CN: Gewalt
„Aufhören!“, rief der Gefangene und zerrte mit all seiner verbleibenden Kraft an den Ketten. Doch es nutzte nichts. Die metallenen Fesseln, welche am oberen Teil seiner Zelle angebracht waren und um seine Handgelenke lagen, schnitten nur tiefer in sein Fleisch. Blut sickerte aus den Wunden und lief über seine gestreckten Arme, während der ehemalige Sith Lord den Blick nicht von dem abwenden konnte, was außerhalb seiner Zelle geschah.
Auch das Schreien brachte ihm nichts. Er kniete mit nacktem Oberkörper in einer Isolationszelle, die zwar vollkommen aus Glas bestand, jedoch komplett schalldicht war.
Arden Kartos - so nannte sich der ehemalige Sith nun, nachdem er die Verbindung zur Macht und damit auch den Titel ‚Lord der Sith‘ verloren hatte - hörte sich selbst erschrocken keuchen.
Wie habe ich es nur so weit kommen lassen können?
Schlagartig wurde er sich seiner eigenen Schwäche bewusst. Etwas, das er vorher nie gekannt hatte.
Und nun musste Arden hilflos mit ansehen, wie Lord Ichor zu dessen Vergnügen seine Geliebte folterte. Er konnte sehen, wie sie sich unter dem Einfluss des dunklen Lords wandte, sah ihr vor Schmerz verzerrtes Gesicht, während sie an eine Wand gekettet stand. Sie war, wie Arden, komplett wehrlos. Und er konnte nichts tun, um ihr zu helfen.
Erneut zog er an den Ketten. Doch so sehr er sich auch anstrengte, er konnte sich nicht befreien. Nicht ohne die Macht. Ohne seine alte Stärke.
Bevor Arden von den Jedi gefangen genommen worden war, hatte er sich eine junge Frau als Schülerin genommen. Jeder andere Sith hatte sie aufgrund ihrer mangelnden Stärke verstoßen, doch Arden spürte sowohl ein schlummerndes Potenzial in ihr, als auch ein seltsames Gefühl der Verbundenheit. Am Ende hatte er es nicht nur geschafft, aus der jungen Frau eine loyale Kämpferin zu machen, sie waren auch ein Paar geworden.
Doch seine Überheblichkeit und sein schier unendlicher Glaube an die eigene Kraft hatten es den Jedi ermöglicht, ihn gefangen zu nehmen. Nach seiner Verurteilung durch den Rat der Jedi hatten sie ihn mithilfe eines furchtbaren Rituals nicht nur seiner Stärke beraubt, sondern ihn komplett von der Macht getrennt, gebrochen und als seelenlose Hülle zurückgelassen.
Seit diesem Tag hatte er sich seltsam hohl gefühlt. Da niemand mehr eine Gefahr in ihm sah, hatte man ihn sogar seinem eigenen Schicksal überlassen und ins Exil geschickt. Daraufhin hatte er sich an den äußersten Rand der Galaxie zurückgezogen.
Dort hatte ihn nur kurze Zeit später Lord Ichor, während eines Angriffs der Sith-Armee auf den Planeten, ausfindig gemacht.
Arden und Ichor waren einst Rivalen gewesen. Immer wieder hatte Ichor versucht, besser dazustehen als Arden und in der Gunst der großen Meister aufzusteigen. Schlussendlich war ihm das aber nie gelungen, da Arden die besseren Ergebnisse geliefert hatte.
Jetzt aber hatte Lord Ichor die Kontrolle über seinen ehemaligen Feind und nutzte eine weitere Schwäche seines Gefangenen aus.
Arden spürte, wie der Hass auf Ichor in ihm immer weiter aufkeimte. Er hasste den Duros für das, was er seiner Geliebten vor seinen Augen antat. Er hatte ihn schon damals gehasst, als sie noch Rivalen waren, und mehr als einmal hatte er versucht, sich seiner zu entledigen.
Doch dieser Hass, der in diesem Moment in ihm wallte, galt nicht nur seinem Peiniger, sondern auch sich selbst. Er hasste sich für seine Schwäche. Hasste sich dafür, so unvorsichtig und leichtsinnig gewesen zu sein. So überheblich und stolz.
Immer wieder riss er an den Ketten, seine Muskeln spannten sich unter seiner geschundenen Haut, das Metall klirrte, doch keines der Kettenglieder gab nach.
Wiederholt führte er sich seine eigenen Fehler vor Augen, schürte den Hass, bis er etwas in sich spürte. Es war nur ein kurzes Gefühl, kaum zu beschreiben, doch es war im so vertraut wie sein eigener Körper.
Erneut zerrte er an seinen Fesseln, während er mit ansehen musste, wie seiner Geliebten Schmerzen zugefügt wurden. Er konnte nicht aufgeben. Er durfte nicht aufgeben, nein, er musste ihr helfen. Und er musste ein für allemal seinen Rivalen vernichten!
Erneut keimte dieses vertraute Gefühl in ihm auf. Dieses Mal griff er danach, versuchte es festzuhalten und erkannte seine alte Stärke, die sich wieder in ihm aufbaute.
Unmöglich!, dachte er überrascht. Er hatte oft von den Ritualen gehört, mit denen Individuen von der Macht getrennt wurden, doch noch nie hatte er davon gehört, dass Opfer der Rituale sich wieder mit ihr verbinden konnten.
Da er aber daraus neue Hoffnung schöpfte, verdränge er diesen Gedanken und versuchte, die Energie in seinem Geist anzuzapfen.
Das musste auch der Sith gespürt haben. Ichor drehte seinen Kopf in Ardens Richtung und grinste selbstgefällig. Dann nahm er sein Lichtschwert, aktivierte die blutrote Klinge und stieß sie Ardens Geliebter ohne Vorwarnung durch die Brust.
„Nein!“, brüllte Arden außer sich vor Wut.
In diesem Moment entluden sich sein Zorn in Form einer gewaltigen Druckwelle. Das Glas seiner Zelle explodierte und überraschte die beiden jungen Sith, die ihn bewachen sollten. Die Splitter gruben sich in ihre Körper, die Kraft des Angriffs überwältige ihre schwache Verteidigung und wirbelte sie durch den Raum.
Arden spürte, wie das bekannte und willkommene Gefühl der dunklen Seite wieder durch seinen Körper pulsierte. Die Stärke, die Kraft, die die Jedi ihm genommen hatten.
Ich bin wieder ich selbst.
Bevor die beiden Sith sich aufraffen konnten, packte Arden sie mit der Macht und zerquetschte ihre Körper. Das Splittern und Brechen der Knochen war im gesamten Raum zu vernehmen, die verbogenen Leichen ließ er achtlos zu Boden fallen.
Er streckte die Hände aus. Wie auf einen unsichtbaren Befehl hin erhoben sich die Lichtschwerter der beiden toten Sith und kamen auf ihn zu. Arden fing sie auf und aktivierte sie, während der Duros lachte und die Klinge aus dem Leib der toten Frau zog.
Ardens Geliebte hing schlaff in den Ketten, ihr Kopf lag auf ihrer Brust, ihre Haare fielen über ihr Gesicht.
Arden knurrte, sein Zorn hatte die Kontrolle über seinen Körper übernommen. Mit grimmiger Entschlossenheit ging er auf seinen Feind zu. Die Lichtschwerter hatte er dabei so fest umklammert, dass die Knöchel weiß unter seiner Haut hervortraten.
Ichor wandte sich ihm zu und streckte einen Arm aus, die blutrote Klinge zeigte auf Arden. „Zu spät! Du bist zu spät!“ Ichor lachte erneut auf. „Du kannst sie nicht mehr retten! Schau dich nur an! Einst warst du so stark, und jetzt? Eine Niederlage nach der anderen.“
Arden antwortete nicht, blieb jedoch stehen. Seine gelb-roten Augen glühten vor Zorn, während er seinen Rivalen mit seinen Blicken fixierte.
„Aber vielleicht ist es noch nicht zu spät für dich?“ Ichor grinste gebieterisch. „Wie wäre es mit einem Platz an meiner Seite? Kampfhunde wie dich kann ich immer gebrauchen.“
Arden erkannte seine Schwäche im Verhalten seines Gegners wieder. Ichor wusste nicht, was gleich auf ihn zukommen würde.
„Ich denke, tot gefällst du mir besser“, antwortete Arden stattdessen und spannte seinen Körper an. „Ich hätte dich schon viel eher vernichten sollten. Diese Chance lasse ich mir nicht wieder entgehen.“
„Mir geht es auch so.“
Ichor ging in Stellung und machte sich bereit, doch Arden sprang schon auf ihn zu und begann seinen Angriff.
Schlag um Schlag ließ Arden auf den Sith niedergehen. Adrenalin und Energie flossen durch Ardens Körper, getrieben von der Gefahr und der Euphorie des Kampfes. Die Klingen trafen knisternd und kreischend aufeinander, während die beiden Sith immer wieder Schläge abtauschten, abwehrten und konterten.
Arden musste sich eingestehen, dass Ichor sich überraschend gut hielt. Entweder hatte der Sith in der Zeit von Ardens Abwesenheit viel dazugelernt oder Arden war körperlich einfach schwächer geworden. Mehrfach schaffte Ichor es sogar, ihn zu treffen, ihm kleine Schnittwunden an Armen, Beinen und der Brust zuzufügen. Der Schmerz drohte seine Konzentration zu stören.
Doch Arden machte sich seinen Hass zur Waffe, wandelte ihn in die Kraft um, die seinem Körper fehlte und schaffte es am Ende, seinem Gegner mithilfe einer geschickten Finte, die Hand abzuschlagen.
Ichor kreischte auf und wollte zurückweichen, doch Arden folgte ihm sofort und rammte ihm die Klinge durch sein Herz. Erschrocken und mit vor Schmerz verzerrtem Gesicht schaute Ichor auf die Klinge, die durch seinen Körper hindurchgefahren war, doch Arden reichte das noch nicht. Sein blanker Hass verlangte nach der absoluten Vernichtung seines Feindes.
Mit einem Schwung riss er die Klinge aus Ichors Körper, hob ihn mit der Macht an und ließ eine unbarmherzige Kaskade an Machtblitzen auf seinen sich windenden Gegner niederfahren.
Ichor versuchte sich zu schützen, hielt sich mithilfe der dunklen Seite am Leben, klammerte sich verzweifelt an seinen Verbleib, doch der Angriff seines Gegners war zu stark.
Arden brüllte lautstark, während die violetten Blitze den Raum erleuchteten und krachend durch die Verteidigung seines Feindes drangen. Knisternd traf die gewaltige Energie auf den Körper des sterbenden Sith Lords, ließ ihn aufschreien und krampfen. Das Schreien des Sith hallte in Ardens Gedanken wieder und entfachte eine Euphorie in ihm. Durch das Gewitter vor seinen Augen sah er, wie die Haut des sich windenden Mannes Blasen zu werfen begann, sich durch die Hitze von seinen Knochen ablöste und verbrannte. Am Ende blieb von Lord Ichor nur ein Haufen Asche am Boden übrig.
Arden keuchte und sackte auf die Knie. Hass und Zorn legten sich langsam, stattdessen kam eine überwältigende Erschöpfung und machte sich in seinem Körper breit. Er fühlte sich müde und vollkommen erledigt. Ein schwarzer Schleier begann, sich vor seinen Augen zu bilden.
Als er den Kopf anhob und die Leiche seiner Geliebten in Ketten hängen sah, überkam ihn die Trauer. Er wusste, dass sich dieses Bild für immer in seine Gedanken einbrennen würde, zusammen mit den Schuldgefühlen, dass er sie nicht hatte retten können. Er war jedoch zu schwach, um aufzustehen und sich von ihr zu verabschieden.
Er befand sich bereits am Rande der Ohnmacht, als er hörte, wie sich eine Tür öffnete. Schritte näherten sich ihm langsam, jemand blieb hinter ihm stehen, und eine ihm unbekannte Stimme erklang.
„Sehr gut. Wirklich sehr gut. Du wirst mir noch von großem Nutzen sein.“
Dann versank Ardens Welt in einer tiefschwarzen Nacht.