„Na ganz toll.“
Zinta, die junge Twi‘lek und erfahrene Padawan, lag am Rande einer Klippe und beobachtete durch ihr Fernglas den Talkessel, der sich vor ihr ausbreitete.
Neben ihr lag Cid, ein junger Zabrak, der ihr Freund und Reisegefährte war. Und der immer einen Grund zum Meckern fand.
„Wir sollen wir denn da bitte an ein Schiff kommen?“, grummelte Cid leise und veränderte seine Position ein wenig, damit ihm seine Beine nicht gänzlich einschliefen.
„Ich suche schon eine Möglichkeit“, gab Zinta ruhig zurück und überdachte ihre Optionen.
Mitten im Kessel hatten die Sith eine Art improvisierte Landeplattform aufgebaut. Dort starteten und landeten regelmäßig Transporter der Sith-Armee, um entweder Gefangene vom Planeten wegzubingen oder Vorräte und Verstärkung zu liefern. Rings herum um die Plattform breitete sich ein dichter Wald aus.
So einfach kann eine diplomatische Mission schiefgehen.
Eigentlich war Zinta auf den Planeten beordert worden, um dort mit der Regierung über den Beitritt in die Republik zu beraten. Doch kurz nachdem Zinta auf dem Planeten angekommen war, war ihr Schiff von den Sith abgefangen und zum Absturz gebracht worden. Und so steckte auch Cid in diesem Schlamassel mit fest, denn er hatte sich vor ihrem Aufbruch sofort bereiterklärt, sie zu begleiten.
Eher hat er darauf bestanden. Aber wie hätte ich ihm seinen Willen denn abschlagen können?, dachte sie amüsiert, was ihr zur derzeitigen Lage etwas unpassend erschien. Doch seitdem sie und Cid sich vor fünf Jahren während einer Mission kennengelernt und gegenseitig das Leben gerettet hatten, waren sie beinahe unzertrennlich.
Dass Cid ein ausgebildeter Kopfgeldjäger war, störte sie dabei wenig. Denn oftmals waren seine Fähigkeiten und Ideen sehr wertvoll. Und sie musste zugeben, dass sie ein gutes Team waren. Nur manchmal, da machte sie sich Gedanken, ob Cid nicht vielleicht mehr wollte, als nur ein „Team“ zu sein.
Dabei verließ sie sich darauf, dass er verstanden hatte, dass Jedi keine solchen Bindungen zulassen durften. Doch ganz sicher konnte sie sich nie sein.
„Einfach in das Lager stürmen und ein Schiff stehlen wird wohl nicht die Lösung sein“, seufzte sie, während sie die Augen nach weiteren Möglichkeiten offen hielt.
Cid lachte leise auf. „Ich bin zwar gut mit meinen Blastern, aber ob ich gegen einen Haufen Sith bestehen kann, wage ich zu bezweifeln. Sogar mit deiner Hilfe.“
„Es muss einen Weg geben, an eines der Schiffe zu gelangen“, sagte Zinta fest entschlossen und doch leise. Sie wollte nicht, dass das Echo ihrer Stimme den Feind auf sie aufmerksam machte.
„Und wenn wir viell- Oh, na schau mal da“, unterbrach Cid sich selbst.
„Hm? Sag, was siehst du?“
„Schau mal dort unten, etwas weiter westlich.“ Cid deutet mit einem Finger in die Richtung und Zinta schwenkte ihr Fernglas.
„Ich sehe da nur Wald, Cid.“
„Siehst du die kleine Lichtung dort unten? Schau mal ganz genau hin.“
„Ich hoffe, du weißt in welcher Lage wir stecken? Oh.“
„Und?“, fragte er leicht schnippisch. „Hast du sie gesehen? Was sind das für welche?“
„Ja, habe ich. Das sind zwei Akolythen.“
„Wenn du die Freundlichkeit hättest, mir zu sagen, was Akolythen sind?“
Zinta überlegte kurz, wie sie jemanden ohne Wissen um die Ausbildung der Jedi und Sith erklären sollte, was genau Akolythen waren. „Sie sind ähnlich wie wir Padawane. Nur weniger wert“, sagte sie schließlich. „Sith nutzen Akolythen als eine Art Kanonenfutter. Oftmals werden sie auf reine Selbstmordmissionen geschickt, und wenn sie wiederkommen, steigen sie in der Gunst ihres Lords auf. Also ihres Meisters. Anschließend werden sie einer großen Prüfung unterzogen. Wenn sie diese überleben, dürfen sie sich ebenfalls „Dunkler Lord“ nennen.“
„Und wie ist das bei euch Jedi?“, hakte Cid neugierig nach.
„Wir gehen mit unseren Meistern zusammen auf Missionen. Dabei lernen wir von ihnen und entdecken die Geheimnisse der Galaxis und der Macht. Und wenn der Meister oder die Meisterin den Padawan für bereit hält, darf er die Prüfung zum Ritter ablegen.“
„Wo du gerade davon sprichst, wo ist deine Meisterin eigentlich? Warum ist sie nicht mitgekommen?“
Zinta seufzte erneut. „Das hier sollte ein Teil meiner Vorbereitungen auf meine Prüfung zur Jedi-Ritterin werden.“
„Eine diplomatische Verhandlung?“
„Wir Jedi sind Friedenswächter. Diplomatie ist die Waffe unserer Wahl. Falls du das noch nicht mitbekommen hast.“ Sie grinste über ihre Schulter. „Aber warum sind diese beiden Akolythen jetzt so wichtig für dich?“
„Ich habe einen Plan, aber ich weiß, dass er dir nicht gefallen wird.“
„Und weshalb?“
Cid stand auf, packte Zinta an der Hand und zog sie auf die Beine.
„He, was machst du denn?“, beschwerte sie sich, wurde aber sofort von Cid mitgerissen.
„Das erkläre ich dir auf dem Weg ins Tal!“
Und wie er wieder einmal Recht behalten hat. Dieser Plan ist Irrsinn.
Zinta hockte in ihrem Versteck aus Blättern, Zweigen und Gestrüpp und beobachtete den geschlungenen Pfad vor sich.
Cid hatte ihr den Plan erklärt und seiner Sicherheit mehr als einmal Ausdruck verliehen, doch Zinta hatte starke Zweifel.
Der junge Zabrak war der festen Überzeugung, dass die beiden Akolythen, die er vor ungefähr zwanzig Minuten entdeckt hatte, ganz sicher auf der Suche nach den Passagieren des Schiffes waren, welches die Sith vom Himmel geholt hatten.
„Sie suchen nach uns beiden“, hatte er auf seiner Vermutung beharrt. „Und wenn du sagst, dass es bei den Sith um die Gunst ihres Meisters geht, werden sie ganz sicher keine Verstärkung rufen, sobald sie uns gefunden haben. Eher werden sie versuchen, uns gefangen zu nehmen.“
Und obwohl Zinta ihre Zweifel an dem Plan hatte, so zweifelte sie sicher nicht an den Instinkten ihres Gefährten. Sie wusste, dass sie sich auf Cid verlassen konnte. Und auch wenn seine Pläne manchmal mehr als waghalsig waren, würde er nie etwas tun, was sie in ernsthafte Gefahr brachte.
Manchmal löste genau das einen Konflikt in ihr aus. Denkt er, dass ich wehrlos bin? Dass er auf mich aufpassen muss? Oder vertraut er mir ebenso wie ich ihm?
Insgeheim hoffte sie, dass er ihr ebenso vertraute. Alles andere würde darauf hindeuten, dass er mehr als nur Freundschaft für sie empfand, und ab diesem Moment würde es gefährlich werden. Für sie und für ihn.
Jetzt konzentrier dich, mahnte sie sich selbst und beobachtete weiter ihre Umgebung.
Nach wenigen Minuten hörte sie, wie sich Schritte ihrem Versteck näherten. Zwei in Schwarz gewandete Gestalten traten in Zintas Sichtfeld. Sofort machte sie sich in ihrem Versteck kleiner.
Bei den Akolythen handelte es sich um einen Mann und eine Frau, so viel konnte die Padawan erkennen. Sie waren in schwarze Roben gehüllt, Masken verdeckten ihre Gesichter. Doch so wie sie liefen und so ruhig, wie sie waren, deutete alles darauf hin, dass Cid mit seiner Vermutung Recht behalten hatte.
Sie suchen tatsächlich nach jemandem oder etwas. Vielleicht ja wirklich nach uns?
Vorsichtshalber hielt Zinta den Atem an, als die Akolythen mit gerade einmal einer Armlänge Abstand an ihrem Versteck vorbeigingen. Sie wartete noch einen Moment, bevor sie aus dem Gebüsch hinaus auf den Pfad trat. Zweige knackten laut unter ihren Stiefeln, was die Aufmerksamkeit der beiden Sith-Schüler auf sich zog.
„Sucht ihr mich?“, fragte Zinta mit einem spöttischen Grinsen, als die beiden sich zu ihr umdrehten. Sie hatte das Lichtschwert an ihrem Gürtel, denn für das, was gleich passieren würde, brauchte sie es nicht.
„Eine Jedi!“, zischte der männliche Akolyth mit verzerrter Stimme, sein Finger richtete sich auf Zinta. „Schnappen wir sie uns!“
Und so begann die Verfolgungsjagd, die Zinta durch den unbekannten Wald führte. Ihr Ziel war es, zu der Position zu gelangen, an der Cid auf sie wartete. Außerdem würden sie die beiden Schüler der dunklen Seite möglichst weit weg von ihrem Lager locken, damit dort niemand auf das Vorgehen aufmerksam wurde.
Während sie durch den Wald jagte und dabei Steinen, Wurzeln und tief hängenden Ästen auswich, aktivierte sie ihren Knopf im Ohr. „Cid! Kannst du mich hören?“
„Laut und deutlich, Zinta. Hört sich an, als ob du gerade schwer beschäftigt wärst.“
Zinta warf einen Blick über ihre Schulter, als sie das vertraute Zischen eines Lichtschwertes hörte. Sie sah die beiden schwarzen Gestalten, die sich wie Schatten durch den Wald und dessen natürliche Hindernisse bewegten. Ihre roten Klingen glühten bedrohlich und strahlten eine eigene, unangenehme Dunkelheit aus. „Keine Zeit für Scherze! Sie sind dicht hinter mir. Und sie sind schnell. Sehr schnell!“
„Locke sie zur vereinbarten Position! Ich bin bereit!“
Und genau das tat Zinta. Während ihrer Verfolgung spürte sie, wie die beiden Akolythen mit der Macht nach ihr Griffen und versuchten, sie aufzuhalten. Nur knapp konnte sie den Angriffen entgehen, einige brachten sie gefährlich ins Straucheln.
Auch ohne sich umzudrehen konnte Zinta spüren, wie ihre Verfolger sich ihr immer weiter näherten.
„Jetzt!“, schrie sie in ihren Kommunikator und machte einen Sprung nach vorne.
Cid, der sich hinter einem großen Baumstamm versteckt hatte, zerschnitt mit seinem Vibromesser ein Seil und ließ ein großes Netz auf die beiden Akolythen hinabfallen.
Die Sith-Schüler verfingen sich in den Maschen und versuchten, sich zu befreien, bis Cid seinen Aktivator betätigte und das Netz unter Strom setzte.
Die Körper der dunklen Schüler zuckten, Zinta hörte sie beide überrascht keuchen und ächzen, bis sie schließlich zitternd und krampfend zu Boden fielen.
Erst dann deaktivierte Cid das Fangnetz.
„Sind sie…?“
„… außer Gefecht“, beantwortete Cid Zintas Frage, bevor sie diese ganz gestellt hatte. Dann zog er seine Blasterpistole. „Aber wir sollten sie erledigen. Dann können sie keinen Schaden mehr anrichten.“
„Nein!“, rief Zinta und stellte sich vor die bewusstlosen Akolythen. „Wir werden sie nicht umbringen.“
„Sie sind unsere Feinde, Zinta“, ermahnte Cid seine Gefährtin mit Nachdruck. „Wenn wir sie jetzt am Leben lassen, nehmen sie sich unsere vielleicht später.“
Zinta schüttelte den Kopf, ihre Lekku folgten den Bewegungen. „Wir werden sie fesseln und hier verstecken. Hier wird sie niemand finden.“ Sie machte eine kurze Pause und schaute auf die Sith herab. „Sie mögen zwar unsere Feinde sein, aber sie sind nur fehlgeleitet. Mit der richtigen Hilfe finden sie vielleicht wieder auf den richtigen Pfad zurück. Eventuell ist es noch nicht zu spät für sie.“
„Das ist aber ein sehr großes ‚Vielleicht‘, oder?“ Cid senkte seinen Arm. „Aber gut, wenn du meinst, dass das so richtig ist, dann machen wir es so. Aber beschwere dich später nicht, wenn wir sie wiedersehen sollten. Und dann mit ihrer ganzen Armee im Schlepptau.“
„Keine Sorge.“ Zinta zeigte ein zuversichtliches Lächeln. „Wenn es soweit ist, dann werde ich sicher keine Zeit haben, mich zu beschweren.“ Sie dreht sich zu ihrem Gefährten um und schaute ihn fragend an. „Jetzt haben wir die beiden gefangen genommen, aber was folgt nun? Du hast mir nicht gesagt, was wir mit den beiden vorhaben.“
Cid zögerte merklich mit der Antwort. „Nun, jetzt kommt der Teil des Plans, mit dem du noch viel weniger einverstanden sein wirst als mit dem Teil zuvor.“
Und wie immer sollte Cid auch damit Recht behalten. Denn mit dem, was er nun vorhatte, bewegte er sich auf sehr dünnem Eis.
[Fortsetzung folgt ...]
Hier findet ihr den Link zum 2. Teil: