Der Wunder-Bär
(Märchenabend 2023)
Es war einmal ein kleiner Teddybär namens Dusty.
Dusty war ein Bärchen von Starshine Hill, ausgebildet dazu, Menschenkinder vor den mächtigen Albträumen zu beschützen. Er war ein kleines Bärchen mit weißem Fell und einer roten Schleife, und aktuell gehörte er einem jungen Mädchen namens Mona. Eigentlich war er Monas älterer Schwester Susan zugeteilt, aber sie hatte ihn an Mona weitergegeben.
Denn das kleine Mädchen war sehr schwer krank. Sie war schon sehr lange krank und mit der Zeit nur noch kränker geworden. Nun sah es ganz so aus, als würde sie auch nicht mehr lange leben, und deshalb hatte Susan ihrer Schwester Dusty geschenkt, damit er auf sie aufpasse.
Diesen Auftrag nahm Dusty natürlich ebenso ernst wie seine eigentliche Arbeit. Vielleicht sogar noch viel ernster. Deshalb trat er sofort in seiner ersten Nacht an, um sich mit den anderen Kuscheltieren des kleinen Mädchens abzusprechen.
Aber er erlebte eine schreckliche Überraschung! Monas Kuscheltiere - das verwaschene, rosa Schweinchen und der blaue Dino und sogar die flauschige Kuscheldecke - hatten sich alle schweigend versammelt und machten keine Anstalten, sich auf den Kampf gegen die Albträume vorzubereiten.
"Hallo!", rief Dusty ihnen zu und winkte. "Ich bin neu. Was soll ich tun?"
"Ach ... es gibt ja doch nichts zu tun", murmelte das rosa Schweinchen.
"Wir können nur abwarten", sagte der blaue Dino ganz traurig.
"Und Mona noch etwas Frieden schenken", sagte die Kuscheldecke, die von sehr, sehr vielen Tränen getränkt worden war, sodass sie ganz salzig war.
Dusty sah die drei entsetzt an. "Wollt ... wollt ihr denn nicht kämpfen?"
"Wogegen noch kämpfen?", fragten ihn die drei.
Dusty war sehr erschrocken. "Wir müssen Mona doch helfen."
Aber der Dino schüttelte traurig den Kopf. "Nur ein Wunder kann ihr jetzt noch helfen. Das liegt außerhalb unserer Macht." Und was Dusty auch versuchte, die drei ließen sich nicht überzeugen, in dieser Nacht noch etwas zu tun. Alleine wehrte er die Albträume ab, so gut er konnte, aber er war einfach zu klein für die vielen Albträume, die es auf Mona abgesehen hatten. Auf Mona und - so fürchtete er - auch auf ihre drei Kuscheltiere.
•ᴥ•
Nach dieser Nacht ging Dusty in die Teddybärenküche, wo sich all die Teddys tagsüber trafen - wenn die Kinder in der Schule oder anders beschäftigt waren. Dusty scherzte nicht mit den anderen Bärchen. Er war nachdenklich und überlegte, was er tun könnte.
Die Teddyköchin bemerkte, dass Dusty grübelte, und kam zu ihm.
"Was hast du, Bärchen?", fragte sie ihn besorgt.
"Ach, es ist nur sehr traurig." Und dann berichtete Dusty ihr von der kleinen Mona und ihrer Krankheit und dass Monas andere Kuscheltiere bereits aufgegeben hatten.
"Sie sagen, dass wir nichts mehr tun können und nur ein Wunder Mona noch retten kann."
"Wenn nur ein Wunder noch helfen kann, dann braucht ihr ein Wunder", sagte die Teddyköchin ernst.
"Aber Wunder gibt es nirgendwo zu ernten."
"Natürlich nicht! Wunder sind ja keine Rüben!" Entschlossen schwang die Teddyköchin den Löffel. "Aber es gibt den Wunder-Bären, der wird Mona helfen können."
Dusty sah auf. "Wer ist denn der Wunder-Bär?"
"Das weiß niemand so genau." Die Köchin beugte sich zu ihm herunter und flüsterte verschwörerisch: "Keiner kann sagen, wie er aussieht oder wann er auftaucht. Aber wenn man sich ganz stark bemüht, niemals aufgibt und für seinen Menschen kämpft, dann hört der Wunder-Bär davon und er kommt vorbei."
"Und er kann helfen?" Dusty machte groooße Augen.
"Natürlich. Er ist der Wunder-Bär!" Die Teddyköchin nickte ernst. "Er kann alles tun. Aber er macht das nur für Bärchen, die sich bewiesen haben. Er hat nämlich nicht viel Kraft, er kann nur ganz selten ein Wunder machen, und dann wählt er die Bärchen aus, die am härtesten um dieses Wunder gekämpft haben."
"Aber wie muss man kämpfen?" Dusty grübelte. "Reicht es, nur die Albträume zu vertreiben? Das erscheint mir nicht richtig. Ich glaube, man muss mehr machen."
"Das muss du selbst herausfinden", sagte die Teddyköchin und legte ihm ihre weiche Pfote auf die Schulter. "Ich bin sicher, dass du das schaffst."
•ᴥ•
So ermutigt ging Dusty wieder zurück. In der folgenden Nacht besprach er sich mit den anderen Kuscheltieren.
Oink, das kleine Schweinchen, rümpfte zweifelnd den Rüssel. "Dieser Wunder-Bär klingt für mich wie eine Legende. Bist du ganz sicher, dass es ihn wirklich gibt?"
Dusty nickte ernst.
"Aber du hast keine Beweise!" Oink schüttelte den Kopf. "Wie kannst du dann daran glauben?"
"Wenn ich einen Beweis hätte, dann wäre es ja kein Wunder mehr", sagte Dusty überzeugt.
"Hm, vielleicht hast du recht." Oink legte den Kopf schief, überlegte und nickte dann. "Ja, es stimmt. Wenn man weiß, dass es passieren wird, ist es kein Wunder mehr."
Dann meldete sich Zahn, der blaue Dino: "Wie funktioniert das denn? Wie soll der Wunder-Bär davon hören, was wir hier machen? Und wie kann er Mona heilen?"
"Es ist ein Wunder", sagte Dusty wieder. "Da weiß man nie, wie es passiert."
Zahn überlegte und stimmte Dusty schließlich zu. "Ich schätze, das macht es zu einem Wunder, ja."
Erwartungsvoll sah Dusty die drei anderen an. "Also, helft ihr mir?"
Oink und Zahn nickten, aber die Kuscheldecke bewegte sich nicht. Die Decke hatte von Mona keinen Namen erhalten, obwohl sie Monas liebstes Kuscheltier war. Sie war einfach nur 'die Decke'. Mona nahm sie aber überall hin mit. Auch ins Krankenhaus, wohin sie keines der anderen Kuscheltiere mitnahm, weil ihre Mutter nur eines erlaubte. Manchmal blieb Mona wochenlang dort, und die Decke blieb immer bei ihr.
Jetzt lag die Decke ganz matt im Bett und rührte sich nicht. Als sie die Blicke der anderen drei spürte, seufzte sie. "Ach ... es gibt ja so viele kranke Kinder. Wieso sollte der Wunder-Bär ausgerechnet zu Mona kommen?"
Dusty, Oink und Zahn tauschten einen Blick.
"Denkst du denn nicht, dass Mona ein Wunder verdient hat?"
"Natürlich hat sie das!", sagte die Kuscheldecke. "Aber die anderen Kinder doch auch."
"Nun, das heißt nicht, dass Mona es weniger verdient hat."
"Vielleicht", gab die Decke zu. "Aber diese Kinder haben auch sicher alle eigene Kuscheltiere, die um sie kämpfen. Es gibt so viele Kinder, die Wunder brauchen. Wir haben keine Chance, dass der Wunder-Bär ausgerechnet zu uns kommt."
"Vielleicht ja doch!", widersprach Dusty. "Wir müssen es einfach versuchen. Nur wenn wir nicht kämpfen, haben wir wirklich keine Chance!"
Zögerlich nickte die Decke, aber dann seufzte sie. "Ach, Dusty ... Ich weiß nicht, ob ich noch Kraft dafür habe, zu kämpfen. Ich glaube, ich kann das nicht mehr."
"Natürlich kannst du", sagte Dusty entschlossen. "Du bist ja auch nicht allein. Wir sind alle zusammen."
Dann, endlich, nickte die Decke zögerlich. "Also gut. Versuchen wir es."
In dieser Nacht kämpften sie zum ersten Mal seit langem gegen die Albträume. Es waren viele böse Träume. Träume vom Krankenhaus und von Ärzten und Träume vom Sterben. Aber es gab auch schöne Träume, in denen Mona glaubte, dass sie gesund war. Der blaue Dino wollte auch die abwehren.
"Wenn wir sie zulassen, wird Mona immer so traurig, wenn sie wach wird", erklärte Zahn. "Diese Träume sind auch böse."
"Aber sieh sie dir nur an!", protestierte Dusty. "Sie wollen Mona nur helfen."
"Und solange sie träumt, ist sie glücklich", fügte Oink hinzu, das kleine, rosa Schweinchen.
"Na gut", sagte Zahn vorsichtig. "Aber es ist so schwierig, wenn Mona aufwacht. Ich weiß nicht, ob ich sie dann trösten kann."
"Wir trösten sie alle zusammen", sagte Dusty. "Für einen alleine wäre das ja wirklich zu viel."
Und dann kämpften sie weiter und jagten die bösen Albträume weg, ließen aber die schönen Träume durch. Ab und zu, wenn er müde wurde, musste Dusty eine Pause machen. Dann kämpften die anderen drei für ihn weiter, und Dusty sah sich die Träume an, die Mona hatte. Es waren schöne Träume, in denen sie mit ihrer Schwester Susan spielte oder Freundinnen fand - denn außer ihrer Familie kannte sie noch nicht sehr viele Leute, nur Ärzte. Oder sie tollte im Wald umher, ganz ohne Sorge, dass sie erschöpft werden konnte.
Sobald einer der anderen nicht mehr konnte, ging Dusty wieder zu den Albträumen und so wechselten sie sich die ganze Nacht hindurch ab.
Als der Morgen dämmerte, war es aber immer noch nicht vorbei, denn jetzt wurde Mona wach, und ganz, wie Zahn es prophezeit hatte, weinte das Mädchen ganz bitterlich. Dusty und die drei Kuscheltiere drückten sich an sie. Die Decke legte sich warm und weich um Monas Schultern und umarmte sie so fest, wie eine Decke umarmen kann (was nicht sehr fest ist). Aber Mona weinte immer weiter, bis schließlich Susan ins Zimmer kam und sie auch in den Arm nahm. Dusty und die Kuscheltiere mussten sich nun ganz leblos stellen, damit die Kinder nicht bemerkten, dass sie lebten. Aber Mona drückte sie alle ganz fest an sich und Dusty konnte unauffällig ein Stück vor rutschen, um seine Pfote auf Susans Hand zu legen. Denn auch Susan war noch sehr jung und sehr verängstigt und er wollte für sie da sein. Immerhin war er eigentlich ihretwegen hier, auch wenn sie entschieden hatte, dass Mona ihn gerade mehr brauchte.
"Was hast du denn?", fragte Susan ihre kleine Schwester.
"Ich habe geträumt", sagte Mona weinend. "Ich habe geträumt, dass wir draußen spielen konnten, so wie früher, und ich musste nicht mehr zu Ärzten und keine Medikamente mehr nehmen und die Sonne schien ..." Dann weinte sie noch etwas lauter. "Ich will wieder gesund sein, Susan."
"Ich will auch, dass du wieder gesund bist", sagte Susan und drückte ihre kleine Schwester.
"Und ich will das auch", flüsterte Dusty so leise, dass die beiden ihn nicht hörten.
•ᴥ•
Die anderen drei dachten sicher das gleiche. Jedenfalls waren sie in der nächsten Nacht wieder kampfbereit, ganz ohne dass Dusty etwas sagen musste.
"Eine Sache!", sagte Zahn aber. "Wir lassen diesmal keine schönen Träume mehr durch. Das war gestern ganz schrecklich. Ich will das nicht mehr."
"Wir müssen sie durchlassen", rief Oink sofort. "Mona hat doch so schön gelächelt."
"Aber dann hat sie geweint!", widersprach Zahn. "Sie hat sogar Susan geweckt und Susan hat auch geweint."
Dusty sah den blauen Dino lange an. Dann trat er vor und umarmte ihn ganz fest. Zuerst war Zahn überrascht. Dann aber drückte er Dusty eng an sich.
"Ich habe solche Angst!", sagte Zahn. "Mona ist im Traum so glücklich, aber wenn sie dann aufwacht und alles schrecklich ist, tut es weh."
"Das ist Hoffnung", sagte Dusty ruhig. "Und Hoffnung kann Angst machen oder wehtun. Aber Mona muss sehen, wie das Leben sein kann. Wir alle müssen das sehen. Damit wir wissen, worum wir kämpfen. Wir können nicht aus Hass gegen die Albträume kämpfen. Wir müssen für Mona kämpfen, für ihre Zukunft."
Zahn schniefte. Tränen kullerten aus seinen großen Augen und seine Ärmchen waren zu klein, um sie abzuwischen. Deshalb machte Oink das. Oink und die Decke waren zu ihnen gekommen und drückten Zahn jetzt auch.
"Ich habe Angst, dass wir ihr das nicht geben können, was die Träume ihr versprechen", sagte Zahn. "Dass sie immer krank bleibt und niemals wieder draußen spielen kann."
"Das wird nicht passieren", sagte Dusty. "Der Wunder-Bär wird uns helfen."
Vorsichtig nickte Zahn. "Okay. Ich glaube, dann kann ich das auch schaffen."
So war es beschlossen und sie ließen die schönen Träume immer durch, auch wenn Mona danach manchmal weinen musste. Aber sie weinte nicht immer, und das machte ihnen allen Mut.
•ᴥ•
In der nächsten Nacht kämpften sie wieder. Die Albträume waren gemeiner geworden, denn sie sahen, dass die anderen Träume durchkommen konnten und wollten eine Lücke in der Verteidigung finden. Es war eine sehr anstrengende Nacht für Dusty, die Kuscheldecke, Oink und Zahn. Wie immer lösten sie sich ab, aber sie wurden trotzdem immer müder.
Mittendrin merkte Dusty aber, dass Oink überhaupt keine Pause machte. Das Schweinchen blieb einfach immer bei den Kämpfern stehen und reckte den kurzen Rüssel drohend den Albträumen entgegen.
"Oink, du musst eine Pause machen", sagte Dusty. "Komm, ich nehme deinen Platz ein."
"Ich bin nicht müde", sagte Oink.
"Aber du hast die ganze Nacht schon keine Pause gehabt."
"Ich schaffe das. Wir müssen doch um Mona kämpfen! Und zwar richtig, richtig doll kämpfen."
Dusty schüttelte den Kopf. "Wenn du nur kämpfst, dann bist du morgen ganz erschöpft und kannst nicht mehr kämpfen."
"Ich bin nicht müde!", wiederholte Oink, nun etwas ärgerlich.
"Du musst eine Pause machen", beharrte Dusty. "Ja, wir müssen um Mona kämpfen, aber wir müssen auch aufpassen, dass wir uns dabei nicht selbst wehtun." Dusty legte Oink eine Pfote auf die Schulter. "Mach eine Pause. Wir schaffen das auch ohne dich für eine Weile."
Widerstrebend stimmte Oink zu und setzte sich nach hinten. Gerade hatte Mona wieder einen schönen Traum und Oink sah ihm lange zu. Mona tanzte dort auf einer großen Feier mit vielen Freunden und einer dieser Freunde war ein hübsches, rosa Schweinchen. Das gefiel Oink sehr! Es tanzte nämlich sehr gerne.
Als das Schweinchen sich von der Betrachtung des Traums lösen konnte und wieder aufstehen wollte, stellte es fest, dass schon der nächste Morgen nahte.
"Oh nein! Ich habe euch im Stich gelassen!", rief es zu Dusty.
"Es ist alles in Ordnung. Das war gar nicht mehr lang." Dusty lächelte.
Oink zog den Rüssel kraus. "Ich war wohl doch müder als ich dachte. Ich habe gar nicht gemerkt, wie erschöpft ich war. Jetzt fühle ich mich wieder besser. Es tut mir leid, dass ich dir nicht geglaubt habe, Dusty."
Dusty umarmte das kleine Schweinchen. "Das muss dir nicht leidtun. Wir alle sorgen uns ja um Mona und wollen helfen. Aber niemand von uns muss alleine kämpfen, Oink. Wir passen auf Mona und aufeinander auf."
•ᴥ•
Nach dieser langen Nacht waren sie alle müde und schliefen ein. Am Mittag wurden sie dann aber wach, weil Mona fürchterliches Fieber bekam, das gar nicht mehr sinken wollte. Dann kamen Monas Eltern herein und waren sehr besorgt und hektisch. Die Kuscheltiere bekamen es mit der Angst zu tun, weil Monas Eltern hastig packten. Sie wollten jetzt schnell ins Krankenhaus, weil es Mona ganz schlecht ging. Dann nahm Monas Papa sie auf den Arm.
"Meine Decke!", rief Mona und streckte die Hand aus. Die Kuscheldecke hielt ihr rasch einen Zipfel hin und wickelte sich dann ganz fest um Monas Finger. Einen letzten, ängstlichen Blick konnte sie zu Dusty, Oink und Zahn werfen - dann waren Mona und Monas Eltern und die Decke aus dem Zimmer heraus und fort.
"Oh nein", murmelte Oink leise. "Wieso haben wir nur geschlafen?"
"Wir hätten für sie da sein müssen", sagte Zahn. "Sie hat uns gebraucht und wir haben geschlafen."
Dusty aber sagte gar nichts.
Sobald es still war im Haus, eilte er zur Teddybärenküche und suchte die weise Teddyköchin auf. Voller Sorge erzählte er ihr, wie furchtbar krank Mona geworden war und dass sie jetzt weg war, und dass alles sehr schlimm aussah.
"Ist denn jemand bei ihr?"
"Ja, die Decke", sagte Dusty. "Aber die Decke ist ganz allein und müde und schwach. Was, wenn die Albträume kommen? Was, wenn die Decke sich ganz alleine so vielen Albträumen stellen muss, und noch auf Mona aufpassen?"
Die Teddyköchin streichelte Dusty beruhigend. "Ich glaube, jetzt können wir nur noch auf den Wunder-Bär hoffen."
Entmutigt kehrte Dusty zu seinen Freunden zurück und drückte sie fest an sich. Oink und Zahn hatten auch fürchterliche Angst um Mona. Und dann kam auch Susan leise in das Zimmer und drückte die drei Kuscheltiere an sich, weil sie ganz allein zuhause war und nicht wusste, was aus ihrer Schwester werden würde. So klammerten sich die vier aneinander und sie alle schlossen die Augen und baten stumm, dass jemand Mona helfen würde.
"Bitte, Wunder-Bär", flüsterte Dusty ganz leise. "Bitte, bitte hilf Mona!"
•ᴥ•
Das Telefon klingelte. Susan lief sofort hin und nahm ab. Die drei Kuscheltiere lauschten voller Angst.
Es war die Mama von Susan und Mona. Sie sagte, dass nun alles gut werden und sie bald wieder nach Hause kommen würden.
"Die Ärzte machen noch ein paar Tests, aber es sieht so aus, als hätte Mona es jetzt endlich geschafft. Es geht ihr wieder besser!"
Es dauerte dann noch ein paar Tage, aber dann kam Mona wieder nach Hause. Es ging ihr viel, viel besser und die Ärzte sagte, dass sie bald wieder gesund werden würde.
Sobald sie etwas Zeit hatten, drängten sich Dusty, Oink und Zahn um die Kuscheldecke.
"Was ist passiert?", fragten sie aufgeregt. "Hast du den Wunder-Bär gesehen? Hat er Mona geheilt?"
"Ich habe gar keinen Bär gesehen!", widersprach die Decke. "Zuerst waren wir noch bei Monas Eltern, aber dann haben die Ärzte Mona in ein ganz großes, ganz leeres Zimmer gesteckt. Da war gar keiner drin, nur lauter Maschinen! Sogar die Ärzte waren ganz oft weg. Nur ich war bei ihr. Oh, ich hatte solche Angst!"
Die Kuscheldecke bebte, als sie sich erinnerte.
"Es war kalt und Mona hat furchtbar gezittert. Ich habe mich an sie gedrückt und sie hat mich umklammert, und dann hat sie mich, ganz leise, gefragt, ob sie jetzt sterben muss."
"Oh nein! Die arme Mona!" Zahn und Oink guckten entsetzt.
"Und dann musste ich an euch denken. An dich, Dusty, und an euch beide. Daran, wie viel wir gekämpft haben. Und an die schönen Träume. Und daran, wie wir auf Mona aufpassen." Die Kuscheldecke wurde mit einem Mal ganz fluffig. "Dann habe ich Mona gesagt, dass alles gut wird. Sie konnte mich natürlich nicht hören, aber ich habe es trotzdem gesagt. Immer und immer wieder. Ich habe mich ganz weich gemacht und ihre Tränen getrocknet und sie an mich gedrückt. Irgendwie ... ist dann wirklich alles gut geworden."
Die Decke machte eine kurze Pause.
"Ich habe keinen Bären gesehen. Aber vielleicht war ich auch abgelenkt? Jedenfalls ging das Fieber dann irgendwann weg und Mona fühlte sich wieder besser. Dann haben die Ärzte gesagt, dass sie ganz toll aussieht und schon viel kräftiger. Es gab ganz viel leckeres Essen und noch ein paar doofe Tests, aber Mona hat die ganze Zeit gesagt, dass sie ja bald nach Hause kann. Und hier sind wir!" Stolz streckte sich die Decke. "Es hat geklappt!"
Darüber freuten sie sich natürlich alle sehr. Dass es Mona wieder besser ging, war ja das Wichtigste. Sie würde noch etwas Zeit brauchen, um sich zu erholen, aber es war alles gut geworden. Und dafür hatten sie schließlich gekämpft!
Dusty aber fragte sich immer noch, wieso sie den Wunder-Bär nicht gesehen hatten. Als er das nächste Mal in der Teddybärenküche war, grübelte er noch immer darüber nach, bis die Teddyköchin schließlich zu ihm kam.
"Was ist denn los, Dusty? Was ist aus deinem Kind geworden?"
"Mona geht es wieder gut. Ich werde wohl bald wieder zu Susan gehen, weil sie mich auch braucht." Und dann, sehr zu seiner Überraschung, brach Dusty in Tränen aus. Er war eigentlich gar nicht traurig, er freute sich ja. Aber die Tränen konnte er nicht zurückhalten.
Die Teddyköchin drückte ihn an sich, bis er wieder etwas ruhiger war.
"Es tut mir leid", sagte er und wischte sich die Tränen ab. "Ich weiß nicht, was mit mir los ist."
"Du hast das wirklich toll gemacht, Dusty", sagte sie. "Aber das war sicherlich auch sehr anstrengend. Du hattest viel Angst um Mona."
Dusty nickte. "Ja, das war wirklich viel."
"Das Ende ändert nichts an dem Weg dorthin", sagte die weise Teddyköchin. "Du wusstest nicht, wie es ausgehen wird. Dass man in einem Kampf siegt, heißt nicht, dass man nicht verletzt wurde."
Dusty nickte ernst.
"Ich glaube", sagte er dann langsam, "ich fühle mich auch so komisch, weil ich den Wunder-Bär nicht gesehen habe. Er wird sicher nicht noch mal zu einem Kind kommen, das ich beschütze. Es wäre ja sonst kein Wunder."
"Wunder sind manchmal häufiger, als man denkt."
"Ich hätte ihm trotzdem sehr gerne gedankt."
"Soll ich dir ein Geheimnis verraten?", fragte die Teddyköchin und beugte sich vor. "Es gibt gar nicht den Wunder-Bär. Ein Wunder-Bär sieht für jeden ein bisschen anders aus. Und ganz oft, wenn wir auf ihn hoffen, stellen wir fest, dass er schon die ganze Zeit bei uns war."