Des Jägerskindes Teddy
(Märchenabend 2023)
Es war einmal vor langer Zeit, in einem weit entfernten Land, da lebte ein Jägersmann mit seinem Kinde.
Sie lebten in einem gar finsteren und dunklen Wald, indem es allerlei Gefahren gab: Rotten von Wildschweinen, hungrige Wölfe und wilde Bären, aber auch Stürme und das weite Dickicht ohne Pfade, in dem man sich allzu leicht verlaufen konnte.
Das Kind des Jägers fürchtete sich sehr vor dem Walde, und umso mehr, wenn der Vater ausging, auf die Jagd zu gehen. Um es zu trösten, machte der Jäger darum seinem Kinde einen Teddybären aus den einfachen Materialien, die er im Forst finden konnte.
Er bastelte den Teddy aus dem weichen Flausch von Weidenkätzchen und setzte ihm als Augen zwei Knöpfe von seinem eigenen Mantel ein. Zuletzt gab er dem kleinen Teddy einen Kerzenstummel als Herz, den einst seine Frau geformt hatte, die von ihnen gegangen war.
Wie das Kind diesen Teddy bekam, leuchteten seine Augen auf vor Glück und es umarmte den kleinen Bären, und fwhump!, da ward der Teddy dreimal so groß und unfassbar weich und flauschig geworden von der Umarmung des Kindes. Es liebte seinen Teddy wirklich sehr und war gar nicht mehr so traurig, wenn der Vater lange aus musste, denn nun hatte das Kind seinen Teddy, der ihm Gesellschaft leistete.
Nun ging der Vater eines Tages wieder in den Wald hinaus, da setzte ein fürchterlicher Schneesturm ein. Es heulte und toste rings um die Hütte, dass das alte Holz ächzte und die Fensterläden klapperten. Über Stunden kam der Vater nicht heim und das Kind begriff, dass er es bei dem Wetter auch nicht mehr schaffen konnte.
Voller Furcht umklammerte es den flauschigen Bären. Da regte sich dieser mit einem Mal.
"Hab keine Angst", sprach der Bär. "Ich wurde geschaffen, um dich zu beschützen, und genau das werde ich tun."
"Kannst du meinen Vater heimholen?", fragte das Kind.
"Ich alleine kann das nicht, doch zusammen schaffen wir es", versprach der Teddy. Er ergriff die Hand des Kindes mit seiner weichen Pfote. "Ich bin zwar nur aus Weidenkätzchen gemacht, aber sie können dir zu einer schützenden Decke in der Kälte werden. Drücke mich nur! Drücke mich, so fest du kannst, und lass nicht los." Denn das Kind hatte den Teddy so lieb, dass er groß und weich geworden war, so groß und weich, dass er die Kälte des Sturms vertreiben konnte. Das Kind drückte den Teddy an sich, mit aller Kraft. Sofort wich der heulende Schnee von der Hütte zurück. Denn Teddys sind dazu da, ihre Kinder zu behüten.
Daraufhin aber hörte das Kind, wie die wilden Tiere draußen um die Hütte schlichen und wie sie - kratz, kratz, kratz - am Holz kratzten.
"Oh nein, die wilden Tiere!" Das Kind fürchtete sich sehr und drückte den Teddy noch fester.
"Fürchte dich nicht. Ich kann die Tiere vertreiben, wenn du mir hilfst", sprach der Teddy. "Du musst mir nur eine Waffe machen. Vertraue mir, vertraue mir so feste, wie du nur kannst, ganz ohne Zweifel, und ich kann die bösen Geister verjagen."
Das Kind sah sich in der Hütte um, da entdeckte es einen Span im kalten Ofen, den gab es dem Teddy in die Pfote. Wie er diesen berührte, verwandelte der Span sich in ein kleines, hölzernes Schwert. Drohend schwang der Teddy dieses, und rief: "Hinfort, all ihr Schrecken und Albträume! Geht!" Und höre, da verstummte das Knurren und Kratzen draußen, die Tiere wichen zurück, denn Teddys haben die Macht, ihre Kinder zu beschützen. Und das Jägerskind vertraute dem Teddy so fest, dass er stark und unbesiegbar geworden war.
Nun war es warm und ruhig in der Hütte, doch das Kind war noch unglücklich. "Ich wünschte, mein Vater wäre wieder hier", sagte es leise.
"Fürchte dich nicht", sagte der Teddy. "Mit diesen Augen, die er aus den Knöpfen seines Mantels gemacht hat, kann ich ihn sehen. Er ist nicht weit, aber im Schnee findet er seinen Weg nicht. Ich kann ihn heimholen, wenn du mir hilfst."
"Was muss ich tun?", fragte das Kind.
"Gar nicht viel. Du musst mich nur lieb haben."
"Das habe ich." Und zum Beweis drückte das Kind den Teddy noch einmal an sich.
Da wuchs die Kerze im Herzen des Teddys und flackerte auf, hell und strahlend wie eine Fackel. So hell leuchtete das Licht, dass der Vater es draußen im Walde sah, und ihm folgen konnte bis in die Hütte. Dort fand er sein Kinde wohlbehalten vor, im warmen Heim und nicht von Tieren bedroht, und schloss das Kind und den Teddy fest in die Arme. Da war der Sturm vorüber und der Schnee schmolz und überall erhoben sich die Blumen des Frühlings, und die drei waren fortan froh und glücklich und der Wald ohne Schrecken.
Und wenn sie nicht gestorben sind, so leben sie noch heute.