxonomische Stellung
Die taxonomische Stellung der Witkəś ist fraglich, sie besitzen CHaraterzüge eines Wassergeists bzw. von Nixen, erscheinen aber auch zu einem gewissen Grad Hominoid zu sein. Da genaue Angaben zur Gestalt Mangelware sind, kann dies aber nicht mit Sicherheit gesagt werden.
Nachweise
- Napolskikh, V., Hoppál, M., and Siikala, A. (2008) Mansi Mythology. Akadémiai Kiadó, Budapest.