„Verstehst du jetzt, wieso wir diesen Stein so dringend brauchen?“, fragte Emeraude ihre Schwester. Sie saßen alle an einem Glastisch. Eine Magd schenkte ihnen eine seltsame, grüne Flüssigkeit ein. Lydia beäugte es misstrauisch. „Es ist Pfefferminztee“, flüsterte Almeda und nahm selbst einen Schluck. Evangeline stützte sich mit den Ellenbogen auf den Tisch und legte ihr Kinn auf ihr Handrücken. „Ja aber ich kann euch nicht einfach unseren heiligsten Besitz aushändigen. Das geht nicht.“ „Evangeline, hörst du nicht was ich sage? Anton wird ganz Chandrick vernichten!“ Evangeline nahm einen Schluck von ihrem Pfefferminztee. Dann lachte Emeraude auf. „Dein Reich ist dagegen immun, habe ich recht?“ Ihr Schweigen bestätigte Emeraudes Vermutung. „Wie ist das möglich?“, fragte Amon. „Das Feenreich ist zwischen den Welten. Also der Erde und Chandrick“, erklärte die Feenkönigin. „Glaubst du wirklich, dass dein Reich vor Anton sicher bleibt?“ „Hier her kann man keine Portale öffnen, falls du das andeutest.“ „Glaub mir, das weiß ich.“ „Ich bekomme Kopfschmerzen.“ Evangeline rieb sich die Schläfen. „Mathis ist noch am Leben“, sagte Emeraude nach einer Weile. Evangeline starrte sie an. „Du scherzt.“ „Nein. Seine Tochter Mila ist ebenfalls am Leben und riskiert ihr Leben für Chandrick. Während du dich verkriechst.“ „Amaras Tochter lebt also doch.“ „Sie ist unsere Nichte. Wir müssen ihr beistehen.“ „Amara ist nicht meine Schwester.“ „Wir haben denselben Vater also sei nicht so.“ „Dann hätte unser Vater eben nicht Amaras Mutter schwängern sollen!“, zischte Evangeline. Caitlin riss die Augen auf und hielt Auroras Ohren zu. „Hey!“ „Das du mich so reden lässt. Unfassbar“, murmelte Evangeline. „Das Einzige worum ich dich bitte, ist dieser Stein. Evangeline bitte.“ „Nein.“ Sie stand auf. „Leute, lasst mich mal alleine mit meiner Schwester reden.“ „Mein Entschluss steht fest. Almeda begleitet euch raus.“ „Die drei anderen Steine haben sich offenbart“, sagte Aurora mit ihrer weichen Stimme. Ein Stein, ein Königreich. Mila hat das Rätsel gelöst.“ Evangeline blieb stehen und drehte sich zu Aurora um. „Stimmt das? Ihr seid im Besitz der anderen drei Steine?“ Aurora nickte. Plötzlich ging die Tür auf und eine Fee in einem pinken Kleid, einer Brille und Korkenzieherlocken kam herein gestürmt. „Eure Hoheit! Das Caeli! Es pulsiert!“, rief sie außer Atem. Evangeline sah die junge Fee an. „Es pulsiert?“ „Ja, Ihr müsst kommen.“ Dann flog sie los. Evangeline und Almeda folgten ihr. Emeraude sah die anderen an und rannte dann hinterher. Die anderen folgten ihr. Sie rannten eine Treppe runter und folgten dann einem langen Gang. Schließlich traten sie durch eine große Tür und sahen auf dem Tisch einen großen, weißen Stein. Es pulsierte immer stärker. „Wow“, murmelte Caitlin. Evangeline trat näher. „Was ist hier los?“, verlangte sie zu wissen. „Es hat vor einer halben Stunde angefangen zu leuchten und vor zehn Minuten zu pulsieren. Es scheint, als rufe es nach etwas“, erklärte eine männliche Fee, der einen weißen Kittel trug. Er war schon etwas älter. „Oder nach Jemandem“, sagte Emeraude. Evangeline fuhr zu Emeraude herum. „Das kann nicht sein!“ „Eure Hoheit, seht doch“, Almeda zeigte auf den Stein. Es schwebte. Es schwebte auf Amon zu. Jeder sah gebannt zu. Es tauchte Amon mit in sein grelles Licht und als das Licht schließlich erlosch, trug Amon an seinem Handgelenk einen Armband aus schwarzem Leder, mit einem weißen Stein in der Mitte. „Das Caeli scheint seinen Träger gefunden zu haben“, sagte Lydia und sah das Armband an. Plötzlich gingen alle im Raum vor Amon auf die Knie. Alle bis auf Caitlin, Lydia und Emeraude. Selbst die Feenkönigin ging auf die Knie. „Was ist jetzt los?“, fragte Lydia und sah die anderen fragend an. „Steht bitte auf“, sagte Amon. Langsam wurde es merkwürdig. „Die Legende besagt, dass der Träger des Caeli, ein Mitgründer einer neuen Welt sein wird“, erklärte der Feen-Mann. „Das ergibt Sinn. Aurora sagte, als Coilin den ersten Stein bekam, dass er die vier Reiche vereinen wird“, wiederholte Caitlin und sah Aurora an. „Stimmt’s?“ Aurora nickte. „Dann braucht ihr meine Erlaubnis nicht mehr. Das Caeli ist nicht mehr in meinem Besitz.“ Emeraude sah ihre Schwester an. „Seit Jahrhunderten haben die Beschützer der Steine auf diesen Moment gewartet. Es kommt etwas auf uns zu, was uns entweder befreien, oder zerstören wird.“ Ehrfurcht schwang in der Stimme des alten Mannes. „Wir müssen so schnell wie möglich zu den anderen gelangen“, sagte Emeraude. „Nach dem ihr bekommen habt was ihr wolltet, ist es kein Wunder, dass…“ Königin Evangeline wurde durch eine weitere Fee unterbrochen. „Den Engeln sei Dank, hab ich Euch gefunden!“ „Was ist los, Valerie?“ Die Fee trug ein kurzes, hellblaues Kleid. Sie hatte braune, schulterlange Haare und schmale Flügel, mit einem Hauch von Hellblau darin. „Wir erhielten eine Botschaft von Zarina. Das Feenreich wird angegriffen.“